Osteuropas illiberale Revolution. Ihre Ursprünge im langen 20. Jahrhundert und der neue Ost-West-Konflikt

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Marc Stegherr, Institut für Slavische Philologie, LMU München


Wie die Zukunft Europas aussehen wird, entscheidet sich heute auch an einem Streit, der nur unwillig und am Rande zur Kenntnis genommen wird – einem politischen und gesellschaftlichen Streit, man könnte sogar sagen an einem neuen Kulturkampf, der sich zwischen West und Ost abspielt. Der bulgarische Politikwissenschaftler Ivan Krastev fasste die sorgenvolle, unheilahnende Stimmung in Brüssel, Straßburg oder Berlin gut zusammen, wenn er den „change of heart“ in Osteuropa die „vielleicht alarmierendste Entwicklung“ der jüngsten Zeit nannte.1Ivan Krastev: Auf dem Weg in die Mehrheitsdiktatur? In: Heinrich Geiselberg (Hg.): Die große Regression. Eine internationale Debatte über die geistige Situation der Zeit. Berlin: suhrkamp 2017, S. 117. 2014 hatte der ungarische Premierminister Viktor Orbán angekündigt, er wolle eine illiberale Demokratie etablieren, im klaren Gegensatz zu dem, was er als liberale Ordnung Brüssels wahrnahm, eine Ordnung, die nach seiner Ansicht und nach der vieler Politikerkollegen in Mittelost- und Osteuropa die Zerstörung der europäischen Nationalstaaten und ihrer traditionellen Kulturen und ideellen Fundamente zum Ziel hätte.2Vgl. Dietmar Loch, Wilhelm Heitmeyer (Hgg.): Schattenseiten der Globalisierung. Rechtsradikalismus, Rechtspopulismus und separatistischer Regionalismus in westlichen Demokratien. Frankfurt a. M.: suhrkamp 2001; Ian Bremmer: The Strongman Era. How Tough Guys Came to Rule the World. In: Time Magazine, 14.5.2018, S. 30–32; Christopher Caldwell: Reflections on the Revolution in Europe. Can Europe Be the Same with Different People in It? London: Anchor Books 2009. Warum ausgerechnet die jungen Demokratien und EU-Mitgliedstaaten Osteuropas, die doch in den letzten Jahren von der Integration wirtschaftlich enorm profitiert hätten, dem europäischen freiheitlichen Modell den Krieg erklärt haben, ist eine Frage, die in Brüssel und Berlin Kopfzerbrechen verursacht, wobei die Antworten oft genug ausweichend bis oberflächlich ausfallen. Eine Antwort, die gerne angeboten wird, lautet, der Grund liege in der besonderen Natur der „Revolutionen“ von 1989. Die Staaten Osteuropas hätten sich damals jenen Wohlstand und das Alltagsleben gewünscht, das die Westeuropäer seit Jahrzehnten genossen, jedoch keine neue gesellschaftliche Utopie anstelle der alten, die sie gerade dabei waren, zu überwinden. Andere sind der Ansicht, dass es nach der Abwanderung der gebildeten, liberalen Osteuropäer in deren Heimatländern zu einer Demografie- und Identitätskrise gekommen sei. Der Erfolg von Orbáns Fidesz-Partei wird in der Tat gerne mit Wirtschafts- und Identitätsproblemen erklärt. Doch versagt dieser Ansatz, wenn es etwa um die Frage geht, warum populistische Parteien an der Wahlurne erfolgreich waren – in der Tschechischen Republik, die eine der niedrigsten Arbeitslosenraten Europas hat, oder in der ökonomisch erfolgreichen Slowakei. Polen, das wegen seiner nationalkonservativen Regierung regelmäßig am Pranger steht, hatte zwischen 2007 und 2017 eine der am schnellsten wachsenden Wirtschaften in ganz Europa. Offensichtlich hängen politische Haltungen nicht so sehr davon ab, wie sehr einzelne Länder von der post-kommunistischen Transformation profitierten. Beispielsweise richtet die ungarische Regierung ihre Politik weniger auf die Kontrolle der Wirtschaft aus oder auf die Schaffung einer loyalen Mittelschicht, sondern mehr auf die sogenannte moralische Erneuerung der Nation, in einem konservativen, traditionellen Sinne. Da Orbán die westliche Vorstellung von Erneuerung unter den Verdacht eines herkunftsvergessenen und voraussetzungslosen Utopismus gestellt hat, greift seine Erneuerung auf konservative, traditionelle Ansätze zurück. Die ungarische Regierung betont die angeblich großen Momente der ungarischen Nationalgeschichte, wobei man ihr vorwirft, die dunklen auszublenden. Die polnische Regierung versuchte das, indem sie ein Gesetz verabschiedete, das die These, Polen wären in den Holocaust involviert gewesen, unter Strafe stellt.

In Polen und Ungarn blühen Verschwörungstheorien, wie sie auch den deutschen, französischen oder italienischen Rechtspopulisten vorgeworfen werden, Theorien, die die Nation gegen ihre angeblichen äußeren Feinde in Stellung bringen. Die ungarische Fidesz-Partei behauptete, Brüssel würde mit Unterstützung des ungarisch-stämmigen Multi-Milliardärs George Soros planen, Ungarn mit Migranten zu fluten. Davon abgesehen glaubt in Ungarn und Polen nur eine Minderheit, dass die Massen-Immigration einen positiven Beitrag zur Entwicklung ihrer Länder habe, und eine klare Mehrheit ist der Meinung, ihre Regierungen sollten die Grenzen vollständig für Migranten aus anderen, das heißt nicht-europäischen, nicht-christlichen Kulturkreisen schließen. Die Regierungen der beiden Länder betonten mehrfach, sie würden christliche Flüchtlinge aufnehmen und hätten auch bereits Ukrainer aufgenommen, die vor dem militärischen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine geflohen waren.3Dazu ist anzumerken, dass die Zahl der Ukrainer mit Flüchtlings- oder Asylbewerber-Status in Polen relativ gering ist. Die meisten der etwa 1,5 Mio. im Lande lebenden Ukrainer sind Arbeitsmigranten mit legalem oder nicht-legalem Status. Diese Gruppen könnten leichter integriert werden als muslimische Migranten, erklärten Warschau und Budapest. Im Zuge der Flüchtlingskrise wurde die Angst offenbar, die fast alle osteuropäischen Staaten eint, die Angst als demografisch schwächelnde, überalterte Gesellschaften durch die unkontrollierte Einwanderung zumeist junger, männlicher und muslimischer Zuwanderer, die keinerlei kulturelle Verbindung zu ihrer neuen Heimat haben, marginalisiert zu werden. Diese Angst ist längst auch in Westeuropa verbreitet, wie eine Vielzahl an Literatur belegt.4Vgl. Douglas Murray: The Strange Death of Europe. Immigration, Identity, Islam. London: Bloomsbury Publishing 2017; Peter Hitchens: The Abolition of Britain. From Winston Churchill to Theresa May. London: Bloomsbury 2018; Christopher Caldwell: Reflections on the Revolution in Europe. Can Europe Be the Same with Different People in It? Immigration, Islam and the West. London: Allen Lane 2009; Eric Zemmour: Le Suicide français. Ces quarante années qui ont défait la France [Der französische Selbstmord. Vierzig Jahre, die Frankreich besiegt haben]. Paris: Albin Michel 2014; Eric Zemmour: Mélancolie française [Französische Melancholie]. Paris: Fayard 2010; Alain Finkielkraut: L’identité malheureuse [Die unglückliche Identität]. Paris: Éditions Stock 2015; Yves Mamou: Le grand abandon. Les élites françaises et l‘islamisme [Die große Abkehr. Die französischen Eliten und der Islamismus]. Paris: L’Artilleur 2018; Vladimír Palko: Die Löwen kommen. Warum Europa und Amerika auf eine neue Tyrannei zusteuern. Kißlegg: fe-Medienverlag 2014; Thilo Sarrazin: Deutschland schafft sich ab. Wie wir unser Land aufs Spiel setzen. München: DVA 2010; Karlheinz Weißmann: Rubikon. Deutschland vor der Entscheidung. Berlin: JF Edition 2016; Hamed Abdel-Samad: Integration. Ein Protokoll des Scheiterns. München: Droemer 2018; Robin Alexander: Die Getriebenen. Merkel und die Flüchtlingspolitik. Report aus dem Innern der Macht. München: Penguin Verlag 2018. Die Rede ist vom Niedergang, von der „Selbstabschaffung“, vom Selbstmord des Westens, als dessen Ursache der Selbsthass, die Relativierung und Zerstörung der eigenen Kultur und Herkunft, die „irrlichternde Botschaft von der Überflüssigkeit eines Erbes“ ausgemacht werden, wie es Peter Sloterdijk in seinem Buch Die schrecklichen Kinder der Neuzeit formulierte.5Peter Sloterdijk: Die schrecklichen Kinder der Neuzeit. Über das anti-genealogische Experiment der Moderne. Berlin: suhrkamp 2014. Der französische Publizist Renaud Camus prägte den Ausdruck „der große Austausch“ (le grand remplacement), der auf Bannern und Plakaten der sogenannten Identitären Bewegung in Frankreich, Deutschland und Österreich zu sehen ist; aber auch in Rumänien, Polen und Ungarn haben ihn Vertreter der neuen Rechten und Rechtspopulisten übernommen, weil er ihrer Ansicht nach die Realität treffend beschreibe.

Eine kleine Nation, so der tschechische Schriftsteller und Dissident Milan Kundera, sei eine, deren Existenz jederzeit infrage gestellt werden könne. Kulturelle und ethnische Diversität werden als existenzielle Bedrohung gesehen. Die Opposition gegen diese Marginalisierung wie auch gegen die angeblichen politischen Förderer der Zuwanderung und Vielfalt, die man in Brüssel und Berlin ausmacht, und der Kampf für die eigene nationalstaatliche Identität bilden den Kern des sogenannten neuen Illiberalismus, aber auch den einer Debatte, die sich um die Errungenschaften der Aufklärung und des Liberalen sorgt, die an die Nation gebunden seien. Der rumänische Kulturhistoriker Lucian Boia beschrieb aus dieser Sicht das drohende „Ende des Westens“ (Sfârșitul occidentului).6Lucian Boia: Sfârșitul occidentului? Spre lumea de mâine [Der Untergang des Abendlandes? In die Welt von morgen]. București: Humanitas 2013.

Furcht, Sorge und Ablehnung vor Niedergang und Ende, die eine Flut an Publikationen ausgelöst haben, sind jedoch gerade mit Blick auf Osteuropa keine neuen Phänomene, die erst die Zuwanderungskrise des Jahres 2015 bewirkt hat. Die aktuelle Debatte und der politische Richtungswechsel nach rechts sind auf Denkfiguren zurückzuführen, die tief in der nationalen Psyche osteuropäischer Nationen verankert sind. Um die Attraktivität des aktuellen Populismus in Osteuropa zu verstehen, sollte man nicht nur die zwei Jahrzehnte der post-kommunistischen Transformation und ihre Begleiterscheinungen analysieren, sondern den Blick auch auf die kritischen Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs richten, die eine wichtige Rolle in der Bildung des nationalen Bewusstseins der Staaten Osteuropas darstellen. Im Gegensatz zu den Staaten Westeuropas, die sich nach 1945 einer langen Phase erfreuen durften, in der es eine offene Debatte darüber gab, was es bedeute, Franzose oder Deutscher zu sein, hatte diese Debatte in Osteuropa ihre Hochzeit im 19. Jahrhundert, nahm nach 1918/19 erneut Fahrt auf, um dann konsequent und auch blutig mit der Machtübernahme der kommunistischen Regime nach 1945 beendet und unterdrückt zu werden. Was die nationale Identität ausmache, war eine Frage, die überall in Ostmittel- und Südosteuropa in den 1920er- und 1930er-Jahren leidenschaftlich diskutiert wurde. In Serbien beispielsweise gab es starke pro-westliche Strömungen, ähnlich wie heute. Es gab jedoch auch prominente Intellektuelle, die sich in schärfster Form von dem distanzierten, was sie als westlichen Materialismus, Glaubensabfall und Dekadenz sahen. Konservative Schriftsteller und orthodoxer Klerus verteidigten gemeinsam die Tradition und forderten eine Rückkehr zu den Werten, die sie als Grundlage der nationalen Größe ansahen. Nachdem diese Debatte durch Josip Broz Tito, den Sieger des jugoslawischen Bürgerkriegs, für mehr als vier Jahrzehnte unterdrückt worden war, tauchten die Leitfiguren der Zwischenkriegsdebatte in den späten 1980er-Jahren wieder mit ihren Ideen und Konzepten auf, auch in deren fataler Form, die den zweiten jugoslawischen Bürgerkrieg verschärfen sollte, und in jener nationalkonservativen Gestalt, die als teils radikaler, aber weitgehend ziviler Diskurs bis heute die Kommentare und Artikel in Zeitungen und Zeitschriften Serbiens prägt.

Man muss nur an den Dichter Matija Bečković und dessen berühmt-berüchtigte, oft zitierte und auch sattsam belächelte Wendung denken, wonach Kosovo das wertvollste serbische Wort sei. Das Gefühl, dass mit dem Niedergang nationaler Mythen und der Transzendenz etwas Wesentliches verloren ginge, wie es Charles Taylor formulierte,7Vgl. Charles Taylor: Ein säkulares Zeitalter. Berlin: Suhrkamp 2011, S. 521; engl. Orig.: The Malaise of Modernity. London: House of Anansi 1991. charakterisierte die Debatten der 1920er-Jahre und charakterisiert auch die aktuellen. Das zentrale politische und ideologische Streitthema im Königreich Jugoslawien in der Zwischenkriegszeit war Kosovo. In den 1920er-Jahren, als die ehemals osmanische Provinz vollständig in das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen integriert wurde, herrschte unter konservativen Serben die Angst, die Kosovo-Idee, die in der Vergangenheit die Serben um die nationale Sache der Befreiung und Vereinigung allen serbischen Landes versammelt hatte, könnte ihre traditionelle Anziehungskraft verloren haben. Der serbische Schriftsteller und Avantgardist Ljubomir Mičić (1895–1971) klagte, die Serben seien nun „nackt und bloß“. Nur ein neues Gefühl von Humanismus und Freiheit könne die Identitätskrise heilen. Eine neue Form nationaler Identität müsse gesucht werden, forderten auch Marko Ristić (1902–1984) und Miloš Crnjanski (1893–1977) im Jahr 1924. Crnjanski schrieb, es gebe keine „unveränderlichen Werte“. Diese desperate, den gesellschaftlichen und geistigen Verwerfungen der Nachkriegszeit geschuldete Haltung büßte rasch ihre Glaubwürdigkeit ein und bereitete den Weg für eine Renaissance des Kosovo-Mythos, die Erinnerung an die Befreiungskriege am Beginn des 19. Jahrhunderts und an eine orthodoxe, religiös-konservative Deutung der nationalen Geschichte und Kultur. Man betonte die Unveränderlichkeit nationaler Werte und die These, dass es keine serbische Nation ohne eine erneuerte Kosovo-Idee geben könne.

Die Ängste vor dem Verlust der Kraft des Mythischen und die Forderungen nach einer Erneuerung des Mythos kehrten mit der Kosovo-Krise der Jahre 1998/99 wieder. Mythen, die die nationale Identität stärken sollten, kehrten auch in Polen, Kroatien oder Ungarn in den 1990er-Jahren in die politische Szenerie zurück, nachdem der ökonomische und soziale Liberalismus zunehmend an Ansehen verlor. Timothy Garton Ash schrieb, die neoliberale Ordnung, die in Osteuropa 1989 einzog, hätte bewirkt, dass sich viele Polen an den Rand gedrängt fühlten, „im Stich gelassen von den Bulldozern des ökonomischen Liberalismus“. Sie würden sich auch einem sozialen Liberalismus entfremdet fühlen,

wenn es um Dinge wie Abtreibung, Gender und sexuelle Orientierung geht, die auf der Agenda erschienen, als man sich dem Westen öffnete. Hier waren die Wähler zu finden, die den Populisten von der Partei für Recht und Gerechtigkeit 2015 an die Macht verhalf, die eine Kombination aus nationalistischer, katholischer Ideologie, typisch für die politische Rechte, und großzügige Versprechen sozialer Hilfen und wirtschaftlicher Eingriffe anbot, die historisch eher typisch für die Linken sind. […] Kurz gesagt, die Reaktion auf die Folgen des ökonomischen und sozialen Liberalismus bedrohen nun die Errungenschaften des politischen Liberalismus.8Timothy Garton Ash: Is Europe Disintegrating?. In: New York Review of Books, 19.1.2017.

Das konnte nur jene überraschen, die die Brüchigkeit der nationalen Identitäten ignorierten, die annahmen, dass der wirtschaftliche Fortschritt als Ersatz für eine unvollendete Debatte dienen könne. Der Westen erwartete, der Osten würde Konsequenzen ziehen, die der Westen im Laufe eines geistigen und gesellschaftlichen Prozesses gezogen hatte, der fast ein halbes Jahrhundert gedauert hatte. Die neuen Staaten Osteuropas sollten ihre hart erkämpfte nationale Identität infrage stellen, bevor sie im eigentlichen Sinne gefestigt war. Wie schwierig das ist, zeigt schon ein rascher Blick nach Serbien, auf die politischen und geistigen Verwerfungen, die der Verlust des Kosovo und der von der EU zur Bedingung für die Integration gemachte Aussöhnungsprozess mit dem neuen, ungeliebten bis verhassten kosovarischen Nachbarn in Belgrad hervorgerufen haben.

Die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo aus dem Jahr 2008 wie auch die Flüchtlingskrise gelten in Serbien, aber auch in Bulgarien, Mazedonien oder in der bosnischen Serbenrepublik als Beleg dafür, dass die EU ihren kulturellen und geistigen Kompass verloren habe. Dass der Islam eine Bedrohung für das christliche Europa darstellte und heute wieder darstelle, ist eine Überzeugung, ja fast schon ein Gemeinplatz, der in den nationalen Narrativen gerade der südosteuropäischen Staaten einen festen Platz hat. Die Schlacht auf dem Amselfeld von 1492 oder die Entsatzschlacht vor Wien des Jahres 1683, die beide der Abwehr einer osmanisch-muslimischen Eroberung Europas galten, gehören zum festen Bestand nationaler Geschichtsschreibung Serbiens und Polens. Dass das EU-Establishment die Ansicht vertritt, der Islam könne mit der europäischen Kultur versöhnt werden, wird vor diesem Hintergrund nicht von ungefähr als Beleg dafür gesehen, dass einerseits die leidvolle historische Erfahrung der Balkanstaaten nicht ernst genommen wird und andererseits die westliche Hälfte Europas bzw. deren politische Elite der geistlichen und geistigen Überlieferung Europas vollständig entfremdet sei. Brüssel wäre daher auch ohne Weiteres bereit gewesen, den traditionell christlich-orthodoxen Kosovo dem Islam zu übereignen, zu „schenken“, was nur denkmöglich sei, wenn man den Hass der westlichen Eliten auf jene einrechne, die Europa in seiner über die Generationen auf uns gekommenen Gestalt verteidigen. Wenn das die Art sei, in der Europa sein geistiges Erbe behandle, dann wären die Serben stolz darauf, nicht als Europäer zu gelten, denn sie seien in einem viel höheren Sinne Europäer, erklärte ein hochrangiger serbisch-orthodoxer Kleriker. Allgemein gesprochen eint ein Trauma die slawischen Osteuropäer, das Trauma einer Geschichte, in der sie oft genug für lange Zeit fremder Herrschaft unterworfen waren. Sie begegnen kosmopolitischen Ideologien heute vor allem mit großer Skepsis, was mit der historischen Erfahrung mit den Reichen der Osmanen oder der Habsburger oder in jüngerer Zeit mit dem marxistischen Internationalismus zu tun hat. Serbische Konservative und Nationalisten stellten die EU auf eine Stufe mit dem Reich der Osmanen, ein Reflex, der im Kosovo-Kontext 2008 oder als in Serbien 2014 ein Denkmal für den Attentäter von Sarajevo 1914, Gavrilo Princip, enthüllt wurde, erneut zu Tage trat.

Rückgriff auf Debatten der Zwischenkriegszeit

Polen, Ungarn und künftige EU-Mitgliedsländer wie Serbien fühlen sich dem westlichen Liberalismus entfremdet, weil er, wie nationalkonservative serbische, polnische oder ungarische Politiker und Intellektuelle unterstellen, die entsprechenden Nationalkulturen, die Spiritualität und historische Erfahrung ignoriere, abwerte oder sogar verachte. Diese Faktoren stünden dem Ziel eines postnationalen und gesellschaftlich-progressiven Europa im Wege. Dabei kann es um die Anhänglichkeit der Serben an ihre verlorene Provinz Kosovo gehen oder um die katholische Nationalkultur der Polen, die zum Beispiel beklagen, dass die Rolle, die der polnische Papst Johannes Paul II. bei der Befreiung vom Kommunismus gespielt hat, konsequent unterschätzt bis negiert werde. Der konservative polnische Philosoph Ryszard Legutko schrieb, in der Vergangenheit sei die Sowjetunion die Vorreiterin des Fortschritts gewesen. Nun sei es „der Westen“, womit oft die Vereinigten Staaten gemeint seien und manchmal die Europäische Union. Von den Osteuropäern verlange man, in deren

Fußspuren zu treten […] „sie“ wären irgendwo vor „uns“, würden rasch voraneilen, während wir zurück blieben […] die tiefere Weisheit sei es, zu kopieren und zu imitieren […] Institutionen, Ausbildung, Gebräuche, Recht, Medien, Sprache, fast alles wurde mit einem Schlag eine unfertige Kopie der Originale, die in der Linie des Fortschritts irgendwo vor uns waren.9Ryszard Legutko: The Demon in Democracy. Totalitarian Temptations in Free Societies. New York, London: The Worthy House 2016, S. 41.

Diese Enttäuschung erklärt, warum viele osteuropäische Intellektuelle irgendwann begannen, nach Alternativen zum vorherrschenden westlichen Liberalismus zu suchen, die entweder aus dem eigenen Fundus stammen oder aus jenem allgemein-europäischen, dessen Elemente nicht mehr zur neuen progressiven, liberalen Zukunftsvision zu passen schienen. Die Ideen der politischen Linken wurden angesichts der düsteren sozialistischen Vergangenheit, die man zu überwinden versuchte, bald als mögliche Alternative verworfen. In Rumänien diskutieren junge Studenten und Intellektuelle die Schriften des österreichischen Ökonomen Friedrich August von Hayek (1899–1992), der prognostiziert hatte, Europa befinde sich auf dem Weg in die Sklaverei. Der Kontinent würde seine zivilen und ökonomischen Freiheiten aufs Spiel setzen – zugunsten der irrigen Idee einer besseren egalitären Zukunft. Polnische, rumänische, ungarische und auch russische konservative Intellektuelle zeigten sich interessiert und auch angetan von der Kritik des deutschen Papstes Benedikt XVI. an der von ihm so genannten Diktatur des Relativismus, die die gesellschaftliche Debatte und die Geister im Westen fest im Griff habe.10Vgl. Marc Stegherr: „Ein Signal gegen den westlichen Anthropozentrismus in Liturgie und Gesellschaft“. Die Ostkirchen und die Reform der Reform Benedikts XVI. In: Una Voce Korrespondenz 46 (2016) H. 1, S. 96–112; Marc Stegherr (Hg.): Humanismus ohne Gott. Zur Bedeutung der Kritik Joseph Ratzingers/Benedikts XVI. am postmodernen Relativismus. St. Ottilien: EOS 2017.

Der neue osteuropäische Illiberalismus setzt in seiner Kritik am aktuellen westlichen Materialismus, Atheismus und Egalitarismus auch an Denkfiguren eines wiederbelebten Antimodernismus an, der in der Zwischenkriegszeit des vergangenen Jahrhunderts auch in Frankreich und Deutschland verbreitet war. Während für den Westen 1968 das paradigmatische Jahr darstellt, bezeichnet für den Osten das Jahr 1989 den Beginn einer progressiven Reform der Gesellschaft, eines Bruchs mit der Vergangenheit. So wurde 1989 zuerst als Beginn einer liberalen Ära in Osteuropa gefeiert. Es verging jedoch nur wenig Zeit, da setzte eine Renaissance antimoderner, antiwestlicher Debatten der Vergangenheit ein, besonders aus der Zwischenkriegszeit. Überall in Osteuropa tauchten wieder die Namen von Intellektuellen auf, denen in der kommunistischen Zeit der Ruf des Klassen- und Volksfeindes anhing und die oft genug das Exil im Westen wählten, um daheim nicht verfolgt oder umgebracht zu werden. In Serbien beeinflusste etwa die antimodernistische Idee des Svetosavlje (Светосавље), des „Sankt-Savatums“, eine wachsende Zahl von Anhängern und Interessenten, ein Begriff der kulturellen Debatte der 1920er- und 1930er-Jahre, den Kirchenmänner wie Nikolaj Velimirović (1880/1881–1956) und Justin Popović (1894–1979) prägten, deren Werke heute wieder und mehr denn je diskutiert werden. Velimirović wurde selbst zur „Ehre der Altäre“ erhoben, was angesichts seiner Stellungnahmen während des Zweiten Weltkriegs zu einem kontrovers diskutierten Politikum in Serbien wurde. Während seiner Internierung im KZ Dachau hatte er sich in scharfen Worten gegen die Dekadenz der westlichen, liberalen Moderne geäußert, die in den Augen seiner Kritiker eine ideologische Nähe zum NS-System nahelege. Das Svetoslavlje gründet sich auf die These, der heilige Sava, der Gründer der serbisch-orthodoxen Kirche, verkörpere die zeitlosen Werte des Serbentums von Selbstaufopferung und christlich-nationaler Identität am vollkommensten und bilde damit einen unüberwindlichen Gegensatz zum modernen, westlichen Materialismus und Atheismus. In Serbien, Russland und anderen orthodoxen Ländern Osteuropas werden Denker des langen 20. Jahrhunderts wiederentdeckt, deren Namen vollständig der Vergessenheit anheimgefallen zu sein schienen. Zu diesen gehört auch der russische politische Philosoph Ivan Iljin, geboren 1883, vor den Sowjets geflohen im Jahr 1922. Im deutschen und schweizerischen Exil schrieb er in den 1920er- und 1930er-Jahren für russische Exilanten, die im russischen Bürgerkrieg für die Weißen gekämpft oder auf deren Seite gestanden hatten, und in den 1940er-Jahren für jene Russen, die hoffentlich das Ende der Sowjetdiktatur erleben würden. Iljin schrieb rund zwanzig Bücher auf Russisch und weitere zwanzig auf Deutsch. Ein Grundgedanke, der sich über die Jahrzehnte hielt, sei die metaphysische und moralische Rechtfertigung politischer Gewalt, so Timothy Snyder. Iljin starb zwar vergessen im Jahr 1954, doch sein Werk wurde nach dem Ende der Sowjetunion 1991 umgehend aus der Versenkung geholt, und es inspiriert die Männer, die heute Russland anführen, nach wie vor. Iljin gilt als Anwalt einer radikalen christlichen Erneuerung des heutigen Russland. In seinem Buch Über den Gebrauch der Gewalt, um dem Bösen zu widerstehen aus dem Jahr 1925 schrieb Iljin, der Einzelne liebe nur wahrhaftig, wenn er vollständig in der Gemeinschaft aufgehe. Sich dieser Art von Liebe zu überlassen, bedeute, „gegen die Feinde der göttlichen Ordnung auf Erden“ zu kämpfen. Das Christentum besage nach Iljin den Aufruf des recht-sehenden Philosophen, Gewalt im Namen der Liebe anzuwenden. Jeder, der sich dieser Logik verweigere, sei selbst ein Erfüllungsgehilfe Satans Wer sich dem ritterlichen Kampf gegen das Böse verweigere, sei selbst ein Teufel. So wird aus Theologie Politik.

Der scharfe, polemische Ton gegen den verderblichen Marxismus und westliche, auch römisch-katholische Dekadenz, der die Schriften Iljins bestimmt, unterfüttert heute die Wortmeldungen und Artikel vieler russischer Intellektueller und Publizisten, die einen umfassenden moralischen und ideellen Niedergang des Westens diagnostizieren. Ein dekadenter, vom Glauben abgefallener Westen erscheint als Gegenpart zu einem Osten, der aktuell seine geistige und geistliche Vergangenheit wiederentdeckt, der so als Vorbild und selbst als Retter des wahren Europa erscheint. Diese Sicht fasste der russische Medienmogul Konstantin Malofejev, der Putin nahesteht, in die passenden Worte, als er sagte, bis 1989 sei es der Westen gewesen, der konservative Werte wie Freiheit und Tradition gegen den antifreiheitlichen, totalitären Osten verteidigte. Heute sei es umgekehrt. Das alles trägt mittlerweile deutliche Züge einer neuen kulturellen bzw. ideologischen Spaltung zwischen Ost und West, die sich in einem neuen Medienkrieg und handfest politisch manifestiert,11Vgl. Stegherr: Der neue Kalte Krieg der Medien. ob in der Ostukraine oder in Syrien, wo Moskau dem Westen die Unterstützung von Nationalisten bzw. Islamisten unterstellt, selbst aber als Verteidiger der russischen Minderheit bzw. der bedrängten orientalischen Christen auftritt. Da sich bis dato die meisten Staaten Osteuropas der illiberalen, antiwestlichen Linie angeschlossen haben, werden weitere Konflikte mit Brüssel nicht ausbleiben. Die oft beschworene Gefahr, die Europäische Union könne auseinanderfallen und Europa ein geteilter Kontinent werden, ist daher längst realer, als mancher sich eingestehen mag.

Der paradigmatische Fall Kosovo

Als paradigmatisch für diesen Problemkomplex gilt im osteuropäischen Diskurs ein Ereignis der jüngeren west-östlichen Zeitgeschichte, das man in Westeuropa und den Vereinigten Staaten, zumindest was die Medienberichterstattung angeht, längst zu den Akten gelegt hatte. Mag auch noch das eine oder andere Problem diskutiert werden, das den Weg zur EU-Integration des neuen Staates blockiert, aber insgesamt scheint der westlichen Öffentlichkeit das Problem Kosovo gelöst. Ganz anders in Osteuropa, vor allem natürlich in Serbien und auch in Russland, das sich Serbien historisch und kulturell besonders verbunden fühlt. Aber auch bezogen auf Westeuropa und die Vereinigten Staaten erscheint der Fall Kosovo paradigmatisch, wenn man die Perspektive konservativer Intellektueller bis hin zur neuen europäischen Rechten in Betracht zieht, die sich auffallend mit jener der osteuropäischen Nationalkonservativen deckt. Deren illiberale Sicht der Dinge ist damit nicht mehr nur ein regionales, sondern ein gesamteuropäisches, westliches wie östliches Phänomen geworden. Kosovo ist aus russischer und serbischer Warte der Sündenfall des Westens am Ende des vergangenen Jahrhunderts schlechthin. Nach der NATO-Intervention des Jahres 1999, die dazu gedacht war, die Vertreibung der Kosovo-Albaner – auch einen eventuellen Genozid – zu verhindern, galt Serbien als Inbegriff eines überlebten, engstirnigen, letztlich mörderischen Nationalismus.12Vgl. Stegherr: Abschied von der „Wiege des Serbentums“? Heute sehen sich Polen, Ungarn, Russland und zuletzt selbst Italien an den Pranger gestellt, weil dort Nationalisten und neu-rechte Populisten an der Schwächung und eventuellen Zerstörung Europas bzw. der Europäischen Union arbeiteten.

Serbische Publizisten und Politiker erwidern, der Nationalstaat werde vom Westen gegen die überstaatliche Ordnung ausgespielt, die nicht mehr als subsidiärer Überbau, sondern als Erfüllung der Geschichte propagiert werde, die nur über die Ablösung und Auflösung der Nationalstaaten laufen könne. Diese Vorstellung ist, wie bereits gesagt, gerade unter den osteuropäischen Staaten wenig populär, die nach Jahrzehnten der Unterdrückung durch die anti-nationale Sowjetunion ihre nationale Selbstständigkeit und Identität wiedergewonnen haben. Das negative Verhältnis zum Nationalstaat ist einer der Gründe, warum Liberalismus und Linke aktuell keinen guten Ruf in Warschau oder Budapest genießen. Deutschland sei nur wegen seiner belasteten nationalen Vergangenheit Motor einer post-nationalen europäischen Integration, während gerade die neuerweckten Nationalstaaten Osteuropas einer konsequenten Abgabe von Souveränitätsrechten tendenziell ablehnend gegenüberstehen. Die Frage der Nation wird in Westeuropa im Schatten des Brexit eher polemisch als sachlich diskutiert, meist aus der Angst, die neue Rechte in Westeuropa nicht weiter zu stärken, die mithilfe dieser Frage und der EU-Skepsis bereits bedrohlich erfolgreich geworden ist. Stattdessen verlegt man sich in Brüssel auf technische, verfassungsrechtliche und institutionelle Probleme – wie die Schwächung des Verfassungsgerichts in Polen, das Medienrecht in Ungarn oder die weitreichende Korruption in Serbien –, die alle gewichtige Probleme sind, aber dem eigentlichen Problem ausweichen – nämlich, dass es sich im Verhältnis zwischen West und Ost in letzter Instanz um einen kulturellen Konflikt handelt. Die EU-Instanzen haben zum Beispiel bis heute nicht definiert, was sie unter „europäischen Werten“ genau verstehen, wenn man von allgemeinen Idealen wie Toleranz, Gleichheit oder religiöser Neutralität absieht. Dagegen würde, wie erwähnt, das religiöse Bekenntnis der Mehrheit, ihre politische, ethnische, sexuelle Einstellung vernachlässigt. Die katholische Kirche, zuletzt der deutsche Papst Benedikt XVI., nannte diese Tendenz relativistisch oder gar nihilistisch, eine Position, die die Ostkirche explizit unterstützte. Der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche und sein Außenamtschef, Metropolit Hilarion, begrüßten Benedikts These einer „Diktatur des Relativismus“ als revolutionären Durchbruch, nachdem der Westen über Jahrzehnte ideologisch und moralisch unterminiert worden sei. Hilarion legte zugleich die ökumenischen Kontakte zur Evangelischen Kirche Deutschlands auf Eis, eben weil sie sich der postmodernen Auflösung des Christlichen nicht widersetze. Westliche Medien ignorierten Benedikts Vorwurf oder verwarfen ihn als unzulässige Generalisierung.13Vgl. Bednarz: Die Angstprediger. Wie rechte Christen Gesellschaft und Kirchen unterwandern. München: Droemer Knaur 2018; Felix Dirsch, Volker Münz, Thomas Wawerka (Hgg.): Rechtes Christentum? Der Glaube im Spannungsfeld von nationaler Identität, Populismus und Humanitätsgedanken. Graz: Ares-Verlag 2018.

Die Tendenz, das zu relativieren oder umzudeuten, was über Generationen für wahr gehalten wurde, was West- und Ostkirche als natürliche Grundlage menschlicher Gemeinschaften betrachten, würde diese letztlich schwächen und zerstören, erklärten die kirchlichen Instanzen in Rom, Moskau und Belgrad unisono, was angesichts der bisherigen Differenzen, die etwa einen Papstbesuch in Russland bisher unmöglich gemacht hatten, erstaunte. Selbst der deutsche Philosoph Peter Sloterdijk, der sich als „konservativer Linker“ bezeichnet, sieht die postmoderne Destruktion fundamentaler gemeinschaftsbildender und -erhaltender Prinzipien als Gefahr.14Vgl. Sloterdijk: Die schrecklichen Kinder der Neuzeit; vgl. ders.: Was geschah im 20. Jahrhundert? Berlin: Suhrkamp 2016; vgl. ders.: Nach Gott. Berlin: Suhrkamp 2017. Werde der Sinn für die Zugehörigkeit, für eine lebendige Vergangenheit und deren Weitergabe an folgende Generationen dekonstruiert und zerstört, werde das eine absolut individualistische, desintegrierte Gesellschaft zur Folge haben, eine Dystopie, die aber als glorreiche Erfüllung aller bisher gehegten, unerfüllten Träume einer befreiten, egalitären Gesellschaft gepriesen würde. „Die moderne Welt wird sich als eine Zeit erweisen, in der die Wünsche durch ihr Wahrwerden das Fürchten lehren“,15Sloterdijk: Die schrecklichen Kinder der Neuzeit, Rückentext. so Sloterdijk. Der Gedanke, man könne wieder bei Null beginnen, so der französische Philosoph Alain Finkielkraut, „um eine neue Gesellschaft aufzubauen mit autonomen Individuen, das heißt, zurückgeworfen auf sich selbst, kann nur in einer Katastrophe enden“.16Vgl. Finkielkraut: L’identité malheureuse, S. 87. Übersetzung des Verfassers. Papst Benedikt verteidigte die ewigen Prinzipien des Christentums und des christlichen Abendlands, des christlichen Europa gegen eine säkularisierende Moderne,17Vgl. Marc Stegherr (Hg.): Humanismus ohne Gott. Zur Bedeutung der Kritik Joseph Ratzingers/Benedikts XVI. am postmodernen Relativismus. Sankt Ottilien 2017; vgl. Walter Rothholz: Politik und Religion. Eine kurze Einführung in die Grundkategorien ihrer Beziehung. Szczecin: Instytut Politologii i Europeistyki Uniwersytetu Szczecińskiego 2013. Finkielkraut die Errungenschaften der säkularen Gesellschaft gegen einen linken Utopismus, der bereit sei, diese Errungenschaften aufzugeben, um geschworene Feinde der offenen Gesellschaft zu integrieren. Dieses Paradoxon, das Finkielkraut ansprach, veranlasste den Philosophen und Publizisten Rüdiger Safranski, einen Freund Sloterdijks, zu der Feststellung, die Politik der offenen Grenzen, die die deutsche Bundeskanzlerin betreibe, schaffe keinen offenen, sondern einen gescheiterten Staat. Das trug ihm den Vorwurf ein, die Sprache der Rechtspopulisten zu übernehmen, der Deklinisten, die vom Untergang Europas orakeln, der Identitären, die behaupten, die Politik der offenen Grenzen, der ungeregelten Zuwanderung werde zum „großen Austausch“ der angestammten europäischen Völker durch die Zuwanderer führen. Tatsächlich haben auch die Regierungen Polens, Ungarns und Russlands und politische Vordenker dieser Länder, wie der Putin nahestehende Eurasien-Theoretiker Alexander Geljevič Dugin, ganz offen die These vertreten, dass Westeuropa, sollte es an seinem linksliberalen gesellschaftspolitischen Kurs festhalten, dem Untergang entgegensteuere. Die ideologische Distanz, die die Länder Osteuropas von Brüssel und Berlin trennt, hat zu der paradoxen Situation geführt, dass selbst Warschau und Budapest, die aus historischen Gründen mit Russland eigentlich nicht auf dem besten Fuß standen, sich heute in gesellschaftspolitischen Fragen austauschen und wirtschaftliche Kooperationen eingehen, aus dem einfachen Grund, weil ihnen Moskau ideologisch und gesellschaftspolitisch näher zu stehen scheint als die politische Elite der westlichen Hälfte der Europäischen Union

Serbien, das traditionell Russland sehr nahe steht, wurde im Laufe der Ukraine-Krise aufgefordert, sich den Sanktionen gegen Russland anzuschließen, zumal der EU-Beitrittsprozess nur dann erfolgreich weitergeführt werden könne, wenn sich Serbien solidarisch verhalte. Das Argument Serbiens verfing kaum, dass die westlichen EU-Länder sich in der Flüchtlingskrise nicht eben solidarisch gezeigt hätten, und außerdem unterschätze man dort sträflich die Gefahr einer unkontrollierten Masseneinwanderung vor allem muslimischer Männer. Serbien argumentierte wie Polen und Ungarn mit historischen und auch sehr aktuellen Erfahrungen. Der einstmals fest im historischen Bewusstsein der Serben verankerte Kosovo als Wiege der christlichen Staatstradition Serbiens ist heute, zehn Jahre nach der Abtrennung und Unabhängigkeitserklärung der einstigen serbischen Provinz, überwiegend von Albanern besiedelt, die sich fast ausschließlich zum Islam bekennen. Der größte Prozentsatz, relativ zur Bevölkerung, an Kämpfern für den sogenannten Islamischen Staat kam aus dem Kosovo. Im Kosovo ließen sich radikale muslimische Gruppierungen nieder, die dort mit finanzieller Unterstützung etwa des wahabitischen Saudi-Arabien mehr Moscheen gebaut haben, als das kleine Balkanland benötigt, gleichsam als symbolische Besetzung im Namen des Islam. In Polen, Ungarn oder Russland wird mittlerweile der Umstand, dass die Folgen der muslimischen Einwanderung von den westlichen Regierungen relativiert oder ignoriert werden, während zugleich das Christliche immer mehr marginalisiert wird, als Beleg dafür gedeutet, dass letztlich die christliche, serbisch-orthodoxe oder polnisch-katholische Identität überwunden werden solle, weil sie angeblich nicht mit den europäischen Werten vereinbar sei. Konservative Intellektuelle wie der polnische Philosoph und PiS-Politiker Ryszard Legutko nennen die Europäische Union ganz offen ein antichristliches, antitraditionelles und postnationales Projekt, das daher auch nicht mehr zu dem passe, was sich die Polen unter einem vereinigten Europa vorgestellt hätten.

Interessanterweise hätten sich im Angesicht der islamistischen Bedrohung selbst eingeschworene Religionsfeinde, die sich in der Tradition der europäischen Aufklärung sehen, zu Religionsapologeten gewandelt, wunderte sich der rumänische Jungpolitiker und Philosoph Mihai Neamțu. Im Kosovo hatte Europa den serbischen Nationalismus besiegt, hätte es aber zugelassen, dass an dessen statt ein kosovo-albanischer Nationalismus entstand. Im Dezember 2017 bildete sich im Kosovo eine neue Regierung, deren Spitzen der Kosovo-Befreiungsarmee entstammten. Präsident Hashim Thaçi und Premierminister Ramush Haradinaj verkündeten schon im Wahlkampf, sie würden alle Maßnahmen streichen, die zur Schaffung einer Selbstverwaltung der Serben im Kosovo führen würden, obwohl sich Belgrad und Pristina auf diese Autonomie im Brüsseler Abkommen von 2013 geeinigt hatten. Die linksnationalistische Partei „Bewegung Selbstbestimmung“ (Lëvizja Vetëvendosje) hatte die neue Regierung durch Straßenproteste, gewaltsame Aktionen im Parlament des Kosovo und nicht zuletzt durch ihren Wahlerfolg 2017 zu einer nationalistischen Wende ihrer Politik genötigt, eine Entwicklung, die nicht nur die national Gesinnten im Kosovo ermutigte, sondern auch geeignet war, albanischen Separatisten in den benachbarten Staaten Serbien, Montenegro und Mazedonien neuen Aufwind zu geben. Man munkelte über die Abschaffung der Grenzen zu Albanien. Die These, ein unabhängiger Kosovo würde eine eigene kosovarische Identität hervorbringen und damit die Gefahr „großalbanischer Tendenzen“, das heißt einer Vereinigung aller albanischen Siedlungsgebiete, reduzieren, habe sich somit als reine Spekulation erwiesen, behaupteten serbische wie russische Medien. Im Lichte der aktuellen Differenzen zwischen Ost und West erscheint der Fall Kosovo als Brennspiegel all dessen, was osteuropäische Publizisten und Politiker als Schizophrenie des Westens ausgemacht zu haben meinen: die antitraditionelle, antinationale Haltung der Europäischen Union, die nicht verhindert habe, dass im Kosovo eben eine zweite albanische Nation entstanden sei, die Ablehnung ethnischer Homogenität, die jedoch im Kosovo unter den Augen der internationalen, westlichen Staatengemeinschaft neu installiert worden sei. Deutschland sähe die europäische Integration, auch die Aufnahme unzähliger Flüchtlinge aus anderen Kulturkreisen, als Möglichkeit, den problematischen deutschen Nationalstaat in einer neuen, höheren politischen Entität und Verfasstheit aufgehen zu lassen, was aber angesichts der gewaltigen Leistung, aus dem Nachkriegsdeutschland einen demokratischen, international geachteten Staat zu machen, einigermaßen paradox erscheine. Dieses Unverständnis reflektieren unzählige Artikel in serbischen, ungarischen oder polnischen Zeitungen und Zeitschriften, die die postkommunistische Renaissance ihrer nationalen Identität nicht als Gegensatz zur europäischen Integration oder gar als deren Negation empfinden.

Als die russische Marine im November 2018 die Mannschaft eines ukrainischen Schiffes festsetzte, das die Meerenge von Kertsch befahren hatte, reagierte die ukrainische Regierung umgehend und nannte das einen „Akt der Aggression“, rief das Kriegsrecht aus, während die Europäische Union ankündigte, diese Verletzung der ukrainischen Souveränität nicht zu dulden. Serbische Kommentatoren hielten diesen Fall für ein weiteres Beispiel westlicher Schizophrenie. Eine Europäische Union, die sich die Abschaffung aller Grenzen und Nationen zum Ziel gesetzt habe und den Nationalismus als Verirrung der vergangenen zwei Jahrhunderte verurteile, sei bereit, für die nationale Souveränität der Ukraine selbst den militärischen Konflikt zu riskieren, einer Ukraine, deren Regierung sich nationalistisch gebärde und Krieg gegen die eigene Bevölkerung in der Ostukraine führe. Die Souveränität Serbiens habe dagegen in keinem Moment ernsthaft zur Debatte gestanden, da es letztlich, im ukrainischen wie im kosovarischen Fall, nur darum gehe, die russische bzw. serbische Seite (und auch im Fall Kosovo Russland, den traditionellen Verbündeten Serbiens) aus dem Spiel zu drängen. Dafür sei man auch gerne bereit, die eigenen Prinzipien zu ignorieren. Nur wenige Journalisten und Intellektuelle hätten den Mut aufgebracht, gegen diese Schizophrenie aufzubegehren, was ihren Status aber in Osteuropa ungemein erhöhte. Zu diesen zählte der österreichisch-slowenische Schriftsteller Peter Handke, der in den 1990er-Jahren und nach dem Kosovo-Konflikt in mehreren Artikeln und Büchern einerseits die Dämonisierung Serbiens und des Balkans kritisierte, andererseits sich ein ideales, der Moderne abholdes, quasi gegen-europäisches Serbien schuf, das der allesverschlingende westliche Materialismus und Konsumismus zerstören wolle.18Peter Handke: Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für Serbien. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1996; ders.: Sommerlicher Nachtrag zu einer winterlichen Reise. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1996; ders.: Unter Tränen fragend. Nachträgliche Aufzeichnungen von zwei Jugoslawien-Durchquerungen im Krieg, März und April 1999. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2000; ders.: Die Tablas von Daimiel. Ein Umwegzeugenbericht zum Prozeß gegen Slobodan Milošević. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2006. Handkes Verklärung Serbiens, die die Verbrechen des Milošević-Regimes ignoriert hätte und schärfste Kritik auf sich zog, wurde erneut Streitthema, als Handke 2019 den Literaturnobelpreis erhielt. Handke-Kritikern wie Saša Stanišić erschienen offenbar selbst in der Sphäre der Kunst Moral und Gesinnung wichtiger als die literarische Leistung, die in Handkes Fall unbestritten ist. Der Romantizismus, den man Handke unterstellte, findet sich neben handfesten politischen Motiven auch in der aktuellen Debatte über die illiberale Wende, die in Osteuropa stattfindet. Im konservativen, neu-rechten, rechtspopulistischen, identitären Diskurs erscheinen Ungarn, Polen, Russland und auch Serbien als Hoffnungszeichen eines aktiven Widerstandes gegen die antinationalen, antitraditionellen Tendenzen im Westen, gegen die Abschaffung gewachsener Strukturen, gegen die Auflösung des christlichen Abendlandes in einem multiethnischen, multikulturellen, multireligiösen Siedlungsraum ohne gemeinsame Identität. Der Fall Kosovo erscheint in diesem Kontext als die Ursünde der post-nationalen Agenda. Im Übrigen hätten deren Vertreter kein Recht, der russischen Seite mit der Annexion der Krim ein Verbrechen vorzuwerfen, das sie im Kosovo bereits 1999 begangen hätten: die Zerstörung des Völkerrechts, das auf der Souveränität der Nationalstaaten beruht, im Namen des neuen postmodernen, westlich-liberal-entgrenzten Moralismus, der viel mehr als nur Nationen zerstöre.

Der liberale Westen mag in einem Anfall kollektiven Selbstmords untergehen, meinte Viktor Orbán und mit ihm polnische und russische Politiker und Intellektuelle, doch der Osten werde ihm dabei nicht folgen. Das westliche Programm sei destruktiv. Es sei nicht mehr auszuschließen, dass Westeuropa das Schicksal des alten Rom teilen werde, das im Strom der unkontrollierten Masseneinwanderung unterging, wenn man Bryan Ward-Perkins, Peter Heather, Michael Ley oder David Engels folgt.19Vgl. Bryan Ward-Perkins: The Fall of Rome and the End of Civilization. Oxford: Oxford University Press 2005; Peter Heather: The Fall of the Roman Empire. A New History. London: Oxford University Press 2005; Michael Ley, Bazon Brock: Der Selbstmord des Abendlandes. Die Islamisierung Europas. Osnabrück: Hintergrund-Verlag 2015; Michael Ley, Martin Lichtmesz (Hgg.): Nationalmasochismus. Schnellroda: Antaios 2018; David Engels: Auf dem Weg ins Imperium. Die Krise der Europäischen Union und der Untergang der Römischen Republik. Historische Parallelen. Berlin: Europa-Verlag 2014; vgl. Walter Laqueur: The Last Days of Europe. Epitaph for an Old Continent? New York: Thomas Dunne Books 2009; ders.: After the Fall. The End of the European Dream and the Decline of a Continent. New York: Macmillan Publishers 2012. Die Publikationen, Essays und Romane, die in West wie Ost die Folgen der Flüchtlingskrise des Jahres 2015, die westliche Dekadenz und Selbstaufgabe mehr oder weniger direkt thematisieren, sind zahlreich geworden, etwa von den Franzosen Jean Raspail, Michel Houellebecq, Eric Zemmour und Alain Finkielkraut, den Briten Christopher Caldwell und Douglas Murray, der einen Bestseller namens Strange Death of Europe schrieb.20Murray: The Strange Death of Europe. Der russische Bestsellerautor Zachar Prilepin stellte medienwirksam ein Buch über kämpferische, antiwestliche russische Schriftsteller vor und meldete sich dabei in die Ostukraine ab, um dort als Autor mit der Waffe in der Hand für sein russisches Vaterland und gegen den charakterlosen Westen zu kämpfen. Vor diesem Hintergrund erscheint der Glaube naiv, man könne den neuen ost-westlichen Antagonismus mit juristischen, technischen, finanziellen, gar militärischen Mitteln beseitigen. Der kul­tu­relle Gegensatz, der Gegensatz der Vorstellungen, was Gesellschaften zusammenhält, wie die Zukunft Europas aussehen soll, hat einen Graben geschaffen, der zweifellos auch künstlich erweitert wird, von russischen Auslandsmedien und radikalen Denkern und Politikern.

Dass dieser Graben aber existiert, ist nicht von der Hand zu weisen und keinesfalls nur eine Konstruktion ungarischer oder polnischer Autokraten. Allein die Umfragen sprechen eine deutliche Sprache. Eine Umfrage in 34 europäischen Staaten, deren Ergebnis Ende Oktober 2019 veröffentlicht wurde, ergab, dass Europa in wesentlichen gesellschaftlichen Fragen in zwei Lager gespalten ist: in Schweden waren nur 7 Prozent gegen die gleichgeschlechtliche Ehe, in Russland 90 Prozent; 17 Prozent der Franzosen waren gegen Abtreibung, in Russland 56 Prozent und in Georgien sogar 85 Prozent. In Armenien stimmten 82 Prozent der Aussage zu, christlicher Glaube und nationale Identität seien eine Einheit, während in Frankreich nur 32 Prozent so dachten, in Portugal, die große Ausnahme im westeuropäischen Vergleich, waren es 62 Prozent, die eine enge Verbindung zwischen der nationalen Identität und dem katholischen Glauben sahen. Wer den falschen Vorstellungen anhängt, scheint im einen wie im anderen Lager klarer denn je festzustehen. Eine Lösung, das heißt die Überwindung des Grabens, der die Lager trennt, rückt damit in immer weitere Ferne.

Dr. Marc Stegherr M.A.,

Studium der Slavischen Philologie, Politischen Wissenschaften, Recht, Geschichte Osteuropas. Lehrbeauftragter für südslavische Landeskunde, Institut f. slav. Philologie der LMU München; Forschungsgebiete: Politik, Kultur- und Religionsgeschichte Osteuropas, Nationalismus, Minderheitenkulturen in (Süd)Osteuropa; Mediensysteme Osteuropas.

Publikationen (Auswahl): Der neue Kalte Krieg der Medien. Die Medien Osteuropas und der neue Ost-West-Konflikt. Wiesbaden: Springer VS 2018; Abschied von der Wiege des Serbentums? Das Kosovo in Kultur und Politik Serbiens. Klagenfurt: Wieser Verlag 2010.


[1]       Ivan Krastev: Auf dem Weg in die Mehrheitsdiktatur? In: Heinrich Geiselberg (Hg.): Die große Regression. Eine internationale Debatte über die geistige Situation der Zeit. Berlin: suhrkamp 2017, S. 117.

[2]       Vgl. Dietmar Loch, Wilhelm Heitmeyer (Hgg.): Schattenseiten der Globalisierung. Rechtsradikalismus, Rechtspopulismus und separatistischer Regionalismus in westlichen Demokratien. Frankfurt a. M.: suhrkamp 2001; Ian Bremmer: The Strongman Era. How Tough Guys Came to Rule the World. In: Time Magazine, 14.5.2018, S. 30–32; Christopher Caldwell: Reflections on the Revolution in Europe. Can Europe Be the Same with Different People in It? London: Anchor Books 2009.

[3]       Dazu ist anzumerken, dass die Zahl der Ukrainer mit Flüchtlings- oder Asylbewerber-Status in Polen relativ gering ist. Die meisten der etwa 1,5 Mio. im Lande lebenden Ukrainer sind Arbeitsmigranten mit legalem oder nicht-legalem Status.

[4]       Vgl. Douglas Murray: The Strange Death of Europe. Immigration, Identity, Islam. London: Bloomsbury Publishing 2017; Peter Hitchens: The Abolition of Britain. From Winston Churchill to Theresa May. London: Bloomsbury 2018; Christopher Caldwell: Reflections on the Revolution in Europe. Can Europe Be the Same with Different People in It? Immigration, Islam and the West. London: Allen Lane 2009; Eric Zemmour: Le Suicide français. Ces quarante années qui ont défait la France [Der französische Selbstmord. Vierzig Jahre, die Frankreich besiegt haben]. Paris: Albin Michel 2014; Eric Zemmour: Mélancolie française [Französische Melancholie]. Paris: Fayard 2010; Alain Finkielkraut: L’identité malheureuse [Die unglückliche Identität]. Paris: Éditions Stock 2015; Yves Mamou: Le grand abandon. Les élites françaises et l‘islamisme [Die große Abkehr. Die französischen Eliten und der Islamismus]. Paris: L’Artilleur 2018; Vladimír Palko: Die Löwen kommen. Warum Europa und Amerika auf eine neue Tyrannei zusteuern. Kißlegg: fe-Medienverlag 2014; Thilo Sarrazin: Deutschland schafft sich ab. Wie wir unser Land aufs Spiel setzen. München: DVA 2010; Karlheinz Weißmann: Rubikon. Deutschland vor der Entscheidung. Berlin: JF Edition 2016; Hamed Abdel-Samad: Integration. Ein Protokoll des Scheiterns. München: Droemer 2018; Robin Alexander: Die Getriebenen. Merkel und die Flüchtlingspolitik. Report aus dem Innern der Macht. München: Penguin Verlag 2018.

[5]       Peter Sloterdijk: Die schrecklichen Kinder der Neuzeit. Über das anti-genealogische Experiment der Moderne. Berlin: suhrkamp 2014.

[6]       Lucian Boia: Sfârșitul occidentului? Spre lumea de mâine [Der Untergang des Abendlandes? In die Welt von morgen]. București: Humanitas 2013.

[7]       Vgl. Charles Taylor: Ein säkulares Zeitalter. Berlin: Suhrkamp 2011, S. 521; engl. Orig.: The Malaise of Modernity. London: House of Anansi 1991.

[8]       Timothy Garton Ash: Is Europe Disintegrating?. In: New York Review of Books, 19.1.2017.

[9]       Ryszard Legutko: The Demon in Democracy. Totalitarian Temptations in Free Societies. New York, London: The Worthy House 2016, S. 41.

[10]      Vgl. Marc Stegherr: „Ein Signal gegen den westlichen Anthropozentrismus in Liturgie und Gesellschaft“. Die Ostkirchen und die Reform der Reform Benedikts XVI. In: Una Voce Korrespondenz 46 (2016) H. 1, S. 96–112; Marc Stegherr (Hg.): Humanismus ohne Gott. Zur Bedeutung der Kritik Joseph Ratzingers/Benedikts XVI. am postmodernen Relativismus. St. Ottilien: EOS 2017.

[11]      Vgl. Stegherr: Der neue Kalte Krieg der Medien.

[12]      Vgl. Stegherr: Abschied von der „Wiege des Serbentums“?

[13]      Vgl. Bednarz: Die Angstprediger. Wie rechte Christen Gesellschaft und Kirchen unterwandern. München: Droemer Knaur 2018; Felix Dirsch, Volker Münz, Thomas Wawerka (Hgg.): Rechtes Christentum? Der Glaube im Spannungsfeld von nationaler Identität, Populismus und Humanitätsgedanken. Graz: Ares-Verlag 2018.

[14]      Vgl. Sloterdijk: Die schrecklichen Kinder der Neuzeit; vgl. ders.: Was geschah im 20. Jahrhundert? Berlin: Suhrkamp 2016; vgl. ders.: Nach Gott. Berlin: Suhrkamp 2017.

[15]      Sloterdijk: Die schrecklichen Kinder der Neuzeit, Rückentext.

[16]      Vgl. Finkielkraut: L’identité malheureuse, S. 87. Übersetzung des Verfassers.

[17]      Vgl. Marc Stegherr (Hg.): Humanismus ohne Gott. Zur Bedeutung der Kritik Joseph Ratzingers/Benedikts XVI. am postmodernen Relativismus. Sankt Ottilien 2017; vgl. Walter Rothholz: Politik und Religion. Eine kurze Einführung in die Grundkategorien ihrer Beziehung. Szczecin: Instytut Politologii i Europeistyki Uniwersytetu Szczecińskiego 2013.

[18]      Peter Handke: Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für Serbien. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1996; ders.: Sommerlicher Nachtrag zu einer winterlichen Reise. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1996; ders.: Unter Tränen fragend. Nachträgliche Aufzeichnungen von zwei Jugoslawien-Durchquerungen im Krieg, März und April 1999. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2000; ders.: Die Tablas von Daimiel. Ein Umwegzeugenbericht zum Prozeß gegen Slobodan Milošević. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2006.

[19]      Vgl. Bryan Ward-Perkins: The Fall of Rome and the End of Civilization. Oxford: Oxford University Press 2005; Peter Heather: The Fall of the Roman Empire. A New History. London: Oxford University Press 2005; Michael Ley, Bazon Brock: Der Selbstmord des Abendlandes. Die Islamisierung Europas. Osnabrück: Hintergrund-Verlag 2015; Michael Ley, Martin Lichtmesz (Hgg.): Nationalmasochismus. Schnellroda: Antaios 2018; David Engels: Auf dem Weg ins Imperium. Die Krise der Europäischen Union und der Untergang der Römischen Republik. Historische Parallelen. Berlin: Europa-Verlag 2014; vgl. Walter Laqueur: The Last Days of Europe. Epitaph for an Old Continent? New York: Thomas Dunne Books 2009; ders.: After the Fall. The End of the European Dream and the Decline of a Continent. New York: Macmillan Publishers 2012.

[20]      Murray: The Strange Death of Europe.

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