Kommunismus

Ambivalente Lebensläufe. Securitate-Offiziere zwischen Verklärung und Sachlichkeit (3)

Im Mittelpunkt des 3. Teils der Studie „Ambivalente Lebensläufe“ steht die rumänienserbische Securitateoffizierin Vida Nedici, um die sich verschiedene, aus der Gefängnisfolklore entnommene Legenden ranken. Ihre Biografie wird hier mit belegbaren Tatsachen, Ereignissen und Archivdokumenten rekonstriert und ergibt ein schillerndes Bild einer Person, die der Securitate diente und dennoch zu deren Opfer wurde. Teil 1 erschien in der Halbjahresschrift 2016, Heft Nr. 1 und 2, S. 61–82; Teil 2 in Rudolf Gräf, Gabriella-Nóra Tar, Ioana Florea (Hgg.): „Hier stehe ich, ich kann nicht anders.“ Festschrift für Eginald Schlattner zum 85. Geburtstag. Studia Germanica Napocensia, Bd. 5. Klausenburg: Universitätsverlag 2018, S. 19–46.

Zivilgesellschaft und Vereinswesen in Südosteuropa

Der Beitrag diskutiert die Bedeutung von Zivilgesellschaft und Vereinswesen im heutigen Südosteuropa. Vor dem historischen Hintergrund der zivilgesellschaftlichen Entwicklung im westlichen Europa, die eng mit dem Aufkommen eines Bürgertums seit dem Mittelalter und dessen Streben nach Gemeinwohl verbunden ist, widmet sich der Autor der spezifischen Situation in Südosteuropa und dessen Erbe zweiter imperialer Strukturen. Während in den habsburgischen Gebieten rasch Vereine gegründet wurden, waren Gesellschaften unter osmanischer Herrschaft meist von inoffiziellen Netzwerken, Verwandtschafts- und Freundschaftsbeziehungen und Klientelismus geprägt. Die auch heute noch nachrangige Bedeutung von Vereinszusammenschlüssen in Südosteuropa erklärt sich aus den Folgen der postkommunistischen Transformation, die zu einem Rückzug ins Privatleben und die Wahrnehmung des Staates als ständigen Feind führte. Aus diesem Grund verschwammen in vielen Gesellschaften Südosteuropas die Grenzen zwischen politischer Klasse, Zivilgesellschaft und Privatleben, wie sich in zahlreichen EU-Berichten widerspiegelt. In seinen abschließenden Überlegungen werden die Massenproteste der rumänischen Bevölkerung gegen die Regierung jedoch als ein optimistisches Beispiel für eine wachsende Zivilgesellschaft genannt.