Ausgabe 2019–2020

Band 1 und 2 | 31. und 32. Jahrgang

Abstracts

Bulgariens Rolle im deutschen Bündnissystem des Dreimächtepaktes 1941–1944

Björn Opfer-Klinger

Seit Ende der 1930er-Jahre geriet die bulgarische Königsdiktatur unter Boris III. in wirtschaftliche Abhängigkeit zum Deutschen Reich. Gleichzeitig wuchs der innenpolitische Druck seitens faschistoider, radikalnationalistischer Kräfte auf das Zarenregime. Der italienische Überfall auf Griechenland, die daraufhin dort erfolgende Stationierung britischer Luftstreitkräfte und der politische Umsturz in Jugoslawien führten jedoch zu einem direkten militärischen Eingreifen des Deutschen Reiches in Südosteuropa. Am 1. März 1941 schloss sich Bulgarien daraufhin dem Dreimächtepakt an. Es behielt aber im Bündnis eine gewisse Sonderrolle, da es sich einer direkten militärischen Beteiligung im Krieg gegen die UdSSR entziehen konnte.

Bulgaria’s Role in the German Alliance System of the Tripartite Pact 1941–1944

Björn Opfer-Klinger

In the late 1930s, the Bulgarian royal dictatorship under Boris III. increasingly became economically dependent on Nazi Germany. At the same time, domestic pressure from fascist and radical nationalist forces grew on the tsarist regime. The Italian invasion of Greece, the subsequent stationing of the British Air Force in the region and the political upheaval in Yugoslavia led to direct military intervention by the German Empire in South-Eastern Europe though. On March 1 March 1941, Bulgaria joined the Axis Powers. However, it retained a special role in the alliance, as it was able to avoid direct military involvement in the war against the USSR.


Korrekturen der stalinistischen Nationalitätenpolitik in Ungarn? Zu den Entwicklungen in den Jahren 1950 bis 1965

Ágnes Tóth

In Ungarn beschäftigten sich die Führungsgremien der kommunistischen Partei seit der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre bei mehreren Gelegenheiten mit der Situation der Nationalitäten. Die vorliegende Studie untersucht, ob die entsprechenden Aktivitäten
der politischen Führung bezüglich der Minderheitenfragen einen Bruch mit der früheren stalinistischen Minderheitenpolitik bedeuteten und die Interessen der ethnischen Minderheiten berücksichtigten. Die Verfasserin bewertet die verschiedenen Entscheidungen der Partei- und Staatsgremien bzw. die Grundsätze der erlassenen Verordnungen unter dem Gesichtspunkt der Identitätswahrung der Minderheitengemeinschaften im Prinzip als positiv; jedoch hatten sie im praktischen Leben keine Relevanz. Denn in der Praxis hielten die Machthaber an der kollektiven Stigmatisierung der deutschen und südslawischen Minderheiten fest, und es erfolgte auch kein
substanzieller Wandel auf dem Gebiet des muttersprachlichen Unterrichts.

Corrections to Stalinist Nationalities Policy in Hungary? On the Developments between 1950 and 1965

Ágnes Tóth

In Hungary, the leading bodies of the Communist Party revisited the situation of
nationalities on several occasions after the second half of the 1950s. This study examines whether the activities of the political leadership concerning minority issues represented a break with earlier Stalinist minority policy and whether these actually took into account the interests of ethnic minorities. The author assesses the various decisions of the party and state bodies along with the principles of the decrees as
essentially positive from the point of view of preserving the identity of the minority communities. However, they had no relevance in real life. In practice, the rulers upheld the collective stigmatization of the German and South Slavic minorities and no substantial change took place in the area of mother-tongue education.


Ambivalente Lebensläufe. Securitate-Offiziere zwischen Verklärung und Sachlichkeit (4)

William Totok

Die Erfolge und die Effizienz der rumänischen Securitate lassen sich unter anderem dadurch erklären, dass sie über ein umfangreiches Netz von Inoffiziellen Mitarbeitern verfügte. In dieser Studie werden zwei Personen vorgestellt, die die Arbeit der politischen Polizei unterstützten. Beide waren Intellektuelle und effizient bei der Sammlung und Präsentation ihrer Daten. Heinz Stănescu arbeitete mit der Securitate
zusammen, selbst nachdem er aus den Reihen der aktiven Offiziere ausgeschlossen worden war. Ivan Denes kollaborierte sowohl in der Inlands- als auch in der Auslandsspionage, im Westen. Diese Studie zeigt die biografischen Ähnlichkeiten auf, die für eine bestimmte Kategorie von Kollaborateuren typisch sind.

Ambivalent CVs. Securitate Officers between Romanticisation and Objectivity (4)

William Totok

The successes and efficiency of the Romanian Securitate are among other things explained
by the fact that it had an extensive network of unofficial collaborators. This study presents two persons who supported the activity of the political police. Both were intellectuals and very efficient in collecting and presenting data. Heinz Stănescu collaborated with the Securitate even after being expelled from the ranks of active officers. Ivan Denes collaborated both as an internal agent and then as an external agent, placed in the West. This study reveals their biographical similarities, typical for a certain category of collaborators.


Informationen der DDR-Staatssicherheit über die Lage in der ČSSR 1968 (II)

Bernd Florath

Die Dynamik, die Ideen und der Enthusiasmus des Prager Frühlings zogen 1968 auch die Blicke der DDR-Bewohner magnetisch an. Aus Sicht der SED und ihrer Geheimpolizei, dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS), galt es zu verhindern, dass der gefährliche
Funke von Prag in die DDR übersprang. Das MfS übermittelte der DDR-Führung daher wiederholt Berichte über die Entwicklungen im Nachbarland, wobei es sich unter anderem auf Informationen moskautreuer ČSSR-Geheimdienstmitarbeiter stützte. Diese Berichte offenbaren, was das MfS als sicherheitsrelevant und mitteilenswert
erachtete, und zugleich reflektieren sie die transnationalen Verflechtungen der sozialistischen Gesellschaften. In der vorliegenden Nummer werden Berichte aus dem Zeitraum 30. August bis 18. November 1968 ediert, also nach der Besetzung der
Tschechoslowakei durch Truppen mehrerer verbündeter sozialistischer Länder. In der vorherigen Ausgabe der Halbjahresschrift finden sich Berichte vom 10. März bis 23. August 1968 sowie eine ausführliche thematische und editorische Einleitung des Herausgebers Bernd Florath.

Status Reports of the GDR Ministry for State Security on the Situation in the ČSSR in 1968 (II)

Bernd Florath

The dynamism, ideas and enthusiasm of the Prague Spring also attracted the attention of the inhabitants of the German Democratic Republic like a magnet in 1968. From the point of view of the ruling Socialist Unity Party of Germany and its secret police, the Ministry of State Security (MfS), it was necessary to prevent the dangerous spark from jumping from Prague to the GDR. The MfS therefore repeatedly submitted reports to the GDR leadership on developments in the neighboring country, relying, among other things, on information provided by intelligence officers loyal to Moscow within the Czechoslovak Socialist Republic. These reports reveal what the MfS considered to be security-relevant and worth sharing. At the same time, they reflect the transnational interdependencies of socialist societies. This documentation lists reports from 30 August to 18 November 1968, i.e. after the occupation of Czechoslovakia by troops from several allied socialist countries. The previous issue of the Halbjahresschrift contains reports from 10 March to 23 August 1968 as well as a detailed thematic and editorial introduction by the editor Bernd Florath.