Ambivalente Lebensläufe. Securitate-Offiziere zwischen Verklärung und Sachlichkeit (3)

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William Totok, Berlin


4. Securitate vs. Securitate1Für die ersten drei Kapital dieses Beitrags siehe die Druckfassungen: William Totok: Ambivalente Lebensläufe. Securitateoffiziere zwischen Verklärung und Sachlichkeit. In: Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur und Politik, 28 (2016) H. 1–2, S. 61–82; vgl. auch: Studia Germanica Napocensia, Bd. 5: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders.“ In: Rudolf Gräf, Gabriella-Nóra Tar, Ioana Florea (Hgg.): Festschrift für Eginald Schlattner zum 85. Geburtstag. Klausenburg: Universitätsverlag 2018, S. 19–46.

In den Erinnerungen ehemaliger politischer Häftlinge und in verschiedenen Abhandlungen zur kommunistischen Vergangenheit Rumäniens finden sich häufig Hinweise auf eine sadistische Mitarbeiterin der Securitate, von der behauptet wird, sie habe in den 1950er-Jahren in der Temeswarer Dienststelle der Geheimpolizei gearbeitet. In einigen dieser Schriften wird Vidosa (auch: Vidoșa/Vida) Nedici, Leutnant der Securitate, denn von ihr ist die Rede, auch namentlich erwähnt. Ihr wurde systematisch unterstellt, sie habe ihr sadistisches Naturell an den Häftlingen ausgelebt. Aus der Gefängnisfolklore aufgeschnappte Berichte von einer grausamen, rumänienserbischen Securitate-Offizierin, die während der Verhöre den Gefangenen mit einem Bleistift auf die Hoden schlägt, fanden somit auch Eingang in die Memoirenliteratur. Sämtliche Verfasser jedoch berichten nur über Erlebnisse Dritter, die ihnen vom Hörensagen zu Ohren gekommen waren. Ohne diese Geschichte auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, wurde sie sogar in ein Nachschlagewerk aufgenommen, das der Bukarester Humanitas-Verlag im Jahr 2001 unter dem Titel Schwarzes Lexikon veröffentlichte und das Anspruch auf Objektivität und Seriosität erhebt.2Vgl. Doina Jela: Lexiconul negru. Unelte ale represiunii comuniste [Schwarzes Lexikon. Werkzeuge der kommunistischen Repression]. Bukarest: Humanitas Verlag 2001, S. 57f., S. 134, S. 191f. Einen ebenfalls irreführenden Hinweis auf Nedici enthält ein vom Landesinstitut für das Studium des Totalitarismus herausgegebenes Nachschlagewerk. Ohne weitere Einzelheiten zu nennen, ist darin ein Foto von Nedici veröffentlicht, unter dem folgender Text steht: „Vida (Vidosava) Nedici (geb. 1923) [sic!], bekannt für ihre groben Ermittlungsmethoden. Verhaftet 1950 wegen Spionage.“ Vgl. Florian Banu, Flori Bălănescu, Cristian Troncotă: Anchetator [Ermittler]. In: Octavian Roske (Hg.): România 1945–1989. Enciclopedia regimului comunist. Represiunea A–E [Rumänien 1945–1989. Enzyklopädie des kommunistischen Regimes. Repression A–E]. București: Institutul Național pentru Studiul Totalitarismului 2011, S. 80–88, hier: S. 83. Dieses von Doina Jela erarbeitete Lexikon fußt allerdings auf zweifelhaften Quellen, enthält haufenweise Unterstellungen, und es wimmelt von Sachfehlern.

Die Mär von der perversen Ermittlerin, die sich lustvoll an den Schmerzen der gemarterten Gefangenen ergötzt, könnte allerdings sogar aus den Desinformationslaboratorien der Securitate stammen. Diese These ließe sich wiederum aus Verhörprotokollen ableiten, jedoch nicht eindeutig belegen. Aus mindestens einem Protokoll,3Vgl. Erklärung von Nicolae Ighișan vom 11. September 1950, ACNSAS, P 1143, vol. 13, Bl. 99–101. in dem die Aussagen zu einem früheren Kollegen von Vida Nedici, dem rumänienserbischen Unterleutnant Sava Bugarschi, zusammengefasst sind, könnte man schließen, dass die Securitate-Ermittler, die sich mit der Identifizierung und Inkriminierung der erfundenen und realen Tito-Spione beschäftigten, die Geschichte von der sadistischen und brutalen Offizierin erfunden haben, in der Absicht, ein dämonisches, amoralisches und verurteilungswürdiges Porträt einer perversen und verbrecherischen Landesverräterin zu fabrizieren. Das erwähnte Protokoll fußt übrigens auf einer maschinengeschriebenen Kopie der Aussagen, die der inhaftierte Legionär Nicolae Ighișan4Einzelheiten zur politischen Biografie Ighișans in: William Totok, Elena Irina Macovei: Între mit și bagatelizare. Despre reconsiderarea critică a trecutului, Ion Gavrilă Ogoranu și rezistența armată anticomunistă din România [Zwischen Mythos und Verharmlosung. Über die kritische Vergangenheitsbewältigung, Ion Gavrilă Ogoranu und den bewaffneten, antikommunistischen Widerstand in Rumänien]. Iași: Polirom 2016, S. 273, S. 286f., S. 289, S. 291. im September 1950 gemacht hatte, also zu einem Zeitpunkt, als die Ermittlungen und Vorbereitungen zu weiteren Gerichtsverfahren gegen ehemalige rumänienserbische Geheimdienstoffiziere in vollem Gange waren.

Die Ermittler ignorierten dabei die Tatsache, dass Vida Nedici bei der geschilderten Begegnung Ighișans mit Securitate-Leutnant Bugarschi als Daktylografin tätig war und keineswegs als zuständige Beamtin für strafrechtliche Untersuchungen.

Im August 1949 wurde sie übrigens nach Bukarest versetzt. Fakt ist, dass die Schauerlegende von der lüsternen Serbin bereits Anfang der 1950er-Jahre hinter den Gefängnismauern kolportiert und weiter verbreitet wurde.5Vgl. dazu die Schilderungen aus der Haft in den Memoiren von Nestor Chioreanu: Morminte vii [Lebende Gräber]. Vorwort und herausgegeben von Marius Cristian. Iași: Institutul European 1992, S. 119–123.

Aus ihren zahlreichen Erklärungen, die sie in Securitate-Gewahrsam 1950 handschriftlich verfasst hatte und die den Ermittlungsbeamten als Vorlagen für maschinengeschriebene Geständnisse dienten,6Siehe die Erklärung vom 4. Juli 1950, deren Wortlaut wir im Anhang vollständig veröffentlichen (ACNSAS, P 001143, Bl. 376–381). die Vidosa Nedici zum Unterzeichnen vorgelegt wurden, geht hervor, dass sie 1924 in einer rumänienserbischen Familie in der Banater Ortschaft Becicherecul Mic (dt. Kleinbetschkerek)7Gemeinde im rumänischen Banat, im heutigen Kreis Temesch (rum. Timiș), nordwestlich von Temeswar; dt. Kleinbetschkerek, serb. Мали Бечкерек/Mali Bečkerek, ung. Kisbecskerek. geboren wurde. Wie zahlreiche andere Serben aus Rumänien sympathisierte auch sie 1943 mit der Partisanenbewegung Titos.

Den Verbänden hatten sich übrigens mehr als 2.000 Serben aus Rumänien angeschlossen.8Vgl. Miodrag Milin, Andrei Milin: Sârbii din România. Documentar și studii despre remodelarea identitară [Die Serben aus Rumänien. Dokumentation und Studien über die identitäre Umformung]. Einleitende Texte von Mihai Spăriosu und Bata Marianov. Nachwort von Josef Wolf. Târgoviște: Editura Cetatea de Scaun 2017, S. 25. Darunter befanden sich auch einige, die 1948, nach der Kollision zwischen Stalin und Tito, in Rumänien zu Titoisten, jugoslawischen Agenten und Vaterlandsverrätern, gestempelt wurden und schweren Verfolgungen ausgesetzt waren. Viele der Freiwilligen schlossen sich dem kommunistischen Jugendverband oder der kommunistischen Partei Jugoslawiens an. Einige arbeiteten auch für den sich im Aufbau befindlichen jugoslawischen Geheimdienst und setzten ihre nachrichtendienstliche Tätigkeit nach ihrer Rückkehr ins Banat fort. Mehrere Rumänienserben, die als jugoslawische Geheimdienstleute tätig waren, wurden ab 1945 aufgrund ihrer kommunistischen Überzeugungen in die rumänischen Nachrichtendienste eingereiht, aus denen 1948 die Securitate entstand.

Unter den Rumänienserben gab es allerdings auch Anhänger der Tschetniks, der ultranationalistischen und pro-monarchistischen Organisation, die im Unterschied zu den Tito-Partisanen gegensätzliche politische und ideologische Ziele verfolgten und aus diesem Grund sogar mit den deutschen Besatzern kollaborierten, um die „Kommunisten Titos zu bekämpfen“.9Siehe Phyllis Auty: Tito. Staatsmann aus dem Widerstand. Übersetzt aus dem Englischen von Josef Trimmel. Vorwort von Ernst Fischer: Erinnerung und Bekenntnis. München, Gütersloh, Wien: C. Bertelsmann Verlag 1972, S. 228f. 1946 wurde der Tschetnik-Führer Draža Mihailović zum Tode verurteilt. Einige seiner rumänienserbischen Anhänger teilten das gleiche Los.

Vida Nedici absolvierte in dieser Zeit das Gymnasium (in Rumänien: Lyzeum) und wurde 1946 Mitglied der Rumänischen Kommunistischen Partei.10Kommunistische Partei Rumäniens (KPR); bis 1944, danach Rumänische Kommunistische Partei (RKP), 1948 in Rumänische Arbeiterpartei (RAP) umbenannt, 1965 erneut Rumänische Kommunistische Partei (RKP), 1989 aufgelöst. Als Schreibkraft und Absolventin eines Kurses für zukünftige Parteikader arbeitete sie zuerst in der Temeswarer (rum. Timișoara) regionalen Parteizentrale und wirkte in den offiziell agierenden rumänienserbischen Organisationen mit. Das Verbot der Antifaschistischen Slawischen Front11Auch gegen die Deutsche Antihitleristische Organisation (DAO) wurde damals seitens der rumänischen Behörden der paradoxe Vorwurf erhoben, eine nationalistische Tarnorganisation zu sein. Im Sommer 1945 erfolgte das Verbot der DAO, die offiziell Ende August 1944 gegründet wurde und aus den während der Militärdiktatur Antonescus im Untergrund tätigen Zellen linksgerichteter rumäniendeutscher Antifaschisten hervorgegangen war. (Vgl. William Marin: Kurze Geschichte der Banater Deutschen. Mit besonderer Berücksichtigung ihrer Beziehungen zur rumänischen Bevölkerung und ihrer Einstellung zur Vereinigung von 1918. Temeswar: Facla Verlag 1980, S. 182–184, S. 191; Hannelore Baier: Die Deutschen in Rumänien in den Jahren 1945 bis 1948. In: Mariana Hausleitner (Hg.): Vom Faschismus zum Stalinismus. Deutsche und andere Minderheiten in Ostmittel- und Südosteuropa 1941–1953. München: IKGS Verlag 2008, S. 173–180, hier: S. 173). im Mai 1945 beruhte auf dem Vorwurf, pro-jugoslawische Aktivisten hätten die Absicht gehabt, jene Teile Rumäniens an Jugoslawien anzuschließen, die zum Großteil von Angehörigen der serbischen Minderheit besiedelt waren. Es gab allerdings tatsächlich Vorbereitungen – in Jugoslawien und in Rumänien – einen Anschluss der Ortschaften aus der Donauklamm (rum. Clisura Dunării) zu verwirklichen.12Vgl. Milin: Sârbii din România, S. 32f. Siehe auch die Erklärung von Miloș Todorov vom 16. Mai 1950, in der vom Verbot der Front die Rede ist, aus der sofort die Nachfolgeorganisation, der Demokratische Slawische Kulturverband aus Rumänien, hervorgegangen war (ACNSAS, P 1143, vol. 1, Bl. 35–39). Todorov war 1946 und 1948 Abgeordneter im rumänischen Parlament und wurde 1950 zusammen mit elf Angeklagten (darunter befand sich auch Vidosa Nedici) in einem spektakulären Schauprozess als Spion und Hochverräter zu lebenslanger Zwangsarbeit verurteilt. In der Propagandasprache des Bukarester Regimes wurden die Abspaltungsversuche verzerrt und als eine von feindlichen, faschistischen Kräften eingefädelte Unternehmung dargestellt:

Als eine Etappe in der Operation zur Besetzung unseres Landes, planten die titoistischen Banditen, einen Teil des Banates an sich zu reißen und begannen zu diesem Zweck mit Hilfe ihrer Agenten die Losung von der ‚Vereinigung des Banates mit Jugoslawien‘ zu verbreiten.13Zamfir Brumaru: Procesul grupului de spioni și trădători în slujba serviciului de spionaj al clicii fasciste a lui Tito [Prozess der Gruppe von Spionen und Verrätern im Dienst der Spionage der faschistischen Tito-Clique]. In: Scânteia, 19. Jg. vom 2. August 1950, S. 1, S. 3. Die Zeitung war das Zentralorgan der Rumänischen Arbeiterpartei (RAP). [Übersetzung durch den Autor.]

Im Juli 1947 wurde Vida Nedici als Daktylografin der Temeswarer Dienstelle der Geheimpolizei Siguranța zugeteilt und im Dezember 1948, also fünf Monate nach der offiziellen Gründung der Nachfolgeorganisation Securitate, in die Zentrale nach Bukarest versetzt.

Nach dem offenen Ausbruch des Konflikts mit Tito und der Veröffentlichung der Resolution des Informationsbüros der Kommunistischen und Arbeiterparteien (abgekürzt: Kominform) über die Lage in der Kommunistischen Partei Jugoslawiens14Der hohe rumänische Parteifunktionär Leonte Răutu kommentierte die Resolution in einem im stalinistischen Sprachduktus verfassten Artikel, siehe Leonte Răutu: Despre rezoluția Biroului Informativ asupra situației din Partidul Comunist din Iugoslavia [Über die Resolution des Informationsbüros bezüglich der Lage in der Kommunistischen Partei Jugoslawiens]. In: Scânteia, 17. Jg. Nr. 1158, 1. Juli 1948, S. 1, S. 4, S. 6. vom 28. Juni 1948,15Eine zweite Jugoslawien-Resolution folgte im November 1949 und wurde den Kominform-Mitgliedern von der rumänischen Parteiführung unter dem Titel „Die Kommunistische Partei Jugoslawiens in der Gewalt von Mördern und Spionen“ vorgestellt. Siehe: „Partidul Comunist din Iugoslavia în mâiinile unor asasini și spioni. Raport prezentat la Consfătuirea Biroului Informativ al partidelor comuniste care a avut loc în a doua jumătate a lunii Noembrie 1949“. In: Gheorghe Gheorghiu-Dej: Articole și cuvântări [Artikel und Reden]. București: Editura Partidului Muncitoresc Român 1951, S. 349–366. (Der Text ist ursprünglich in der Zeitung Scânteia vom 6. Dezember 1949, S. 3f., erschienen.) eröffnete die Securitate ihre Jagd auf angebliche und tatsächliche Tito-Sympathisanten und jugoslawische Agenten. Zahlreiche Banater Serben, darunter auch viele rumänienserbische Securitate-Offiziere,16Zum Beispiel Leutnant Dobrivoi Stanoev (auch Stanoiev), Leutnant Sava Bugarschi, Unterleutnant Gheorghe Stoicovici, Oberfeldwebel Victor (Vitomir) Dobrici, Unterleutnant Sava Jivoinov, Unterleutnant Jiva Dimitrovici (vgl. Protokoll vom 15. Oktober 1950 mit den Securitate-Leuten, die der Spionage verdächtigt wurden, unterzeichnet vom Securitate-Ermittler, Hauptmann Adrian Cociu, ACNSAS, P 1143, vol. 13. Bl. 2–5), Chef der Polizei aus Oravița und ab 1949 stellvertretender Leiter der Regionaldirektion der Securitate aus Iași, Aurel Ceia (vgl. undatiertes, maschinengeschriebenes Referat mit den Einzelheiten über die Spionagetätigkeit mehrerer Securitate-Offiziere, verfasst von Hauptmann Adrian Cociu, ebenda, Bl. 14–18). Siehe auch die 3 Seiten der maschinengeschriebenen Erklärung von Bojidar (Boja) Stanoievici vom 24. Juni 1950 bezüglich der „Securitateleute serbischer Nationalität“ (ACNSAS, P 1143, vol. 14, Bl. 318–320). wurden verhaftet, oft unter fadenscheinigen Anschuldigungen vor Gericht gestellt und in mehreren Prozessen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.

Unter den Verhafteten befand sich auch Vida Nedici, die zusammen mit elf weiteren Personen in einem von propagandistischem Getöse begleiteten Prozess verurteilt wurde. Folgende Personen wurden im ersten Spionage- und Hochverratsprozess, der am 1. August 1950 vor einem Bukarester Militärgericht begann,17Zum Prozessauftakt wurden alle zwölf Angeklagten auf Seite 1 in der Parteizeitung Scânteia vom 1. August 1950 namentlich erwähnt, des Hochverrats und der Spionage für die „faschistische Titoclique aus Belgrad“ bezichtigt. zu unterschiedlichen Strafen verurteilt:18Urteil Nr. 1118/1950, ACNSAS, P 1143, vol. 4, Bl. 113–138. Für weitere Einzelheiten zu den Beschuldigungen siehe auch: Einleitendes Referat des Militärstaatsanwalts, Major Nicolae Popescu, fertiggestellt am 10. Juli 1950, ebenda, Bl. 2–34.

  1. Miloș Todorov, verhaftet am 27.4.1950, Arzt, Parlamentsabgeordneter, lebenslange Zwangsarbeit;
  2. Boșco Lațici, 16.7.1949, Lehrer, jugoslawischer Staatsbürger, Angestellter der jugoslawischen Botschaft in Bukarest, stellvertretender Presseattaché, zu lebenslanger Zwangsarbeit verurteilt;
  3. Nicola Medici, 16.7.1949, jugoslawischer Staatsbürger und Botschaftsmitarbeiter, Unterleutnant des jugoslawischen Geheimdienstes UDB-a, drei Jahre Gefängnis;
  4. Milorad Adamov, 28.8.1948, jugoslawischer Staatsbürger, Mühlendirektor in Kikinda (Jugoslawien), 25 Jahre Gefängnis;
  5. Djuro Basler, 26.11.1949, jugoslawischer Staatsangehöriger, Ingenieur, Todesstrafe, hingerichtet am 28.10.1950;
  6. Jiva Petrov, 23.11.1948, Mechaniker, Traktorist, 15 Jahre Gefängnis;
  7. Angelco Peiovici, 14.5.1949, Lehrer, 25 Jahre Gefängnis;
  8. Bojidar (Boja) Stanoievici, 27.3.1950, Mechaniker, lebenslange Zwangsarbeit;
  9. Miladin Silin, 9.11.1949, Lehrer, 25 Jahre Zwangsarbeit;
  10. Svetomir Radosavlievici, 10.3.1950, Schlosser, Mechaniker, zwölf Jahre Gefängnis;
  11. Nicola Milutinovici, 17.6.1950, Beamter der Temeswarer Konsumgenossenschaft, Todesstrafe, hingerichtet am 28.10.1950;
  12. Vidosa Nedici, 15.6.1950, Beamtin (eigentlich Mitarbeiterin der Securitate – Anm. d. Verf.), Todesstrafe, umgewandelt in lebenslange Zwangsarbeit.19Begnadigungsdekret vom 24. Oktober 1950. In: Auszug aus dem Urteil (ACNSAS, P 1143, vol. 15, Bl. 66).
Vidosa Nedici (Quelle: ACNSAS, P 1143, vol. 12, Bl. 335)
Vidosa Nedici (Quelle: ACNSAS, P 1143, vol. 12, Bl. 335)

Während der Gerichtsverhandlung legte Vida Nedici ein umfassendes Geständnis ab. So auch die anderen Angeklagten, die nach der Urteilsverkündung Berufung einlegten. Vida Nedici verzichtete auf eine derartige Eingabe. Nedici wurde, im Unterschied zu den beiden Mitangeklagten Milutinovici und Basler, die hingerichtet wurden,20Vollstreckung der Todesstrafe, Protokoll vom 28. Oktober 1950 (ACNSAS, P 1143, vol. 15, Bl. 32f.). begnadigt und die Todesstrafe in lebenslange Zwangsarbeit umgewandelt.

Nach Stalins Tod 1953 bahnte sich eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Jugoslawien und den anderen Ostblockländern an. 1955 begnadigte die Bukarester Führung alle, die als Tito-Spione verurteilt worden waren, so auch Vida Nedici. Womit sie sich nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis beschäftigte, ist nicht belegt. Bekannt ist nur, dass sie irgendwann nach ihrer Haftentlassung Rumänien verließ und 2009 in einer Belgrader Wohnung lebte. In einem Interview beteuerte sie, niemals irgendjemanden gefoltert zu haben.21Andrei Udișteanu: Femei de pază la porțile „Gulagului“ românesc [Wächterinnen an den Pforten des rumänischen „Gulag“]. In: Evenimentul zilei, 1. Juni 2009, http://evz.ro/femei-de-paza-la-portile-gulagului-romanesc-853115.html, 26.10.2019.

Erklärung der Beschuldigten Vidosa Nedici vom 4. Juli 195022Offenbar von Securitate-Mitarbeitern verfasste, maschinengeschriebene Erklärung, die auf teilweise verzerrt zusammengesetzten Auszügen fußt, die sich in den Darstellungen befinden, die Nedici nach ihrer Verhaftung handschriftlich aufgesetzt hatte. Ihre handschriftlichen Erklärungen befinden sich im 12. Band der Strafakte der „Tito-Spione“ (ACNSAS, P 1143, vol. 12), die insgesamt 25 Ordner umfasst. Übersetzung des Verfassers.


Unterzeichnete Nedici Vidosa, geboren am 4. Mai 1924 in der Gemeinde Becicherecul Mic, Kreis Timiș Torontal, besitze die rumänische Staatsbürgerschaft serbischer Nationalität, Tochter von Radivoi (verstorben) und Cristina, von Beruf Beamtin des Innenministeriums, Absolventin von IV Lyzealklassen, spreche Serbisch und Rumänisch, mangelhaft Russisch und Deutsch, letzter Wohnort in Bukarest, Dr. Listerstraße, Nr. 5, erkläre Folgendes:

Politisch habe ich mich früher nicht betätigt, seit 1943 unterstützte ich aktiv die Antifaschistische Bewegung der Partisanen, und 1946 wurde ich Mitglied der RKP, Aufnahmepromotion 1. Mai in Temeswar. Danach, im September 1946, besuchte ich einen 10-tägigen Kaderausbildungslehrgang, wurde als Beamtin des regionalen Eisenbahnamtes (C.F.R.23Rum. Căile Ferate Române, abgekürzt: C.F.R. – rumänische Eisenbahnverkehrsbetriebe.) eingestellt, arbeitete im Sekretariat; nach der Reorganisierung der regionalen Parteileitungen im März 1947 war ich in der Kaderabteilung der RKP-Kreisleitung Temeswar tätig.

Zum damaligen Zeitpunkt wohnte ich bei Liubița Marcovici in Temeswar, Ungureanustraße Nr. 14, die damals Aktivistin der Slawischen Organisation aus Temeswar war.

Im Haus von Liubița Marcovici verkehrten viele Serben, sowohl aus der FVRJ24Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs lautete der Landesname zunächst Demokratisches Föderatives Jugoslawien. Die Föderative Volksrepublik Jugoslawien (FVRJ) bestand von 1946 bis 1963, danach in Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien (SFRJ) umbenannt, 1991 in Teilrepubliken zerfallen. als auch von der Botschaft der FVRJ aus Bukarest – und im Allgemeinen Serben aus Rumänien, darunter auch Bojidar Stanoievici.25Bojidar (Boja) Stanoevici (auch Stanoievici geschrieben), geb. am 8. Oktober 1922 in Divici, Kreis Caraș, Schlosser im Temeswarer Eisenbahnwerk, aktiv in den in der Nachkriegszeit gegründeten slawischen Organisationen, Leiter der aus rumänienserbischen Freiwilligen zusammengesetzten Brigade „Jarco Despotovici“, die 1947 am Bau der Eisenbahnlinie šamac–Sarajevo teilgenommen hatte. (Jarco Despotovici war ein im Untergrund tätiger, rumänienserbischer Kommunist, der 1944 von einem Unterstützer der ultranationalistischen groß-serbischen Tschetnik-Bewegung unter Draža Mihailović ermordet wurde. Nach dem 23. August 1944 in Rumänien und in Jugoslawien als Märtyrerheld der kommunistischen Bewegung verehrt.) Boja war Mitarbeiter des jugoslawischen Geheimdienstes und koordinierte in Rumänien ein ausgedehntes Agentennetz, dem auch Vida Nedici angehörte. 1948 wurde er wegen nationalistischer Umtriebe vorübergehend festgenommen und von der Securitate als IM angeworben. Am 27. März 1950 wurde er erneut verhaftet und zusammen mit elf weiteren Personen – darunter auch Nedici – der Spionage bezichtigt und zu lebenslanger Zwangsarbeit verurteilt; 1955 begnadigt. (Siehe Erklärung von Stanoevici vom 12. Mai 1950, in: ACNSAS, P 1143, vol. 1, Bl. 234–240; sein Geständnis vom 1. August 1950, ebenda, vol. 4, Bl. 52–55v, sowie die Fußnoten in Ionuț Nistor: Procesul titoismului în România, 1950, [Der Prozess des Titoismus in Rumänien, 1950]. Iași: Editura Universității „Alexandru Ioan Cuza” 2015, S. 58–59). Stanoievici wurde während der Untersuchungshaft schwer misshandelt, was sogar in den Akten vermerkt ist (ACNSAS, P 1143, vol. 12, Bl. 260v, Bl. 298). Nachdem ich mit diesem im Oktober oder November 1946 mehrere Male gesprochen habe, schlug er mir vor, Informantin der O.Z.N.-a26Die Odjeljenje za zaštitu naroda (Abteilung für Volksschutz – serb. Одељење за заштиту народа) war zwischen 1944 und 1946 der offizielle Name der jugoslawischen Geheimpolizei. Nach ihrer Auflösung 1946 erhielt sie den Namen Uprava državne bezbednosti [Behörde der staatlichen Sicherheit], abgekürzt: UDB-a, serb. Управа државне безбедности. Parallel zur UDB-a entstand der Militärgeheimdienst Kontraobaveštajna služba, abgekürzt KOS (nach 1955 Organ bezbednosti, OB). Die OZN-a und UDB-a wurde von Aleksandar Ranković (1909–1983) geleitet. Ranković war jugoslawischer Innenminister und ab 1963 Vizepräsident Jugoslawiens und galt als potenzieller Nachfolger Josip Broz Titos (1892–1980). Nach der Absetzung von Ranković 1966 erhielt die UDB-a den Namen Služba državne bezbednosti [Staatssicherheitsdienst], abgekürzt: SDB. zu werden.

Ich habe den Vorschlag von Bojidar Stanoievici angenommen. Nachdem ich seinen Vorschlag akzeptiert hatte, bestellte mich Bojidar Stanoievici einige Tage später zu einem Treffen in der Nähe des Temeswarer elektrischen Wasserkraftwerks am Ufer des Begakanals, wo uns Dușco Iovanovici, Sekretär der Bukarester Botschaft der FVRJ, erwartete.

Eine weitere Begegnung mit Dușco Iovanovici hatte ich am nächsten Tag, an der gleichen Stelle; er sprach über die nachrichtendienstliche Arbeit der O.Z.N.-a, für die ich mich verpflichtet hatte zu arbeiten.

Nach den Zusammenkünften mit Dușco Iovanovici diktierte mir Boja eine Verpflichtungserklärung zur Mitarbeit in der O.Z.N.-a, die ich unterschrieb, und seinem Ansuchen entsprechend überreichte ich ihm etwas später – als meinem übergeordneten Verbindungsmann – auch meine Autobiografie. Von diesem Zeitpunkt an, also dem Datum meiner Anwerbung bis im Mai 1947, als ich als Beamtin in der Temeswarer Regional- und Kreisleitung der RKP tätig war, lieferte ich Boja Stanoievici Berichte mit verschiedenen Informationen, die ich von den Genossen gesammelt hatte, sowie Kopien der monatlichen Rechenschaftsberichte der regionalen Kreisparteileitung aus Temeswar. Die Berichte unterzeichnete ich mit dem Decknamen „Lipa“.

Wohl im Mai 1947 bestellte mich Boja Stanoievici zu einer Begegnung in das Haus von Todorovici Milan aus Temeswar II, wo ich Dușco Iovanovici und Milutinovici Nicola angetroffen habe und wo man mir mitteilte, dass ab nun mein zukünftiger, übergeordneter Verbindungsmann Milutinovici Nicola sein werde, dem ich dann später die gesammelten Informationen übermittelt habe.

Im Juli 1947 wurde ich dienstlich in die Regionalabteilung der Temeswarer Siguranța versetzt, von dort habe ich folgende Informationen übermittelt:

In der Zeit, als ich in der Abteilung 1 arbeitete, lieferte ich verschiedene Informationen, die ich von meinen Kollegen sammelte. Während meiner Tätigkeit als Daktylografin der Temeswarer Regionaldirektion der Securitate habe ich die auf Durchschlagpapier angefertigten Kopien der wöchentlichen Berichte weitergegeben, die an die Bukarester Generaldirektion der Volkssicherheit27Das war die erste offizielle Bezeichnung des Ende August 1948 gegründeten kommunistischen Staatssicherheitsdienstes – Direcția Generală a Securității Poporului, abgekürzt: D.G.S.P. 1950 umbenannt in Direcția Generală a Securității Statului (D.G.S.S.), Generaldirektion der Staatssicherheit. geschickt wurden.

Als Daktylografin der Mobilen Brigade der Temeswarer Regionaldirektion der Securitate lieferte ich Berichte über die Grenzübergänge, die ich als besonders wichtig einstufte.

Damals schrieb ich auf der Schreibmaschine auch die Berichte des stellvertretenden Leiters der Regionaldirektion der Securitate aus Temeswar, die an die Generaldirektion der Securitate nach Bukarest gingen; die meisten davon vervielfältigte ich mit Kohlepapier und übergab sie danach Milutinovici Nicola.

Die Informationen, die ich nicht auf Kohlepapier schreiben und wegschaffen konnte, lernte ich auswendig und diktierte sie meinem übergeordneten Verbindungsmann. In der Zeitspanne als ich mit Milutinovici in Verbindung stand, trug ich den Decknamen „Zina“. Die ganze Zeit über, in der ich in Verbindung zu Milutinovici stand, kam dieser zu mir nach Hause, in die Onițiu-Str. 5, wo ich ihm die gesammelten Informationen übergab. Unser Erkennungszeichen war der Satz „Das Wohnungsfenster ist geöffnet“, worauf er ein Tito gewidmetes Lied pfiff.

Milutinovici forderte mich auf, ihm die Namen der anglo-amerikanischen Informanten zu beschaffen, die der Temeswarer Regionaldirektion der Securitate bekannt sind, was mir aber nicht gelungen ist. Nach der Veröffentlichung der Resolution des Kominformbüros solidarisierte ich mich zum Schein mit den Kollegen aus der Temeswarer Regionaldirektion der Securitate, in Wirklichkeit aber blieb meine Einstellung bezüglich der Haltung des ZK der KPJ28Kommunistische Partei Jugoslawiens (KPJ), 1919 gegründet, organisierte während des letzten Weltkriegs die Partisanenbewegung und die Volksbefreiungsarmee, 1952 umbenannt in Bund der Kommunisten Jugoslawiens (BdKJ) – serb. Савез комуниста Југославије. Von 1937 bis 1980 war Tito Parteichef. unverändert, und wie bis dahin lieferte ich auch weiterhin Informationen.

Nach der Ankunft der Emigranten aus der FVRJ in der RVR29Rumänische Volksrepublik, RVR, rum. Republica Populară Română, RPR. Von 1965 bis 1989 Republica Socialistă România, RSR, Sozialistische Republik Rumänien, SRR. erteilte mir der Direktor der Temeswarer Regionaldirektion der Volkssicherheit den Auftrag, mich mit dieser Angelegenheit zu beschäftigen; darüber informierte ich auch Milutinovici Nicola.

Im Oktober 1948, als Bojidar Stanoievici zusammen mit einer Gruppe von Serben verhaftet wurde, setzte ich mich mit ihm in Verbindung, da mir bekannt war, dass er für die UDB-a30Uprava državne bezbednosti [Behörde der staatlichen Sicherheit]. gearbeitet hatte. Damals befand er sich in der Zelle Nr. 2 des Arrestes der Regionaldirektion der Volkssicherheit aus Temeswar. Mit dem Einverständnis des Untersuchungsbeamten von Boja habe ich diesen mit Lebensmitteln und Zigaretten versorgt.

Etwa einen Monat nach seiner Inhaftnahme entwarf ich zusammen mit Bojidar Stanoievici einen Plan seiner Flucht aus dem Arrest der Regionaldirektion der Volkssicherheit aus Temeswar. Laut diesem Plan sollte ich diesen in den Raum des diensthabenden Offiziers bringen. Zusammen sollten wir dann über den Zaun springen und in die FVRJ fliehen. Diesen Plan teilte ich auch meinem Verbindungsmann Milutinovici mit, der durch mich das Einverständnis von Boja, der sein übergeordneter Verbindungsmann war, einholen ließ. Milutinovici fragte mich nach den Fluchtmöglichkeiten und wollte wissen, ob Boja im Stande sei, zu Fuß zu gehen, und ob er Motorrad fahren könne. Wir vereinbarten als Auslöser für den Fluchttermin einen Telefonanruf von Milutinovici. Da mich Milutinovici nicht angerufen hatte, wurde der Ausbruch nicht durchgeführt. Wie der Grenzübertritt organisiert worden war, entzieht sich meiner Kenntnis, ebenso auch der Grund, warum keine Flucht über die Grenze stattgefunden hatte.

Weil davon ausgegangen werden konnte, dass die Generaldirektion der Volkssicherheit die Überstellung von Boja Stanoievici nach Bukarest anordnen könnte, erörterte ich dies auch mit Boja. Falls dies geschehen würde, wollten wir ihn aus dem Zug entführen. Um dies durchzuführen, kauften wir Schlafpulver, das er selber seinen Bewachern verabreichen sollte, vorausgesetzt er befände sich mit diesen allein in einem Zugabteil. Die anschließende Entführung aus dem Zug sollte dann mit Hilfe anderer Personen abgewickelt werden. Da ich in jenem Zeitraum häufig von Temeswar nach Bukarest reiste, hatte ich alles mit Bugarschi Sava, Offizier der Temeswarer Regionaldirektion der Volkssicherheit, besprochen. Im Falle meiner Abwesenheit sollte dieser das Schlafpulver Boja übergeben und die dem Vorhaben entsprechenden Bewacher benennen. Eine Überstellung von Boja an die Generaldirektion der Volkssicherheit nach Bukarest wurde jedoch nicht angeordnet. Ich habe mich mit Bugarschi abgesprochen, weil ich wusste, dass er den Standpunkt des ZK der KPJ vertrat.

Im Dezember 1948 wurde ich nach Bukarest bestellt, um in der Bukarester Generaldirektion der Volkssicherheit zu arbeiten und fuhr damals mehrere Male nach Temeswar, wo ich Milutinovici die gesammelten Informationen über die Emigranten übergab, während wir auf den Straßen spazierten. Es handelte sich um Informationen über kürzlich in der RVR eingetroffene Emigranten aus der FVRJ.

Da meine Versetzung nach Bukarest in die Generaldirektion der Volkssicherheit fortbestand, sagte mir Milutinovici, dass ich in Zukunft einen Bukarester Verbindungsmann haben werde, gleichzeitig teilte er mir das Kennwort und den Treffpunkt mit. Dies geschah, so glaube ich, im Februar 1949. Treffpunkt war die Vasile-Lascăr-Straße 100, wo ich jeden Morgen um 7 Uhr erscheinen musste; auf die Codefrage „Bist du aus Belgrad gekommen?“ sollte ich mit „Nein, ich bin aus Moskau gekommen“ antworten.

In der Zeit, als Milutinovici mein übergeordneter Verbindungsmann war, erhielt ich von diesem als Wohnhilfe monatlich zwischen 1000 und 1500 Lei.

Am festgelegten Ort und mit Hilfe der festgesetzten Parole traf ich den Genossen Baldjici Voia, Botschaftsbeamter der FVRJ, mit dem ich einen Begegnungstermin in der Armenească-Straße festlegte und von wo er mich in einem Wagen in eine Wohnung brachte, die sich rechts vom Generalissimus-Stalin-Platz befindet.

Ich glaube, dass in dieser Wohnung jemand von der Botschaft der FVRJ einquartiert war, denn an den Wänden erblickte ich ein Bild von Tito. Seither übermittelte ich die Informationen an eine Person, deren Namen und deren Funktion mir nicht bekannt waren und die mir Baldjici vorgestellt hatte. Ich erinnere mich, dass dieser Fremde, dessen Namen ich nicht in Erfahrung bringen konnte und der mich in der erwähnten Wohnung erwartet hatte, mir sagte, er sei aus Belgrad gekommen. Diese Person habe ich lediglich 4–5 Mal, immer in der Wohnung, getroffen. Den Gesprächen, die ich mit ihm führte, entnahm ich, dass er nicht in der besagten Wohnung lebte. Dieser Person übergab ich Informationen über die neu eingetroffenen Emigranten und besprach mit ihm gleichzeitig auch die Situation von Boja Stanoievici; bei dieser Gelegenheit erfuhr ich auch die Decknamen von Boja, „Mrgud“, und von Milutinovici, „Costea“. In den Gesprächen über Boja, die ich mit dieser Person führte, wurde mir gesagt, ich möge, um keinen Verdacht zu erregen, mich nicht mehr um Boja kümmern; gleichzeitig wurde ich auf die Tatsache aufmerksam gemacht, in Bugarschi Sava kein Vertrauen zu haben. Im Laufe einer der Begegnungen versprach er mir, einige Geschenke aus der FVRJ zu schicken; die Geschenke bestanden in zwei mit Volkstrachtmotiven bestickten, handgefertigten Blusen, die ich im Sommer 1949 von Bogdanovici Dobrița erhielt.

Weil dieser Unbekannte und Baldjici Voia in die FVRJ zurückkehren sollten, bestimmte einer von ihnen einen neuen Termin und Treffpunkt für die bevorstehende Kontaktaufnahme zu einem neuen Verbindungsmann.

Ich kam zum vereinbarten Zeit- und Treffpunkt, wo sich auch Bogdanovici Dobrița eingefunden hatte, der mich in seinem Wagen in seine links von der Fliegerstatue31Rum. statuia (monumentul) aviatorilor, Fliegerdenkmal in Bukarest. gelegene Wohnung brachte. Hier erwartete mich Rafai Drago, dem ich vorgestellt wurde und dem ich anschließend mitteilte, wer die neu in der RVR angekommenen Emigranten sind. Am Anfang traf ich Rafai Drago in der Wohnung von Bogdanovici, später nur in dem von Bogdanovici gelenkten Wagen, mit dem er durch verschiedene dunkle Bukarester Straßen fuhr; dabei hielt er ab und zu, wenn ich Rafai Drago meine Informationen diktierte, die er in der Dunkelheit aufschrieb.

Da wir nicht immer zu den festgelegten Terminen erscheinen konnten, gab uns Rafai Drago seine Telefonnummer, 1.20.38; wenn ich ihn anrief, benutzte ich das Kennwort „Ilie“ und bestellte ihn in die Botschaft. In solchen Fällen rief ich ihn um 4 Uhr nachmittags an, was so viel bedeutete, als dass wir uns noch am gleichen Tag um 22:30 Uhr an der vorher vereinbarten Stelle treffen sollten.

In der Zeitspanne von April 1949 – April 1950, in der ich mich mit Rafai Drago traf, trug ich den Decknamen „Teo“.

Während der ersten Begegnungen mit Rafai Drago unterrichtete mich dieser kurz über die innere und äußere Lage der FVRJ. Bei diesen Gelegenheiten gab er mir die Anweisung, in jeder Konstellation die „Tito-Clique“ zu entlarven, die Zeitung Scânteia und andere ideologische Schriften zu lesen, Artikel für die Wandzeitung zu verfassen und in den Sitzungen das Wort zu ergreifen. Gleichzeitig sagte er mir, ich möge untertauchen, sobald ich bemerken sollte, dass man mich überwache.

Im August 1949, als ich definitiv nach Bukarest in die Generaldirektion der Volkssicherheit versetzt wurde und dort als Übersetzerin bei den Verhören von Medici Nicola und Boșco Lațici, Beamte der Bukarest Botschaft der FVRJ, dabei war, habe ich den Erstgenannten ermuntert, nichts zu gestehen, da auch Lațici Boșco nichts ausgesagt hatte.

Als der Ermittlungsbeamte nicht anwesend war, habe ich ihm Essen zugesteckt. Über den Fortgang dieser Ermittlung habe ich auch mit Rafai Drago gesprochen.

Im November 1949 wurde ich von meinem Cousin Milutin Isac aus Cenadul Mare32Dt. Tschanad (früher auch: Raitzisch-Tschanad oder Groß-Tschanad), ung. Csanád (auch: Nagycsanád oder Rácz-Csanád), serb. Чaнaд. besucht, der zusammen mit einigen Bauern nach Bukarest gekommen war, um Knoblauch zu verkaufen. Ich habe diese Gelegenheit genutzt, um ihn zu fragen, ob er einen Grenzübertritt in der Nähe von Vălcani, Kreis Timiș Torontal, wo seine Schwiegereltern eine Ackerfläche besaßen, organisieren könnte, worauf er mir antwortete, dies sei sehr schwierig, aber er werde sich erkundigen, ob es irgendwelche Möglichkeiten gebe. Während der darauffolgenden Begegnung unterrichtete ich Rafai Drago, der von mir wissen wollte, ob er sich auf ihn [den Cousin – Anm. d. Verf.] verlassen könne; er bekam von mir seine Anschrift und den Erkennungscode – „was macht Vladimir“ –, den ich mit Milutin Isac festgelegt hatte. Ein Grenzübertritt, dachte ich, käme für Boja Stanoievici in Frage. Milutin schrieb ich einen Brief und verlangte von ihm einige unausgefüllte Ausweispapiere und Geburtsurkunden, die jene Personen benötigt hätten, weil sie die Absicht hatten, über die Grenze in die FVRJ zu gelangen, und zwar Boja und Milutinovici Nicola. Die Ausweise und Urkunden stammen aus dem Rathaus von Cenadul Mare, wo er [Milutin Isac – Anm. d. Verf.] als Beamter tätig war.

Am 7. Januar 1950 fuhr ich nach Temeswar, wo mich Boja Stanoievici erwartete, nachdem ich ihm zuvor geschrieben hatte, dass ich anlässlich der Feiertage nach Temeswar käme. Bei dieser Gelegenheit sagte er mir, dass auch Bugarschi Sava mit mir sprechen wolle, dabei versicherte er mir, ich könne mit diesem offen sprechen. Bugarschi erwartete mich im Hause seiner Eltern in der Straße Vlad de la Marina 1. Dieser fragte mich, ob ich etwas über seine Situation innerhalb der Bukarester Generaldirektion der Volkssicherheit erfahren habe; gleichzeitig sagte er mir, ich möge Paulevici Slobodan, Emigrant aus der FVRJ, mitteilen, falls er von unseren Behörden befragt werde, möge er erklären, dass Bugarschi nur bis zum 6. März 1945 in Rumänien nachrichtendienstlich tätig gewesen sei. Nachdem ich mich von Bugarschi getrennt hatte, traf ich erneut Boja, der mir sagte, er sei in Bukarest gewesen, wo er eine Begegnung mit Bogdanovici Rafai von der Bukarester Botschaft der FVRJ hatte und mit diesem über seine Situation gesprochen habe.

Am 8. Januar 1950 telefonierte ich mit Milutin Isac und bestellte ihn nach Becicherec. Während dieser Begegnung erhielt ich die von ihm verlangten notwendigen Ausweise und Geburtsurkunden, die für die bestimmt waren, die die Absicht hatten, die Grenze zu überschreiten. Als ich am 8. Januar 1950 wieder zurück nach Temeswar fuhr, traf ich Boja Stanoievici, dem ich bei dieser Gelegenheit Einzelheiten über meine Tätigkeit mitteilte sowie Informationen über verhaftete Serben zukommen ließ, gegen die die Generaldirektion der Volkssicherheit ermittelte.

Damals sagte ich ihm auch, dass mein Cousin aus Cenadul Mare ihren Grenzübertritt organisiert.

Während meiner letzten Begegnung mit Rafai Drago im April 1950 sagte mir dieser, er ginge zurück in die FVRJ, teile mir aber das Codewort mit, für die Kontaktaufnahme mit der neuen Verbindungsperson an der vereinbarten Stelle und an dem abgemachten Datum. Die Kontaktaufnahme zum neuen Verbindungsmann sollte vor dem Lebensmittelladen in der Nähe der Militärhochschule in Cotroceni abends zwischen 9 und 10 Uhr an jedem ersten Sonntag des Monats zustande kommen; der Erkennungssatz lautete „Wo ist der Carol-Park?“, worauf ich mit dem Satz antworten sollte: „Ich weiß, wo der Carol-Park ist“ […].

Ebenfalls im April 1950, als ich zu Ostern in Temeswar war, traf ich mich mit Milutinovici Nicola, dem ich mitteilte, Boja Stanoievici und Bugarschi bei der Generaldirektion der Volkssicherheit in Bukarest gesehen zu haben; [ich erzählte ihm] über die menschenfreundliche Behandlung der Gefangenen und sagte ihm, keine Verbindungsperson mehr zu haben. Ich sagte ihm auch, dass man wahrscheinlich auch Boja Stanoievici und Bugarschi Sava vor Gericht stellen werde.

Anfang Juni 1950 kam Olga Martinov zu mir und ich bat sie, ohne zusätzliche Erklärungen Milutin Isac mitzuteilen, dass unsere Absprache in Bezug auf Vladimir gültig sei. Das Codewort „Vladimir“ stand für Grenzübertritt.

Anfang 1949 übergab mir Olga Martinov aus Temeswar VI, Mihnea-Vodă-Str. 31, einen Brief, den sie von Sapunghin Danița aus Cenadul Mare, Kreis Timiș Torontal, erhalten hatte. Da ich den Brief nicht entziffern konnte, übergab ich ihn meinem Verbindungsmann Milutinovici Nicola; dieser mahnte zur Vorsicht und riet mir, in Zukunft keine Briefe entgegenzunehmen, da es sich um Provokationen handeln könnte, was ich meinerseits dann auch Martinov Olga empfohlen habe. Ich kenne weder den Inhalt noch den Absender des Briefes, da ich ihn nicht entziffern konnte.

Während meiner Tätigkeit als Beschafferin von Informationen, beginnend mit dem Tag meiner Anwerbung bis April 1950, als ich keine Verbindungsperson mehr hatte, schöpfte ich alle meine Arbeitskollegen ab, die mir dabei unwissentlich behilflich waren.

Das ist meine Erklärung, die ich abgebe, aufrecht erhalte und eigenhändig unterzeichne.

(gez.) Vidosa Nedici, Bukarest, 4. Juli 1950.

ACNSAS, P 1143, vol. 1, Bl. 376–381.

Fortsetzung folgt

William Totok, geb. am 21.04 1951 in Groß-Komlosch/Comloșu Mare (Rumänien); Studium der Germanistik und Rumänistik in Temeswar; Gründungsmitglied der „Aktionsgruppe Banat“ (1972–1975); politische Haft wegen „Verbreitung staatsfeindlicher Gedichte“ (1975–1976); lebt seit 1987 als freischaffender Schriftsteller und Publizist in Berlin. Er ist seit 1992 Mitglied des Redaktionsbeirates, seit 1994 Mitglied der Redaktion.


[1]       Für die ersten drei Kapital dieses Beitrags siehe die Druckfassungen: William Totok: Ambivalente Lebensläufe. Securitateoffiziere zwischen Verklärung und Sachlichkeit. In: Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur und Politik, 28 (2016) H. 1–2, S. 61–82; vgl. auch: Studia Germanica Napocensia, Bd. 5: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders.“ In: Rudolf Gräf, Gabriella-Nóra Tar, Ioana Florea (Hgg.): Festschrift für Eginald Schlattner zum 85. Geburtstag. Klausenburg: Universitätsverlag 2018, S. 19–46.

[2]       Vgl. Doina Jela: Lexiconul negru. Unelte ale represiunii comuniste [Schwarzes Lexikon. Werkzeuge der kommunistischen Repression]. Bukarest: Humanitas Verlag 2001, S. 57f., S. 134, S. 191f. Einen ebenfalls irreführenden Hinweis auf Nedici enthält ein vom Landesinstitut für das Studium des Totalitarismus herausgegebenes Nachschlagewerk. Ohne weitere Einzelheiten zu nennen, ist darin ein Foto von Nedici veröffentlicht, unter dem folgender Text steht: „Vida (Vidosava) Nedici (geb. 1923) [sic!], bekannt für ihre groben Ermittlungsmethoden. Verhaftet 1950 wegen Spionage.“ Vgl. Florian Banu, Flori Bălănescu, Cristian Troncotă: Anchetator [Ermittler]. In: Octavian Roske (Hg.): România 1945–1989. Enciclopedia regimului comunist. Represiunea A–E [Rumänien 1945–1989. Enzyklopädie des kommunistischen Regimes. Repression A–E]. București: Institutul Național pentru Studiul Totalitarismului 2011, S. 80–88, hier: S. 83.

[3]       Vgl. Erklärung von Nicolae Ighișan vom 11. September 1950, ACNSAS, P 1143, vol. 13, Bl. 99–101.

[4]       Einzelheiten zur politischen Biografie Ighișans in: William Totok, Elena Irina Macovei: Între mit și bagatelizare. Despre reconsiderarea critică a trecutului, Ion Gavrilă Ogoranu și rezistența armată anticomunistă din România [Zwischen Mythos und Verharmlosung. Über die kritische Vergangenheitsbewältigung, Ion Gavrilă Ogoranu und den bewaffneten, antikommunistischen Widerstand in Rumänien]. Iași: Polirom 2016, S. 273, S. 286f., S. 289, S. 291.

[5]       Vgl. dazu die Schilderungen aus der Haft in den Memoiren von Nestor Chioreanu: Morminte vii [Lebende Gräber]. Vorwort und herausgegeben von Marius Cristian. Iași: Institutul European 1992, S. 119–123.

[6]       Siehe die Erklärung vom 4. Juli 1950, deren Wortlaut wir im Anhang vollständig veröffentlichen (ACNSAS, P 001143, Bl. 376–381).

[7]       Gemeinde im rumänischen Banat, im heutigen Kreis Temesch (rum. Timiș), nordwestlich von Temeswar; dt. Kleinbetschkerek, serb. Мали Бечкерек/Mali Bečkerek, ung. Kisbecskerek.

[8]       Vgl. Miodrag Milin, Andrei Milin: Sârbii din România. Documentar și studii despre remodelarea identitară [Die Serben aus Rumänien. Dokumentation und Studien über die identitäre Umformung]. Einleitende Texte von Mihai Spăriosu und Bata Marianov. Nachwort von Josef Wolf. Târgoviște: Editura Cetatea de Scaun 2017, S. 25.

[9]       Siehe Phyllis Auty: Tito. Staatsmann aus dem Widerstand. Übersetzt aus dem Englischen von Josef Trimmel. Vorwort von Ernst Fischer: Erinnerung und Bekenntnis. München, Gütersloh, Wien: C. Bertelsmann Verlag 1972, S. 228f.

[10]      Kommunistische Partei Rumäniens (KPR); bis 1944, danach Rumänische Kommunistische Partei (RKP), 1948 in Rumänische Arbeiterpartei (RAP) umbenannt, 1965 erneut Rumänische Kommunistische Partei (RKP), 1989 aufgelöst.

[11]      Auch gegen die Deutsche Antihitleristische Organisation (DAO) wurde damals seitens der rumänischen Behörden der paradoxe Vorwurf erhoben, eine nationalistische Tarnorganisation zu sein. Im Sommer 1945 erfolgte das Verbot der DAO, die offiziell Ende August 1944 gegründet wurde und aus den während der Militärdiktatur Antonescus im Untergrund tätigen Zellen linksgerichteter rumäniendeutscher Antifaschisten hervorgegangen war. (Vgl. William Marin: Kurze Geschichte der Banater Deutschen. Mit besonderer Berücksichtigung ihrer Beziehungen zur rumänischen Bevölkerung und ihrer Einstellung zur Vereinigung von 1918. Temeswar: Facla Verlag 1980, S. 182–184, S. 191; Hannelore Baier: Die Deutschen in Rumänien in den Jahren 1945 bis 1948. In: Mariana Hausleitner (Hg.): Vom Faschismus zum Stalinismus. Deutsche und andere Minderheiten in Ostmittel- und Südosteuropa 1941–1953. München: IKGS Verlag 2008, S. 173–180, hier: S. 173).

[12]      Vgl. Milin: Sârbii din România, S. 32f. Siehe auch die Erklärung von Miloș Todorov vom 16. Mai 1950, in der vom Verbot der Front die Rede ist, aus der sofort die Nachfolgeorganisation, der Demokratische Slawische Kulturverband aus Rumänien, hervorgegangen war (ACNSAS, P 1143, vol. 1, Bl. 35–39). Todorov war 1946 und 1948 Abgeordneter im rumänischen Parlament und wurde 1950 zusammen mit elf Angeklagten (darunter befand sich auch Vidosa Nedici) in einem spektakulären Schauprozess als Spion und Hochverräter zu lebenslanger Zwangsarbeit verurteilt.

[13]      Zamfir Brumaru: Procesul grupului de spioni și trădători în slujba serviciului de spionaj al clicii fasciste a lui Tito [Prozess der Gruppe von Spionen und Verrätern im Dienst der Spionage der faschistischen Tito-Clique]. In: Scânteia, 19. Jg. vom 2. August 1950, S. 1, S. 3. Die Zeitung war das Zentralorgan der Rumänischen Arbeiterpartei (RAP). [Übersetzung durch den Autor.]

[14]      Der hohe rumänische Parteifunktionär Leonte Răutu kommentierte die Resolution in einem im stalinistischen Sprachduktus verfassten Artikel, siehe Leonte Răutu: Despre rezoluția Biroului Informativ asupra situației din Partidul Comunist din Iugoslavia [Über die Resolution des Informationsbüros bezüglich der Lage in der Kommunistischen Partei Jugoslawiens]. In: Scânteia, 17. Jg. Nr. 1158, 1. Juli 1948, S. 1, S. 4, S. 6.

[15]      Eine zweite Jugoslawien-Resolution folgte im November 1949 und wurde den Kominform-Mitgliedern von der rumänischen Parteiführung unter dem Titel „Die Kommunistische Partei Jugoslawiens in der Gewalt von Mördern und Spionen“ vorgestellt. Siehe: „Partidul Comunist din Iugoslavia în mâiinile unor asasini și spioni. Raport prezentat la Consfătuirea Biroului Informativ al partidelor comuniste care a avut loc în a doua jumătate a lunii Noembrie 1949“. In: Gheorghe Gheorghiu-Dej: Articole și cuvântări [Artikel und Reden]. București: Editura Partidului Muncitoresc Român 1951, S. 349–366. (Der Text ist ursprünglich in der Zeitung Scânteia vom 6. Dezember 1949, S. 3f., erschienen.)

[16]      Zum Beispiel Leutnant Dobrivoi Stanoev (auch Stanoiev), Leutnant Sava Bugarschi, Unterleutnant Gheorghe Stoicovici, Oberfeldwebel Victor (Vitomir) Dobrici, Unterleutnant Sava Jivoinov, Unterleutnant Jiva Dimitrovici (vgl. Protokoll vom 15. Oktober 1950 mit den Securitate-Leuten, die der Spionage verdächtigt wurden, unterzeichnet vom Securitate-Ermittler, Hauptmann Adrian Cociu, ACNSAS, P 1143, vol. 13. Bl. 2–5), Chef der Polizei aus Oravița und ab 1949 stellvertretender Leiter der Regionaldirektion der Securitate aus Iași, Aurel Ceia (vgl. undatiertes, maschinengeschriebenes Referat mit den Einzelheiten über die Spionagetätigkeit mehrerer Securitate-Offiziere, verfasst von Hauptmann Adrian Cociu, ebenda, Bl. 14–18). Siehe auch die 3 Seiten der maschinengeschriebenen Erklärung von Bojidar (Boja) Stanoievici vom 24. Juni 1950 bezüglich der „Securitateleute serbischer Nationalität“ (ACNSAS, P 1143, vol. 14, Bl. 318–320).

[17]      Zum Prozessauftakt wurden alle zwölf Angeklagten auf Seite 1 in der Parteizeitung Scânteia vom 1. August 1950 namentlich erwähnt, des Hochverrats und der Spionage für die „faschistische Titoclique aus Belgrad“ bezichtigt.

[18]      Urteil Nr. 1118/1950, ACNSAS, P 1143, vol. 4, Bl. 113–138. Für weitere Einzelheiten zu den Beschuldigungen siehe auch: Einleitendes Referat des Militärstaatsanwalts, Major Nicolae Popescu, fertiggestellt am 10. Juli 1950, ebenda, Bl. 2–34.

[19]      Begnadigungsdekret vom 24. Oktober 1950. In: Auszug aus dem Urteil (ACNSAS, P 1143, vol. 15, Bl. 66).

[20]      Vollstreckung der Todesstrafe, Protokoll vom 28. Oktober 1950 (ACNSAS, P 1143, vol. 15, Bl. 32f.).

[21]      Andrei Udișteanu: Femei de pază la porțile „Gulagului“ românesc [Wächterinnen an den Pforten des rumänischen „Gulag“]. In: Evenimentul zilei, 1. Juni 2009, http://evz.ro/femei-de-paza-la-portile-gulagului-romanesc-853115.html, 26.10.2019.

[22]      Offenbar von Securitate-Mitarbeitern verfasste, maschinengeschriebene Erklärung, die auf teilweise verzerrt zusammengesetzten Auszügen fußt, die sich in den Darstellungen befinden, die Nedici nach ihrer Verhaftung handschriftlich aufgesetzt hatte. Ihre handschriftlichen Erklärungen befinden sich im 12. Band der Strafakte der „Tito-Spione“ (ACNSAS, P 1143, vol. 12), die insgesamt 25 Ordner umfasst. Übersetzung des Verfassers.

[23]      Rum. Căile Ferate Române, abgekürzt: C.F.R. – rumänische Eisenbahnverkehrsbetriebe.

[24]      Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs lautete der Landesname zunächst Demokratisches Föderatives Jugoslawien. Die Föderative Volksrepublik Jugoslawien (FVRJ) bestand von 1946 bis 1963, danach in Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien (SFRJ) umbenannt, 1991 in Teilrepubliken zerfallen.

[25]      Bojidar (Boja) Stanoevici (auch Stanoievici geschrieben), geb. am 8. Oktober 1922 in Divici, Kreis Caraș, Schlosser im Temeswarer Eisenbahnwerk, aktiv in den in der Nachkriegszeit gegründeten slawischen Organisationen, Leiter der aus rumänienserbischen Freiwilligen zusammengesetzten Brigade „Jarco Despotovici“, die 1947 am Bau der Eisenbahnlinie šamac–Sarajevo teilgenommen hatte. (Jarco Despotovici war ein im Untergrund tätiger, rumänienserbischer Kommunist, der 1944 von einem Unterstützer der ultranationalistischen groß-serbischen Tschetnik-Bewegung unter Draža Mihailović ermordet wurde. Nach dem 23. August 1944 in Rumänien und in Jugoslawien als Märtyrerheld der kommunistischen Bewegung verehrt.) Boja war Mitarbeiter des jugoslawischen Geheimdienstes und koordinierte in Rumänien ein ausgedehntes Agentennetz, dem auch Vida Nedici angehörte. 1948 wurde er wegen nationalistischer Umtriebe vorübergehend festgenommen und von der Securitate als IM angeworben. Am 27. März 1950 wurde er erneut verhaftet und zusammen mit elf weiteren Personen – darunter auch Nedici – der Spionage bezichtigt und zu lebenslanger Zwangsarbeit verurteilt; 1955 begnadigt. (Siehe Erklärung von Stanoevici vom 12. Mai 1950, in: ACNSAS, P 1143, vol. 1, Bl. 234–240; sein Geständnis vom 1. August 1950, ebenda, vol. 4, Bl. 52–55v, sowie die Fußnoten in Ionuț Nistor: Procesul titoismului în România, 1950, [Der Prozess des Titoismus in Rumänien, 1950]. Iași: Editura Universității „Alexandru Ioan Cuza” 2015, S. 58–59). Stanoievici wurde während der Untersuchungshaft schwer misshandelt, was sogar in den Akten vermerkt ist (ACNSAS, P 1143, vol. 12, Bl. 260v, Bl. 298).

[26]      Die Odjeljenje za zaštitu naroda (Abteilung für Volksschutz – serb. Одељење за заштиту народа) war zwischen 1944 und 1946 der offizielle Name der jugoslawischen Geheimpolizei. Nach ihrer Auflösung 1946 erhielt sie den Namen Uprava državne bezbednosti [Behörde der staatlichen Sicherheit], abgekürzt: UDB-a, serb. Управа државне безбедности. Parallel zur UDB-a entstand der Militärgeheimdienst Kontraobaveštajna služba, abgekürzt KOS (nach 1955 Organ bezbednosti, OB). Die OZN-a und UDB-a wurde von Aleksandar Ranković (1909–1983) geleitet. Ranković war jugoslawischer Innenminister und ab 1963 Vizepräsident Jugoslawiens und galt als potenzieller Nachfolger Josip Broz Titos (1892–1980). Nach der Absetzung von Ranković 1966 erhielt die UDB-a den Namen Služba državne bezbednosti [Staatssicherheitsdienst], abgekürzt: SDB.

[27]      Das war die erste offizielle Bezeichnung des Ende August 1948 gegründeten kommunistischen Staatssicherheitsdienstes – Direcția Generală a Securității Poporului, abgekürzt: D.G.S.P. 1950 umbenannt in Direcția Generală a Securității Statului (D.G.S.S.), Generaldirektion der Staatssicherheit.

[28]      Kommunistische Partei Jugoslawiens (KPJ), 1919 gegründet, organisierte während des letzten Weltkriegs die Partisanenbewegung und die Volksbefreiungsarmee, 1952 umbenannt in Bund der Kommunisten Jugoslawiens (BdKJ) – serb. Савез комуниста Југославије. Von 1937 bis 1980 war Tito Parteichef.

[29]      Rumänische Volksrepublik, RVR, rum. Republica Populară Română, RPR. Von 1965 bis 1989 Republica Socialistă România, RSR, Sozialistische Republik Rumänien, SRR.

[30]      Uprava državne bezbednosti [Behörde der staatlichen Sicherheit].

[31]      Rum. statuia (monumentul) aviatorilor, Fliegerdenkmal in Bukarest.

[32]      Dt. Tschanad (früher auch: Raitzisch-Tschanad oder Groß-Tschanad), ung. Csanád (auch: Nagycsanád oder Rácz-Csanád), serb. Чaнaд.

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