Transformation

Zivilgesellschaft und Vereinswesen in Südosteuropa

Der Beitrag diskutiert die Bedeutung von Zivilgesellschaft und Vereinswesen im heutigen Südosteuropa. Vor dem historischen Hintergrund der zivilgesellschaftlichen Entwicklung im westlichen Europa, die eng mit dem Aufkommen eines Bürgertums seit dem Mittelalter und dessen Streben nach Gemeinwohl verbunden ist, widmet sich der Autor der spezifischen Situation in Südosteuropa und dessen Erbe zweiter imperialer Strukturen. Während in den habsburgischen Gebieten rasch Vereine gegründet wurden, waren Gesellschaften unter osmanischer Herrschaft meist von inoffiziellen Netzwerken, Verwandtschafts- und Freundschaftsbeziehungen und Klientelismus geprägt. Die auch heute noch nachrangige Bedeutung von Vereinszusammenschlüssen in Südosteuropa erklärt sich aus den Folgen der postkommunistischen Transformation, die zu einem Rückzug ins Privatleben und die Wahrnehmung des Staates als ständigen Feind führte. Aus diesem Grund verschwammen in vielen Gesellschaften Südosteuropas die Grenzen zwischen politischer Klasse, Zivilgesellschaft und Privatleben, wie sich in zahlreichen EU-Berichten widerspiegelt. In seinen abschließenden Überlegungen werden die Massenproteste der rumänischen Bevölkerung gegen die Regierung jedoch als ein optimistisches Beispiel für eine wachsende Zivilgesellschaft genannt.

Osteuropas illiberale Revolution. Ihre Ursprünge im langen 20. Jahrhundert und der neue Ost-West-Konflikt

Die Ankündigung Orbans, dass Ungarn sich in eine illiberale Demokratie wandeln sollte, die dem, was er als „linke“, ultraliberale Verzerrung von Demokratie empfand, entgegentreten sollte, wurde von vielen Intellektuellen und Politikern in Osteuropa positiv aufgenommen. Diese mit der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 noch populärer gewordenen Ansichten haben jedoch tieferliegende historische, kulturelle und mentale Wurzeln. Diese müssen freigelegt werden, um die größer werdende Kluft zwischen Ost und West, die mittlerweile die Zukunft eines vereinten Europa bedroht, zu überwinden.