Jüdische Überlebende des Holocaust

Neubeginn in der kommunistischen Gesellschaft Jugoslawiens

Anna Grünfelder

In den ersten beiden Nachkriegsjahren kehrten aus dem Deutschen Reich und den von ihm besetzten Ländern mehrere Tausend jüdische Überlebende der Konzentrations- und Vernichtungslager aus Jugoslawien in ihre Heimat zurück.1Hrvatski Državni arhiv Zagreb (i. F.: HR-HDA; Kroatisches Staatsarchiv Zagreb), Privatarchiv Rudi Supek, Bestands-Nr. 1578, darin finden sich die Nummern 1–20 des Bulletins des Jugoslawischen Lagerkomitees Buchenwald „Naš glas“ („Unsere Stimme“), siehe hier Nr. 7 vom 30.5.1945, Blatt 3. – Rudi Supek (1913–1993) war ein Zagreber Soziologe, der im Jänner 1943 in Paris, wo er als Student in der Resistance mitarbeitete, von der Gestapo gefasst und in das KZ Buchenwald eingeliefert wurde. Rückkehrer kamen auch aus den ehemals italienischen Besatzungsgebieten, wohin sich ab Mai 1941 zwischen 3.000 und 4.000 Jüdinnen und Juden aus ganz Jugoslawien und ungefähr 200 nach Jugoslawien geflüchtete Juden aus dem Deutschen Reich und seinen besetzten und annektierten Ländern gerettet hatten. Aus dem Küstenland und Dalmatien wurden diese Jüdinnen und Juden in italienische Internierungslager verbracht. Mehr als 200 dieser ehemals italienischen Internierten waren aber nach der deutschen Besetzung Dalmatiens und der Inseln den Deutschen in die Hände gefallen und über das Triester Konzentrationslager Risiera di San Sabba nach Osten deportiert worden. Nur vereinzelt meldeten sich Überlebende nach dem Krieg in ihrer Heimat zu Wort.2Edita Armut (verheiratete Kašiković, *1922 in Banja Luka, † [?] in Zagreb) geriet als Internierte des italienischen Lagers Kampor (Insel Rab) 1944 über Triest nach Auschwitz, siehe Edit Kašiković: Everyone carries their own fate with them – Svako svoju sudbinu nosi sa sobom. In: Aleksandar Gaon (Hg.), Steve Agnew u. a. (Mitarb.): We Survived. Yugoslav Jews on the Holocaust. Hg. vom Savez jevrejskih opština Srbije / Federation of Jewish Communities in Serbia. Beograd 2001, ˂http://www.jevrejskadigitalnabiblioteka.rs/handle/123456789/803/browse?type=author&value=Ka%C5%A1ikovi%C4%87+Armut%2C+Edita˃, 20.1.2021. – Biografische Daten: Ivo Goldstein (Hg.): Židovski biografski leksikon on-line [Jüdisches biographisches Lexikon]. Hrvatski leksikografski zavod „Miroslav Krleža“ [Kroatisches Lexikographisches Institut „Miroslav Krleža“]. Zagreb 2017, ˂https://www.lzmk.hr/˃, 16.3.2021. Bei allen biografischen Daten stütze ich mich auf dieses Lexikon; i. F.: Jüdisches biographisches Lexikon. Als nach der Kapitulation Italiens im Sommer 1943 die italienischen Internierungslager mit Juden geöffnet wurden und die Internierten sich selbst überlassen blieben, schlugen sich jugoslawische Juden vor der deutschen Besetzung Italiens zu den italienischen Partisanen durch und wurden von ihnen auf jugoslawisches Territorium geschleust. Dort traten sie zu den jugoslawischen Partisanen über.3So der aus Italien repatriierte Partisan Veljko Auferber aus Osijek; siehe Branka Cimermanović: Moja majka Ljerka Auferber [Meine Mutter Ljerka Auferber]. In: Jasminka Domaš (Red.): Glasovi, sjećanja, život. Prilog istraživanju povijesti židovskih obitelji [Stimmen, Erinnerungen, Leben. Beitrag zur Erforschung der Geschichte jüdischer Familien]. Zagreb 2015, S. 15–28. Veljko Auferber war der Ehemann von Ljerka Auferber, Branka Cimermanović ist deren Tochter. Ebenfalls in Italien internierte jugoslawische Jüdinnen und Juden wurden nach der Kapitulation Italiens von den Alliierten gemeinsam mit der vor der deutschen Besatzung flüchtetenden Zivilbevölkerung Jugoslawiens ab September 1943 in ehemals britische Militärlager in Nordafrika eingewiesen und von dort 1945/46 repatriiert.4Anna Grünfelder: „Displaced Persons“ aus Jugoslawien. Repatriierung und Reintegration seit 1945. In: Südost-Forschungen 74. Regensburg 2015, S. 73–110, hier: S. 95.

Staatlich organisierte Repatriierungstransporte gab es aus Italien und der Schweiz nach Jugoslawien.

Die Zahl der jüdischen Rückkehrer nach Jugoslawien wird – je nach Definition des Begriffes „jüdisch“ – auf neun- bis zwölftausend Personen angesetzt. Das sind etwa zehn Prozent der Gesamtzahl jugoslawischer Juden vor dem Krieg. Von diesen wanderten im Rahmen der jugoslawischen Alija5Alija (Aliyah) bezeichnet im Judentum generell die Rückkehr von Juden in das Land Israel. Zur jugoslawischen Aliyah bet‘: Mladenka Ivanković: Jevreji Jugoslavije 1944–1953 [Die Juden Jugoslawiens 1944–1953]. Beograd 2006, S. 199–206; Melita Švob: Židovi Hrvatske i Izrael. Osvrt [Die Juden Kroatiens und Israel. Eine Reflexion]. In: Migracijske teme [Migrationsthemen], Nr. 13. Zagreb 1997, S. 363–392. – Beispiele: Sonja Makek [auch Sonja Bar-Sela nach ihrem zweiten Ehemann]: Povijest moje obitelji [Geschichte meiner Familie]. In: Domaš (Red.): Glasovi, S. 81–190; Dan Bar-Sela: Sin stijene [Sohn des Felsens]. In: ebenda, S. 199–211. Sonja Makek [Bar Sela], geb. Keršner, *1945 in Zagreb; keine Angaben über ihren zweiten Ehemann Dan (Dragutin) Bar-Sela im Jüdischen biographischen Lexikon, nach persönlicher Information des Genannten *1928 in Zagreb. von 1948 bis 1952 circa 7.000 Juden nach Israel aus.6Emil Kerenji: Jewish Citizens of Socialist Yugoslavia. Politics of Jewish Identity in a Socialist State, 1944–1974. Diss. University of Michigan, 2008, S. 183.

Die vorliegende Studie sucht Antworten auf die Frage, was die kommunistischen Behörden Jugoslawiens zur Reintegration der Heimkehrer unternommen haben und wie sie die Überlebenden des Holocaust empfingen und weiterhin behandelten. Damit wird auch der Frage nachgegangen, welche Bedeutung in Jugoslawien der nationalsozialistischen „Endlösung“ beigemessen wurde: Das kommunistische Regime reduzierte die Geschichte des deutschen Besatzungsregimes in Jugoslawien auf seinen Krieg gegen die „Volksbefreiungsbewegung“, die Anstiftung zum Krieg der jugoslawischen Nationaliäten gegeneinander und den Sieg der Partisanen über diese Kräfte. Die Verfolgung der jugoslawischen Juden rückte erst in das Bewusstsein der jugoslawischen Bevölkerung, als im Jerusalemer Eichmann-Prozess auch jugoslawische Jüdinnen und Juden als Zeugen der Verfolgung der Juden in Jugoslawien auftraten.7Solveg Sasson: Čovjek u svjetlom odijelu [Der Mann im hellen Anzug]. In: Domaš (Red.): Ako tebe zaboravim. Prilog istraživanju povijesti židovskih obitelji [Wenn ich dich vergesse. Beitrag zur Erforschung der Geschichte jüdischer Familien]. Zagreb 2018, S. 71–91, hier: S. 89. Die Familie des Fabrikanten Mario Sasson, der in Auschwitz ums Leben kam, erfuhr davon erst aus den Transkripten des Eichmann-Prozesses und den jugoslawischen Medien, die wegen der jugoslawischen Zeugen ausführlich über den Prozess berichteten. Eichmann soll demnach persönlich die Deportation des Unternehmers und Fabrikanten Mario Sasson und seiner ganzen Familie „nach dem Osten“ gefordert haben, weil sich Mario Sasson geweigert haben soll, Kohle aus Jugoslawien statt in die Schweiz ins Deutsche Reich zu liefern. Als Fazit ergibt sich, dass die Überlebenden des Holocaust zwar zur Rückkehr aufgefordert wurden (anders als in den anderen von der deutschen Besetzung befreiten Ländern, speziell Österreich), ihre Erfahrungen aber keine besondere Bewertung und Berücksichtigung in der Gesetzgebung und Praxis fanden. Der vorliegende Beitrag führt die Untersuchungen der Autorin fort, die sie im Aufsatz „,Displaced Personsʻ aus Jugoslawien. Repatrierung und Reintegration seit 1945“8Vgl. Anm. 4. begonnen hat. Darin geht es um die Vielfalt der Kategorien jugoslawischer „Displaced Persons“ (DPs) und ausländischer „DPs“ und die Modalitäten ihrer Repatriierung.

Wie ging es mit den jugoslawischen Überlebenden weiter?

Die Literatur zur Judenverfolgung in Jugoslawien9Harriet Pass Freidenreich: The Jews of Yugoslavia. A Question for Community. Jewish Pubn Society. Philadelphia 1979, S. 179f. (ebenso wie außerhalb Jugoslawiens10Marija Vulesica: Die Ermordung der Juden in den jugoslawischen Gebieten 1941–1945. In: Đorđe Tomić, Roland Zschächner, Mara Puškarević u. a. (Hgg.): Mythos Partisan. Münster 12013, S. 90–109. und in seinen Nachfolgestaaten11Ivo Goldstein: Holokaust u Zagrebu [Der Holocaust in Zagreb]. Zagreb 2001, S. 649.) endet mit dem 8. Mai 1945. Die Zeit danach wird als „Übergangsphase“, als „Anfang vom Ende des jugoslawischen Judentums“, betrachtet. Hat das kommunistische Jugoslawien die überlebenden Juden zur Auswanderung gezwungen, wie die UdSSR? Oder hat es ihnen Lebensmöglichkeiten in Aussicht gestellt, so dass sich Auswanderungswillige entschieden, doch zu bleiben,12Beispiel: Der Osijeker Großindustrielle Makso Herman, siehe Vilim Herman: Kronika obitelji Herman [Chronik der Familie Herman]. In: Domaš (Red.): Glasovi, S. 119–127, hier: S. 125f. Vilim Herman, *1949 in Osijek. Zu seinem Vorfahren Makso gibt es keine Angaben im Jüdischen biographischen Lexikon. und Ausgewanderte nach Jugoslawien zurückkehrten?13Beispiele: Makek [Bar-Sela]: Povijest, S. 205; Slavko Goldstein: 1941: Godina koja se vraća [1941: Das Jahr, das sich wiederholt]. Zagreb 22007, S. 497. Weitere Beispiele gibt es auch in den Akten der Repatriierungskommission, vorhanden in: HR-HDA-1522, Faszikel 2. Heimkehrer aus Israel nach Rijeka und Split. Wie behandelte das kommunistische Jugoslawien seine Rückkehrer, und welche Behandlung konnte die Menschen entweder zur Auswanderung oder zum Verbleib motivieren? Für eine Untersuchung dieser Fragen bieten sich als Zeitrahmen die Jahre von 1945 bis 1948/49 an, als die Entscheidung über Bleiben oder Gehen zu treffen war. In diesen Jahren hatten die Heimkehrer sich in ein kommunistisches System und in ein vom Krieg schwer gezeichnetes Land zu integrieren, dessen Landwirtschaft, Industrie und Verkehrswege zerstört waren, das circa zehn Prozent seiner Bevölkerung, 1,7 Millionen Menschen, im Krieg verloren hatte und dessen Bevölkerung von der Nothilfe- und Wiederaufbauverwaltung der Vereinten Nationen (UNRRA) in der Hungersnot unterstützt wurde. Nicht nur ihre Erfahrungsberichte,14Trilogie Jasminka Domaš (Red.): Glasovi, sježanja, život [Stimmen, Erinnerungen, Leben]. Zagreb 2015 (= 1. Band); Obitelji [Familien]. Zagreb 2016 (= 2. Band); Ako Tebe zaboravim [Wenn ich dich vergesse]. Zagreb 2018 (= 3. Band); Untertitel aller drei Bände: Prilog za istraživanje povijesti židovskih obitelju [Beitrag zur Erforschung der Geschichte jüdischer Familien]. sondern auch die Akten der Behörden, die mit der Repatriierung von Überlebenden befasst waren,15Zemaljska komisija za repatrijaciju [Landesrepatriierungskommission], HR-HDA-1522, ZKRH); Ministarstvo socijalnog staranja [Ministerium für Sozialfürsorge], HR-HDA-296 MSS NRH; HR-HDA-283, Ministarstvo financija Narodne Republike Hrvatske [Finanzministerium der Volksrepublik Kroatien], MF NRH; HR-HDA-313, Zemaljska uprava narodnih dobara [Landesverwaltung von Volksvermögen], ZUND; HR-HDA-306, Zemaljska komisija za utvrđivanje zločina okupatora i njihovih pomagača [Landeskommission zur Ermittlung von Kriegsverbrechen der Besatzer und ihrer Kollaborateure], ZKRZ. Das Archiv der Jüdischen Kultusgemeinde Zagreb aus der Vorkriegs- und Kriegszeit findet sich, soweit es unter den Bedingungen der deutschen Besatzung und des Ustascha-Regimes erhalten werden konnte, in Abschriften im Archiv des Jevrejski Istorijski Muzej (JIM; Jüdisches Historisches Museum) in Belgrad und wird noch geordnet. Es ist derzeit nur eingeschränkt benutzbar. zeigen, dass die Heimkehrer den Neubeginn überwiegend aus eigenen Kräften schaffen mussten und Unterstützung vor allem von den internationalen jüdischen Organisationen erhielten. Die Behörden förderten jedoch die Reaktivierung der jüdischen Kultusgemeinden trotz ihrer religiösen Konnotation: Schließlich sprangen die Gemeinden bei der sozialen Betreuung der Überlebenden ein und beschafften zudem von internationalen jüdischen Organisationen Hilfe aus dem Ausland. Daher gestalteten die Behörden ihre Beziehungen zu den Gemeinden möglichst konstruktiv. Das Misstrauen bekamen die „einfachen“ Gemeindemitglieder zu spüren; sie glaubten, dass der Antisemitismus in der Bevölkerung den Zusammenbruch des Ustascha-Regimes und der deutschen Besatzung überlebt habe und auch den Kommunisten nie ganz fremd gewesen sei. Benachteiligungen bei Postenbesetzungen und bei der Vergabe von Wohnungen sowie bei der Rückerstattung beschlagnahmten Vermögens schienen diese Annahme zu bestätigen.16Branko Polić: Na pragu zrelosti. Autobiografski zapisi [An der Schwelle zur Reife. Autobiografische Notizen]. Zagreb 2010, S. 40; S. Goldstein: 1941, S. 425; Zeev Milo: Im Satellitenstaat Kroatien. Eine Odyssee des Überlebens 1941–1945. Mit ausführlicher Beschreibung der historischen Ereignisse. Klagenfurt 22002, S. 179–191. (Lebensdaten: Branko Polić: 1924–2014; Slavko Goldstein: 1928–2017; Zeev Milo alias Vladimir Miller [auch Müller oder Miler]: Zagreb 1925–[?]). Es ist aber auch anzunehmen, dass in der Not der unmittelbaren Nachkriegszeit jedermann sich selbst der Nächste war und Animositäten mit „Verteilungskämpfen“ begründet werden können.

Die Heimkehrer fanden einen Staat vor, der ab 1945 in Wirtschaft, Kultur und Politik das sowjetische System mit so großem Bemühen kopierte, dass Jugoslawien als verlässlichster Trabant Moskaus galt.17S. Goldstein: 1941, S. 425. Irritationen zwischen Tito und Stalin, zwischen dem Generalstab der jugoslawischen Volksbefreiungsarmee und der Komintern gab es seit dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion, als die Komintern alle kommunistischen Parteien zur gemeinsamen Hilfe für die UdSSR aufforderte. Jugoslawien verweigerte die Teilnahme, weil es selbst schon besetzt war. Einmischungen der Komintern in die Kriegsführung in Jugoslawien wurden von der Partisanenarmee ignoriert oder zurückgewiesen. Diesen Aspekt der Kriegsführung schilderte der Dolmetscher im Generalstab der Partisanen Vladimir Velebit (Zadar 1907 – Zagreb 2004; nach dem Krieg einer von Titos Spitzendiplomaten, 1951 jugoslawischer Botschafter in Rom, 1952–1956 Botschafter in London, 1960–1970 in UNO-Kommissionen und als Delegierter der Carnegie-Foundation im Israelisch-Palästinensischen Konflikt tätig): Vladimir Velebit: Moj život [Mein Leben]. Zagreb 2015, S. 248, S. 317–320, S. 343 und passim. Das Klima der Furcht und des Denunziantentums verschärfte sich – einerseits durch die Verteilungskämpfe in der Mangelwirtschaft, andererseits auch, weil nicht nur in der Staatsführung, sondern bis in das öffentliche Leben hinein Furcht vor einer militärischen Besetzung Jugoslawiens durch die Sowjetunion herrschte, da dieser Titos außenpolitische Alleingänge missfielen.18Velebit: Moj život, S. 343; S. Goldstein: 1941, S. 425f. Naida Mihal Brandl zufolge erlebten jüdische Mitbürger eine Judenfeindschaft, die es in allen osteuropäischen Staaten gab und die von den Herrschenden genährt wurde, aber ihrer Meinung nach nur in der Tschechoslowakei so ausgeprägt gewesen sei wie in Jugoslawien.19Naida Mihal Brandl: Jews between Two Totalitaran Regimes. In: Židovski identitet/i u Hrvatskoj nakon Drugog svjetskog rata. Pregled [Jüdische Identität/en in Kroatien nach dem Zweiten Weltkrieg. Ein Überblick]. In: Ljiljana Dobrovšak, Ivana Žebec Šilj (Hgg.): Nacionalne manjine u Hrvatskoj i Hrvati kao manjina – europski izazovi [Nationale Minderheiten in Kroatien und Kroaten als Minderheit. Europäische Herausforderungen]. Zagreb 2005, S. 167–194, hier: S. 173f; auch in Review of Croatian history 12 (2016) H. 1, Zagreb 2016, S. 103–127. Ihre Feststellung wurde übernommen von Ari Kerkkänen: Yugoslav Jewry. Beograd 1999, S. 40f, aber widersprochen von Lea Šiljak: Jewish Identities in Croatia – a socijal psychological perspective. In: Migracijske teme 19 (2003) H. 4, S. 363–390, hier: S. 364, ˂https://hrcak.srce.hr/7848˃, 26.4.2021. Diese Behauptung ist jedoch zu relativieren: Jüdinnen und Juden bekleideten auch in der unmittelbaren Nachkriegszeit gehobene und hohe Positionen in den Ministerien20HR-HDA-291, Ministarstvo prosvjete Narodne Republike Hrvatske [Erziehungsministerium der VR Kroatien], MP NRH, Fasz.62, 65, 66; HR-HDA-296, Ministarstvo socijalnog staranja Narodne Republike Hrvatske [Sozialministerium der Volksrepublik Kroatien], MSS NRH, Fasz. 65., in der Justiz21Beispiele: Dr. Pavle Vinski wirkte seit der Gründung der Kroatischen Kriegsverbrecherkommission (1944) bis zu deren Einstellung (1947) als ihr Leiter: HR-HDA-306, ZKRZ, Mikrofilm Z-2944, Azl.2235/45; Univ.-Prof. Dr. Mladen Singer (1930–2014) war Jugendstrafrichter und lehrte an der Fakultät für Heilpädagogik in Zagreb, siehe: Ljiljana Mikšaj-Todorović, Irma Kovčo-Vukadin: In memorian prof. dr. sc. Mladen Singer. Nekrolog, Obituarij [In memoriam Prof. Dr. Mladen Singer. Ein Nachruf]. In: Kriminologija & socijalna integracija: časopis za kriminologiju, penologiju i poremećaje u ponašanju [Kriminalwissenschaft und soziale Integration: Zeitschrift für Kriminalwissenschaft, Strafrechtswissenschaft und Sozialintegration], 22 (2014) H. 1, S. 240–242, ˂https://hrcak.srce.hr/134065˃, 24.3.2021. Einen der höchsten militärischen Dienstgrade erreichte die Partisanenärztin Dr. Rosa Papo aus Sarajevo: Jaša Romano: Jevreji Jugoslavije 1941–1945. Žrtve genocida i učesnici Narodnooslobodilačke borbe. [Die Juden Jugoslawiens 1941–1945. Opfer des Genozids und Teilnehmer des Volksbefreiungskampfes]. Beograd 1979, S. 364. und Medizin: Dr. Stjepan Steiner (1915–2006),22Jüdisches biographisches Lexikon (wie Anm. 2), ˂https://zbl.lzmk.hr/?p=2384˃, 24.3.2021. Arzt in der Partisanenarmee, und seine Frau Dr. Zora Steiner23Angaben zu Dr. Zora Steiner, geb. Goldschmidt (1902–1985), finden sich im Nachlass des Paares im Kroatischen Staatsarchiv Zagreb, HR-HDA-1889, Ostavština Dr. Stjepan Steiner. betreuten Präsident Tito als Leibärzte; Dr. Zdenko Njemirovskij (1911–1990) wurde zur Neueinrichtung der Zahnklinik Zagreb und zur Einrichtung einer eigenen Fakultät für Zahnmedizin berufen.24Jüdisches biographisches Lexikon (wie Anm. 2), ˂https://zbl.lzmk.hr/?p=1494˃, 24.3.2021; der Gründungsprozess dauerte bis 1962.

Einer der führenden Wirtschaftsexperten in ganz Jugoslawien war der Generaldirektor der Firma Energoinvest in Sarajevo, Emerik Blum (1911–1984), Überlebender des Ustascha-Konzentrationslagers Jasenovac, zeitweilig Vorsitzender des Bundes der Kommunisten von Bosnien und Herzegowina (SK BiH) und von 1981 bis 1983 auch Bürgermeister Sarajevos.25Dragan Golubović: Kako je Emerik Blum stvorio ekonomsko čudo [Wie Emerik Blum das Wirtschaftswunder bewirkte], ˂https://analiziraj.ba/kako-je-emerik-blum-stvorio-ekonomsko-cudo/˃.

Die Gleichberechtigung und die Chancen, die Jüdinnen und Juden in der unmittelbaren Nachkriegszeit in Jugoslawien genossen, war die eine Seite der Medaille – die andere war die Fortdauer der stalinistischen Repression auch nach dem Bruch zwischen Belgrad und Moskau (Mai 194826Am 24. Mai 1948 beschloss das „Informbiro“ (dt.: Kominform, Kommunistisches Informationsbüro, das Zentrum der kommunistischen Bewegung), den Ausschluss Jugoslawiens als „Abweichler“. Berislav Jandrić: Djelatnost sljedbenika rezolucije informbiroa u Hrvatskoj 1948–1953 [Die Tätigkeit der Anhänger der Resolution des Kominform in Kroatien 1948–1953]. In: Časopis za suvremenu povijest [Zeitschrift für Zeitgeschichte], i. F.: ČSP], 26 (1994) H. 2, S. 317–336, hier: S. 321–324.). Tendenzen, nach Stalins Vorbild Juden sogar aus dem Land abzuschieben, hielten sich, so dass die Jahre von 1948/49 bis 1953 als „Stalinismus nach Stalin“27S. Goldstein: 1941, S. 425. bezeichnet wurden.

Empfang in der Heimat

Die Aufforderung zur – obligaten – Repatriierung28Die Verpflichtung zur Rückkehr in das Heimatland widersprach dem alliierten Beschluss bei der Konferenz von Jalta. Die Westalliierten bestanden auf Freiwilligkeit und räumten nur der Sowjetunion eine Ausnahmeregelung ein: W(ilhelm). Jacobmeyer: Vom Zwangsarbeiter zum heimatlosen Ausländer. Die Displaced Persons in Westdeutschland 1945–1951. Göttingen 1985, S. 30. von „jugoslawischen Staatsbürgern, die sich während des Krieges im Ausland aufgehalten hatten“, wurde vom Präsidium des Antifaschistischen Rats der Nationalen Befreiung Jugoslawiens (Antifašističko vijeće/veće narodnog oslobođenja Jugoslavije, AVNOJ) am 28. April 1945 verkündet. Die Verordnung mit gleichem Datum bestimmte die Bildung einer Repatriierungskommission und ihr untergeordneter Repatriierungsstäbe zum Empfang der Repatriierungstransporte an den Grenzübergängen zwischen Jugoslawien und den von den Alliierten besetzten bzw. befreiten Ländern.29Službeni list DFJ (i. F.: SL DFJ; Amtsblatt des Demokratischen Föderativen Jugoslawien) Nr. 30 vom 28. April 1945 und SL DF Nr. 64 vom 23. August 1945. Details zur gesetzlichen Lage und Repatriierungsinstitutionen: Grünfelder: „Displaced Persons“, S. 80.

Zur Organisation der staatlichen Transporte ab den Lagern gibt es im Bestand „Repatriierungskommission“ im kroatischen Staatsarchiv keine Unterlagen.30HR-HDA-1512, Zemaljska komisija za repatrijaciju (Landesrepatriierungskommission, ZKRH). Repatriierungsverläufe im ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald schilderte der damit befasste jugoslawische Exhäftling Rudi Supek, der mit den kommunistischen Leitern der deutschen, französischen und tschechischen Lagergemeinschaften zusammenarbeitete.31Zum Verlauf der Repatriierung der jugoslawischen Insassen von Buchenwald mit Hilfe der tschechoslowakischen KP siehe: Grünfelder: „Displaced Persons“, S. 90f. Eine Erinnerung an die Tätigkeit der jugoslawischen Repatriierungskommission überlieferte der Exhäftling des Konzentrationslagers Dachau, Lazar Weinberger: Ihn fand das ärztliche Mitglied der Kommission, Dr. Goran Nikolić, nach der Befreiung des Lagers (29. April 1945) und stabilisierte den von der Zwangsarbeit erschöpften, teilnahmslosen Jugendlichen so weit, dass er den Heimtransport antreten konnte.32Lazar Weinberger: Dachau. In: Domaš (Red.): Glasovi, S. 151–169, hier: S. 166f.

In den von der Staatlichen Repatriierungskommission eingerichteten Repatriierungsbasen für den Empfang der Transporte wurden die Ankömmlinge verpflegt, mit lebensnotwendigen Gütern erstversorgt, ärztlich untersucht und zu „Informationsgesprächen“ mit den Beamten der Geheimpolizei OZNA33Die Geheimpolizei OZNA (Odelenje za zaštitu naroda, dt.: Abteilung für Volksschutz) wurde 1943 von AVNOJ gegründet, um die Bevölkerung in den von den Partisanen eroberten oder kontrollierten Territorien auf ihre politische Gesinnung hin zu kontrollieren: William Klinger: Il terrore del popolo. Storia della polizia politica di Tito. Trieste 2012. Kroatische Ausgabe: Teror narodu. Povijest Titove političke policije. Zagreb: Večernji list, 2014. vorgeladen. Diese Gespräche entpuppten sich als entscheidende Momente für ihr weiteres Schicksal: Das Hauptinteresse der Geheimpolizei galt dem Verhalten der Repatriierten im Krieg, unter der Besatzung und in den Konzentrationslagern, eventueller Komplizenschaft mit der Lagerverwaltung, SS und Gestapo – zum Schaden von Mitgefangenen. Die Offiziere entschieden, ob die Repatriierten sofort nach Hause weiterreisen durften (sofern sie ein Zuhause erwartete) oder ob sie in staatlichen Aufnahmequartieren, ab 1946 in Aufnahmelagern in den Städten, weiteren Überprüfungen unterzogen werden sollten. Diese Befragungen erlebten Zeitzeugen als Verdächtigungen, weil allein schon die Tatsache des Überlebens in den Konzentrationslagern möglicher Kollaboration mit dem Feind – Gestapo, SS, SD – zugeschrieben werden konnte.34Der Zagreber Philosoph Rudi Supek machte nach seiner Heimkehr aus dem KZ Buchenwald nach Zagreb die Erfahrung, dass die Staatspolizei OZNA noch während seiner KZ-Internierung (1943–1945) Belastungsmaterial über sein Verhalten als KZ-Insasse gesammelt hatte und ihn der Komplizenschaft mit der SS zum Schaden der Mitinternierten beschuldigte: HR-HDA-1780, Fasz. 29, Chronologie des activités politiques 1939–1940 (dans la Résistance et dans la Déportation à Buchenwald), verfasst am 14.12.1971.

Im Laufe des Jahres 1946 wurden in den Städten Wohnobjekte der früheren Besatzer zu Aufnahmelagern umfunktioniert; diese dienten auch als vorübergehende Unterkunft für jene, die kein Zuhause erwartete. Die Jüdische Kultusgemeinde in Zagreb, die auch nach der Deportation aller ihrer Führungspersönlichkeiten nach Auschwitz 1943 weiterhin funktionieren konnte und 1945 ihre von der Ustascha 1941 beschlagnahmten Räume zurückerhielt, richtete darin Schlafräume und eine zentrale Küche für jüdische Rückkehrer ein.35Die Jüdische Kultusgemeinde Zagreb durfte während der Ustascha-Herrschaft weiterbestehen, weil sie von der Verwaltung der Konzentrationslager zur Lieferung von Lebensmittelrationen an die Häftlinge verpflichtet wurde: I. Goldstein: Holokaust, S. 387. Die diesbezügliche Verordnung des Innenministeriums des Unabhängigen Staates Kroatien (Ministarstvo unutrašnjih poslova Nezavisne Države Hrvatske, MUP NDH), HR-HDA-223, Zl.13520-3095/1942, ist nicht datiert.

Die Kosten für den Aufenthalt in den Aufnahmezentren trugen das jugoslawische Sozialministerium und sein Pendant, das Sozialministerium der Volksrepublik Kroatiens, gemeinsam: Das Geld dafür kam aus von den Kollaborationsregierungen nicht ins Ausland geschafften Konten. Die Repatriierten erhielten aus diesen Fonds bis Jahresende 1945 einmalige Unterstützungen.36HR HDA-296, Ministarstvo socijalnog staranja Narodne Republike Hrvatske [Sozialministerium der Volksrepublik Kroatien] MSS NRH, Fasz. 3, Zl. 4362-VII/1945 vom 4.7.1945; HR-HDA-1522, ZKRH, Fasz. 6, Zl. 64/48 und 65/48 vom 29.1.1948. Das Jugoslawische Rote Kreuz half mit Lebensmittelspenden, um den durchwegs unterernährten und geschwächten Repatriierten trotz der Lebensmittelknappheit hochwertige Mahlzeiten zu bieten. Auch die internationale Hilfsorganisation UNRRA, mit der Jugoslawien am 25. März 1945 seinen ersten internationalen Vertrag über Humanitär- und Wiederaufbauhilfe geschlossen hatte, sprang bei der Versorgung ein.37Die internationale humanitäre Organisaiton UNRRA lieferte monatlich Lebensmittel für Repatriierte, aber die Sendungen durften nur für Zivilisten verwendet werden, nicht für die Armee. Auch Hilfsgüter zum Wiederaufbau wie Baumaterial und Baumaschinen umfasste das Hilfsprogramm: Međunarodni odnosi Jugoslavije: ˂https://hrcak.srce.hr/file/138_72.pdf˃, 20.6.2020. Zum Ausmaß der Hilfe: Vera Kržisnik Bukić: Hrana kao glavni vid UNRRA-ine pomoći Jugsolaviji 1943–1948 [Lebensmittel als wichtigste Hilfsgüter der UNRRA für Jugoslawien 1943–1948]. In: ČSP 20 (1988) H. 3, S. 59–76, hier: S. 60, S. 67f.

Der Gesundheitszustand der meisten Repatriierten erforderte ärztliche Maßnahmen. Deshalb wurden schon bald nach Beginn der staatlichen Repatriierung 40 Quarantänestationen im Land eingerichtet, um Patienten mit TBC, psychischen und venerischen Krankheiten herauszufiltern und in Krankenhäuser einzuliefern.38HR-HDA, Ministerium für Volksgesundheit [Ministarstvoi narodnog zdravlja], Sig. HR-HDA-287, MNZ, Fasz. 6, Zl. 5508, 5781; Siniša Zrinščak: Zdravstvena politika Hrvatske [Gesundheitspolitik in Kroatien]. In: Revija socijalne politike [Revue für Sozialpolitik], 14 (2007) H. 2, S. 193–220, hier: S. 197. Die psychiatrische Behandlung von ehemaligen Konzentrationslagerhäftlingen übernahmen Ärzte „illegal“, denn Psychiatrie wurde von dogmatischen Kommunisten als „bourgoises“ Relikt und als unvereinbar mit dem Profil des neuen jugoslawischen Staatsbürgers betrachtet. Ärztliche Behandlung und Rehabilitierung wurde primär den Verwundeten und Kriegsinvaliden zuteil; aber in den Zagreber Kliniken wurde die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) mit körperlichen Störungen studiert.39HR-HDA-287, Ministarstvo narodnog zdravlja Narodne Republike Hrvatske [Ministerium der Volksgesundheit der VR Kroatien), MNZ NRH, Fasz. 6-10 enthält Krankengeschichten. Die Auswertung der Dokumente konnte wegen der Corona-bedingten Einschränkung der Archivbenützung 2020/2021 nicht geleistet werden, wird jedoch aufgenommen, da sie Hinweise auf Patienten mit KZ-Erfahrung geben dürften. Schon 1952 wurde in der 1. Auflage des Diagnostisch-Statistischen Handbuches auch das Syndrom der Lagertraumata behandelt.40Dragica Kozarić-Kovačić, Zrinka Kovačić, Lea Rukavina (Universitätsklinik für Psychiatrie Zagreb-Dubrava), und Dario Kovač: Što je posttraumatski stresni poremećaj (PTSP) [Was ist die Posttraumatische Belastungsstörung]. In: Klinička psihologija [Klinische Psychologie], Zagreb 2013.

Reintegrierung in Jugoslawien

Unterstützungen

Überlebende der Konzentrations- und Vernichtungslager sowie Heimkehrer aus der Emigration gingen nach ihrer Rückkehr ungeachtet ihrer körperlichen und seelischen Verfassung daran, sich aus eigenen Kräften eine neue Existenz aufzubauen. Zahlreiche erfolgreiche Universitäts- und Wirtschaftskarrieren sprechen für ihre Willenskraft. Lazar Weinberger (keine biografischen Daten bekannt), nach der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau erschöpft und apathisch, nahm im Herbst 1945 das Studium der Medizin auf;41Weinberger: Dachau. In: Domaš (Red.): Glasovi, S. 167. Natan Langer studierte Elektrotechnik und wurde wegen seines herausragenden Studienerfolges von der deutschen Firma Siemens zu einem Studienaufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland eingeladen. Seine Familie habe ihm zwar gedroht, wenn er wirklich nach Deutschland gehe, brauche er nicht mehr nach Hause zu kommen. Doch er nahm die Einladung an, und die Familie fand sich damit ab.42Natan Langer: Život s vjerom i u vjeri [Leben mit dem Glauben und aus dem Glauben]. In: Domaš (Red.): Glasovi, S. 233–250, hier: S. 246. (Zu Natan Langer sind keine biografischen Daten bekannt). Boris Braun, der Auschwitz, die Todesmärsche und Buchenwald überlebt hatte, studierte ab 1945 Agronomie und habilitierte sich.43Mario Braun: Skupljanje krhotina [Splitter zusammensuchen]. In: Domaš (Red.): Ako Tebe zaboravim. Prilog [Wenn ich dich vergesse. Beitrag]. Zagreb 2018, S. 31–59, hier: S. 54–57. (Boris Braun, Marios Vater, *1920 in Djurdjevac – Zagreb 2018). Lea Kriesbacher Fürth, die aus dem Ghetto in Budapest entkommen konnte, holte 1945 im Zagreber Partisanengymnasium die Matura nach und absolvierte die Übersetzerausbildung für Deutsch, Ungarisch und Jiddisch.44Lea Kriesbacher Fürth: Na obali Dunava [Am Donauufer]. In: Domaš (Red.): Glasovi, S. 137–140. (Lea Kriesbacher geb. Fürth, 1926–2019). Die ehemalige Ordinaria für Zeitgeschichte mit besonderer Berücksichtigung der kroatischen Geschichte des 19. Jahrhunderts Mirjana (Mirijam) Gross (1922–2012), Rückkehrerin aus den Konzentrationslagern Buchenwald und Ravensbrück, musste nach der Repatriierung aus Buchenwald in einem Sanatorium eine durch die Lagerhaft verursachte Erkrankung ausheilen.45Mirjana Gross begann vor dem Krieg noch mit dem Medizinstudium. 1941–1943 konnte sie mit ihren Eltern in Verstecken überleben. 1943 wurde sie aufgespürt und deportiert. Sie und ihre Mutter überlebten. Nach der Rückkehr und Heilung fand sie eine Anstellung im Sozialministerium der Volksrepublik Kroatien, sodann im Kultur- und Erziehungsektor des Erziehungsministeriums, ehe sie sich zum Studium der Geschichte und Kunstgeschichte entschloss. Publikationsliste: ˂https://www.enciklopedija.hr/natuknica.aspx?id=23501˃.

Die Erfahrungen mit Lagern, Flucht und Todesgefahr behielten die Heimkehrer für sich. Diejenigen, die 1941 auf der Seite der Verfolger standen, mussten in den ersten Jahren des kommunistischen Systems um ihre Freiheit, ja um ihr Leben bangen46Todesurteile für Mitgliedschaft in der Ustascha, mit der die Beteiligung und Mitschuld an Kriegsverbrechen ohne Nachweis einfach vorausgesetzt wurde, finden sich im Bestand Zemaljska komisija za utvrđivanje zločina okupatora … (Landeskommission zur Ermittlung von Kriegsverbrechen der Besatzer …), HR-HDA-306, ZKRZ, Z-2958, ZM 22/25, kutija 28, Urteil Zl. 1573/45 vom 25.7.1945, Z-2953, ZM 22/24, Z-2982, ZM 22/49, Fasz. 60, Zl. 2753/45 und Z-2983, ZM/22/50, Zl. 2754. und vermieden daher Kontakte zu ihren ehemaligen Opfern oder versuchten, sich zu rechtfertigen. Reue oder den Willen zu einer wenigstens symbolischen Wiedergutmachung konnten die Opfer bei den ehemaligen Tätern nicht erkennen, berichtet ein Zeitzeuge.47Mündliche Auskunft von Darko F. an die Autorin, Jänner 2021. Auf Wunsch des Zeitzeugen wurde der Familienname abgekürzt. Die nachfolgenden Generationen konnten von den Überlebenden nur sporadisch und andeutungsweise erfahren, was diese in den Lagern erlebt hatten.

In der Mangelwirtschaft der unmittelbaren Nachkriegszeit halfen die jüdischen Kultusgemeinden bei der Erfüllung der elementaren Bedürfnisse der Überlebenden aus. Der Bund der Jüdischen Gemeinden Jugoslawiens, der sich schon einen Tag nach der Befreiung Belgrads, am 21. Oktober 1944, wieder konstituiert hatte,48Avram Mevorah: O radu Saveza jevrejskih opština Jugoslavije prvih dana po oslobođenju [Zur Tätigkeit des Bundes der Jüdischen Gemeinden Jugoslawiens in den ersten Tagen nach der Befreiung]. In: Jevrejski Almanah [Jüdischer Almanach], Beograd 1955/1956, hg. v. Žak Konfino, Aleksandar Levi, Zdenko Levntal. Beograd 1956, S. 123–126, hier: S. 123; Kerenji: Jewish Citizens, S. 134f. nahm Kontakt zu internationalen jüdischen Hilfsorganisationen auf.49Briefwechsel des Präsidenten der Jüdischen Kultusgemeinde Zagreb und des Präsidenten des Bundes der jugoslawischen Kultusgemeinden an JOINT, in: Kerenji: Jewish Citizens, S. 134–136. Finanzielle Unterstützung und Sachspenden im Wert von mehreren Hundert Millionen Dinaren kamen von jüdischen Organisationen in den USA und von der nach der Gründung des Staates Israel offiziell anerkannten (aber schon vor dem Zweiten Weltkrieg bestehenden) Vereinigung jugoslawischer Immigranten (Udruženje useljenika iz Jugoslavije – Hitahdut olej Ex Jugoslavija, HOJ)50Aleksandar Lebl: Prekid diplomatskih odnosa SFRJ i Izraela 1967. godine [Der Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien und Israel im Jahre 1967]. In: Tokovi istorije [Historische Prozesse], 1-4. Beograd 2001, S. 39–75, hier: S. 41f, ˂http://jevrejskadigitalnabiblioteka.rs/bitstream/id/4363/LeblPrekidDiplomatskihOdnosaOCR.pdf˃, 21.3.2021. Diese Vereinigung wurde noch vor dem Zweiten Weltkrieg gegründet, um den Flüchtlingen, die über Jugoslawien nach Palästina einwanderten, zu helfen; A. Lebl: ebenda, S. 42. sowie aus der Schweiz.51Kerenji: Jewish Citizens, S. 136, S. 138f. Allerdings durften die Gelder aus dem Ausland nicht direkt in die Kassen der Gemeinde fließen, sondern mussten im kommunistischen Jugoslawien, ab 1945, über ein „Autonomes Komitee“ (unter staatlicher Aufsicht) überwiesen werden, was nicht alle Donatoren aus den USA und dem späteren Staat Israel akzeptierten.52Ebenda, S. 138; die Quellen dazu fand der Autor im Archiv des Jüdischen Museums (Jevrejski Istorijski arhiv, JIM) in Belgrad. Die Verteilung der Unterstützungsgelder bezieht sich, Kerenjis Ausführungen zufolge, auf jüdische Gemeinden in Serbien und der Woiwodina. Der Bund der jüdischen Gemeinden Jugoslawiens akzeptierte diese staatliche Auflage, bemühte sich aber gegenüber den ausländischen Organisationen, diese von seiner autonomen Verwaltung der Spenden zu überzeugen. Manche Gemeindemitglieder betrachteten die Zustimmung des Bundes zur staatlichen Kontrolle ihrer Hilfsgelder als „übertriebene Loyalität“, ja Servilität, gegenüber dem kommunistischen Regime.53Albert Vajs: Jevreji u novoj Jugoslaviji [Die Juden im neuen Jugoslawien]. In: Jevrejski Almanah [Jüdisches Jahrbuch], Beograd 1954, S. 125–144, ˂http://www.jevrejskadigitalnabiblioteka.rs/handle/123456789/255˃; Mladenka Ivanković: Jevreji Jugoslavije 1944–1953 [Die Juden Jugoslawiens 1944–1953]. Beograd 2006, S. 65. – Univ.-Prof. Dr. Albert Vajs (*1905 in Zemun/Semlin – gest. 1964 in Belgrad); 1941 wurde er als Angehöriger der Königlich-Jugoslawischen Armee von den Deutschen als Kriegsgefangener in mehreren Kriegsgefangenenlagern interniert und kehrte 1945 nach Jugoslawien zurück. Er leitetete die Staatskommission zur Ermittlung der Kriegsverbrechen der Besatzer und ihrer Kollaborateure; als Strafrechtsexperte mit internationalem Ruf vertrat er die Klagen jugoslawischer Opfer vor dem Nürnberger Tribunal und dem Eichmann-Prozess in Jerusalem, siehe: Jüdisches biographisches Lexikon (wie Anm. 2), ˂https://zbl.lzmk.hr/?p=2650˃.

Finanzielle Unterstützung erhielten vom Bund der Jüdischen Gemeinden die Hinterbliebenen, auch wenn diese nicht mehr Konfessionsjuden waren. Die Mehrheit der Jüdinnen und Juden Jugoslawiens – 8.000 oder zwei Drittel der 1946 auf 12.000 Menschen geschätzten jüdischen Bevölkerung – war im Jahr 1946 noch arbeitslos oder „geringfügig beschäftigt“ und bedurfte der finanziellen Zuwendungen. Wie Branko Polić sich erinnerte, konnte es sich seine Familie bis 1948 finanziell nicht leisten, zu Hause zu kochen, sondern war auf die öffentlichen Mensen angewiesen, die alle Unternehmen und öffentlichen Dienste ihren Angestellten boten. Die Jüdischen Gemeinden54Bis 1946 nahmen in ganz Jugoslawien 35 von den 117 vor dem Krieg bestehenden Gemeinden ihre Tätigkeit auf: Mevorah: O radu Saveza, S. 23. Kerenji: Jewish Citizens, S. 165. sahen eine ihrer Hauptaufgaben in der Organisation von Mensen und ärztlicher Ordinationen, zu denen sie auch konvertierte Juden und – im Falle von Mischehen – auch die nichtjüdischen Ehepartner zuließen. Hilfe aus dem Ausland kam auch in Form von Sachspenden und der Finanzierung von Rehabilitationsbehandlung, besonders für Kinder und Jugendliche.55Kerenji: Jewish Citizens, S. 163.

Kampf um Anerkennung des Opferstatus und um soziale Rechte

Die Betreuung der Repatriierten durch die jüdischen Gemeinden, die diese Aufgabe dank der Hilfe internationaler jüdischer Organisationen leisten konnten, musste im Jahre 1945 die staatliche Fürsorge weitgehend ersetzen. Die Sozialgesetzgebung, die 1945 sukzessive erneuert wurde, war auf den Partisanenkampf und die zivilen Opfer des Krieges in Jugoslawien zugeschnitten, die gesundheitliche Schäden durch Verfolgung, Folter oder andere traumatische Ereignisse erlitten hatten. Dies wurde in einem Beschluss der provisorischen Regierung Jugoslawiens vom 19. Dezember 1944 geregelt.56HR-HDA-207, Zemaljsko antifašističko vijeće narodnog oslobođenja Hrvatske [Antifaschistischer Landesrat der Volksverteidigung Kroatiens], ZAVNOH, Fasz. 131, Zl. 13348-2355; Amtsblatt „Službeni list DFJ“ Nr. 3 vom 9. Februar 1945. Repatriierte kamen in diesem Beschluss nicht vor. Ihnen wurden jedoch aufgrund der Verordnung des Antifaschistischen Rates der Volksbefreiung Jugoslawiens über die Annullierung aller zwischen dem 6. April 1941 (dem Tag des deutschen Angriffs auf Jugoslawien) und dem 8. Mai 1945 erlassenen Gesetze und anderer Rechtsakte die vom Ustascha-Regime aberkannten sozial-, arbeitsrechtlichen und (mit Einschränkungen) vermögensrechtlichen Ansprüche restituiert.57Amtsblatt des Demokratischen Föderativen Jugoslawien: „Službeni list DFJ“ Nr. 2 vom 6. Februar 1945, S. 13f. Doch es gibt keine Hinweise darauf, dass die Adressaten dieses Erlasses ihn tatsächlich als Geste der Wiedergutmachung erlebten. Seine Wirkung war mehr eine symbolische denn eine real-finanzielle und materielle, zumal nur wenige Überlebende pensionsrelevante Arbeitszeiten aufweisen konnten.

Als tatsächlich wirksame Leistung und Hilfe konnten überlebende KZ-Insassen Zusatzpensionen empfinden, wie sie die Partisanen und die Hinterbliebenen Gefallener des „Volksbefreiungskampfes“ erhielten. Aber die Rückkehrer aus den nationalsozialistischen Konzentrationslagern, wie das Ehepaar Richard und Ema Glasl, das alt und krank repatriiert wurde, hatten es schwer, die Behörden von ihrer KZ-Haft zu überzeugen und auch ohne Dokumente Glauben zu finden. Sie erlebten, dass die Referenten in den Dienststellen kaum Kenntnisse von den Ereignissen während des Krieges außerhalb ihrer engeren Heimat hatten und von den Vernichtungslagern nichts wussten. Dem Ehepaar Glasl wurde eine einmalige Überbrückungshilfe bis zur Anerkennung ihrer Ansprüche zuerkannt. Die beiden wurden „von Pontius zu Pilatus geschickt“, klagte Richard Glasl.58HR-HDA-1115, Savjet za narodno zdravlje i socijalu [Rat für Volksgesundheit und soziale Angelegenheiten], Fasz. 21, Nr. 3978-IV-Rad-1952 vom 19.5.1952. Im Jahr 1946 erlangten auch Zivilisten, die für ihre politische Gesinnung das Leben gelassen hatten, und die rassisch oder national Verfolgten (Juden und Serben) den Status als „Opfer des faschistischen Terrors“.59HR HDA-207, ZAVNOH Fasz. 132, Zl. 13.483-2670; 352/45, 353/45 I 354/55, alle vom 12.3.1945. Roma wurden in den Dokumenten der Frühzeit der kommunistischen Verwaltung nicht genannt, obwohl auch sie zu den zur Ausrottung bestimmten Personengruppen gehörten und auch dem Massenmord in Jasenovac zum Opfer fielen. Siehe dazu: Narcisa Lengel-Križman: Prilog proučavanju terora u tzv. NDH: Sudbina Roma 1941–1945. [Ein Beitrag zur Erforschung des Terrors im USK (im Unabhängigen Staat Kroatien): Das Schicksal der Roma 1941–1945]. In: ČSP 18 (1986) H. 1, S. 29–42. Vermögensrechtlich war den Repatriierten der nationalsozialistischen Lager schon 1945 durch das Gesetz über hinterlassenes Vermögen vom 24. Mai 1945 der Status als zwangsweise Geflüchtete oder Vertriebene zuerkannt worden,60Zakon o postupanju s imovinom koju su vlasnici morali napustiti u toku okupacije i imovinom koja im je oduzeta od strane okupatora i njihovih pomagača [Gesetz über die Behandlung von Vermögen, das die Eigentümer unter dem Druck der Besatzer und ihrer Kollaborateure hinterlassen mussten]: Amtsblatt „Službeni list DNRJ“, Nr. 36 vom 24. Mai 1945. doch das Sozialrecht trug diesem Umstand nicht Rechnung. Als die Koordination61Die „Koordination“ entsprach in etwa einer „Dachvereinigung“, hatte in der Praxis aber weniger Einfluss auf die einzelnen Gemeinden, als es dem Verständnis von „Dachverbänden“ entspricht. der Jüdischen Gemeinden Jugoslawiens 1951 den Kontakt zur „Claims-Conference“62Am 10. September 1952 schloss die Bundesrepublik Deutschland mit Israel und der Jewish Claims Conference das Luxemburger Abkommen. Die Bundesrepublik verpflichtete sich zur Zahlung von drei Milliarden DM an den Staat Israel sowie 450 Millionen DM an die Jewish Claims Conference zur Unterstützung, Rehabilitierung und Wiederansiedlung jüdischer NS-Opfer. aufnahm, wurden auch die kroatischen Überlebenden in die Hilfe der „Claims Conference“ mit einbezogen. Es dauerte aber noch bis zum Jahr 1998 [!], bis die Juden in Kroatien zum ersten Mal das Recht auf Unterstützung und „Kompensationszahlungen“ für Holocaust-Überlebende der „Central & Eastern European Fund – Claims Conference“ (CEEF) erhielten. Die ersten Direktauszahlungen von Unterstützungsgeldern erfolgten in Kroatien erst im Jahr 2013.63Židovska općina Zagreb (Jüdische Gemeinde Zagreb), www.zoz.hr: Die für Kroatien zuständige Stelle des Claims-Fonds ist der Central & Eastern European Fund – Claims Conference, ˂http://www.claimscon.org/regions/eastern-europe/croatia/˃, 26.4.2021.

Vermögensrestitution

Die Repatriierungswilligen in den DP-Lagern wurden von den jugoslawischen Militärmissionen und den sie begleitenden Mitgliedern der Repatriierungskommission informiert, dass das Eigentum rassisch, politisch und national Verfolgter des Ustascha-Regimes und der Personen, die ihr Eigentum wegen Verfolgung hatten zurücklassen müssen, gemäß Artikel 2 des AVNOJ-Beschlusses vom 21. November 1944 bis zur endgültigen Regelung der Eigentumsfrage unter staatliche Verwaltung gestellt (sequestriert) werde. Dies galt auch für Vermögen, das auf Druck der Besatzungsmächte ins Eigentum von Dritten übergegangen war.64Der AVNOJ-Beschluss findet sich veröffentlicht im Amtsblatt SL DFJ, Nr. 2, vom 6.2.1945, S. 13f. Dazu Tomislav Anić: Normativni okvir podržavljenja imovine u Jugoslavij/Hrvatskoj 1944–1946 [Normativer Rahmen für die Verstaatlichung von Vermögen in Jugoslawien/Kroatien 1944–1946]. In: ČSP 39 (2007) H. 1, S. 25–62, ˂https://hrcak.srce.hr/16176˃, 8.2.2021. Das Gesetz über die Behandlung von Vermögen, das die Eigentümer unter dem Druck der Besatzer und ihrer Kollaborateure hinterlassen mussten, findet sich im Amtsblatt des Demokratischen Föderativen Jugoslawien, „Službeni list DFJ“, Nr. 36 vom 24. Mai 1945 (siehe Anm. 60).

Die Sequestrierung sollte unrechtmäßige Veräußerung, Beschädigungen sowie ungesetzliche Nutzung verhindern und das Recht der Vorbesitzer darauf schützen. Bei den Debatten in der Nationalversammlung zu diesem Gesetz betonte der Abgeordnete der Verfassunggebenden Nationalversammlung, Moše Pijade,65Moše Pijade (Beograd 1890 – Paris 1957), Studium der Malerei in München und Paris, Kunsterzieher und Journalist, seit 1920 Mitglied der in Jugoslawien verbotenen KPJ im Untergrund, wurde verhaftet und verbrachte insgesamt 14 Jahre im Gefängnis. Wegen der unmenschlichen Haftbedingungen in den berüchtigten Gefängnissen des Königreiches Jugoslawien streikte er mit seinen Mitgefangenen, Kommunisten wie er selbst. In der Haft verfasste er theoretische Schriften zum „Kommunistischen Manifest“. Nach dem deutschen Angriff auf Jugoslawien konnte er aus der Haft entkommen und ging im Auftrag der Partei nach Montenegro, um dort den Aufstand gegen die Besatzer vorzubereiten. Im Dezember 1941 wurde er in den Generalstab der Partisanenarmee (NO-POJ) aufgenommen. Seit 1943 wirkte er als Vizepräsident des Präsidiums von AVNOJ und als Koautor der neuen jugoslawischen Verfassung vom 31. Jänner 1946. In der Nachkriegszeit gehörte er zu den prominentesten Juden in der politischen Führungsspitze Jugoslawiens, vertrat sein Land bei der Friedenskonferenz in Paris. 1957 starb er in Paris, auf der Rückkehr aus London, wohin er eine jugoslawische Parlamentarierdelegation geführt hatte; siehe Hrvatska enciklopedija, mrežno izdanje [Kroatische Enzyklopädie. Elektronische Ausgabe]. Leksikografski zavod Miroslav Krleža [Lexikographisches Institut Miroslav Krleža], Zagreb 2021: ˂www.enciklopedija.hr/Natuknica.aspx?ID=48186˃. dass der Gesetzgeber gerade die Beschlagnahmung von Vermögen aus rassischen Gründen bei der Formulierung der Rückgabepflicht im Auge behalten habe.66Marijan Maticka: Zakonski propisi o vlasničkim odnosima u Jugoslaviji 1944–1948. godine, [Eigentümerrechtliche Gesetzesbestimmungen in Jugoslawien 1944–1948]. In: Radovi-Zavod za hrvatsku povijest [Arbeiten des Institutes für kroatische Geschichte], 24 (1992) H. 3, S. 123–148, hier: S. 135, ˂www/hrcak.srce.hr/file/34247˃, 8.2.2021.

Jüdische Überlebende, die sich im Vertrauen auf diese Zusicherung an die kommunistischen Behörden um den Rückerhalt ihrer ehemaligen Wohnungen und Häuser wandten, machten unterschiedliche Erfahrungen. Die neue Zagreber Stadtverwaltung, die am 8. Mai 1945 ihr Amt antrat, half manchen Rückkehrern, indem sie jene Wohnungsbesetzer delogierte, die sich 1941 eigenmächtig in jüdische Wohnungen und Häuser einquartiert hatten. Illegale Inbesitznahme von vermeintlich „herrenlosen“ Wohnungen gab es aber auch, als vor dem absehbaren Ende des Krieges im Mai 1945 die Städte von Flüchtlingen aus den Regionen der großen Militäroffensiven überflutet wurden. In solchen Fällen gewährten die Beamten Unterstützung sichtlich selektiv, nach eigenem Gutdünken und je nach Position des Wohnungsbesetzers: Der Zagreber Jude Vladimir Müller (in Israel Zeev Milo) musste mit seinen Eltern nach ihrer Rückkehr aus dem Partisanenkampf „antichambrieren“, um die eigene Wohnung wieder beziehen zu dürfen. Der Profiteur seines Eigentums hatte rechtzeitig die Seite gewechselt und genoss den Schutz der neuen Herren. Die Suche nach Ersatzquartieren wurde von den Behörden auf die Antragsteller abgewälzt; sie gestaltete sich mühsam, nicht nur angesichts der vielen Kategorien von Obdachlosen, die um Wohnungen konkurrierten: Jede ausgewählte Wohnung war schon „vergeben“, erinnerte sich Zeev Milo.67Zeev Milo (alias Vladimir Müller): Im Satellitenstaat Kroatien, S. 272f. Eine ähnliche Erfahrung machten Mila Ajzenštajn und ihre Mutter nach ihrer Rückkehr aus der Partisanenarmee ins Zivilleben.68Mila Ajzenštajn: Od mjesta do mjesta [Von Ort zu Ort]. In: Domaš (Red.): Glasovi, S. 87–94. Ihnen legte der Volksbefreiungsausschuss von Zagreb eine Liste von leeren Wohnungen vor, aus der sie sich eine aussuchen sollten. Sie aber wollten nicht in eine fremde Wohnung einziehen und fremde Dinge benutzen. In einer Pension fanden sie einen Schlafraum mit sechs Betten. Sie teilten sich diesen Raum mit einer vom Stadtkomitee für Wohnungsfragen eingewiesenen Russin und deren Freundin. Später zogen Mila Ajzenštajn und ihre Mutter zu einer Bekannten, die mit der Aufnahme der beiden Frauen die Zwangseinquartierung fremder Menschen verhindern konnte. Aber die Stadtkommission quartierte alle aus, weil die Wohnung für ein höherrangiges Parteimitglied reserviert worden war.69Mila Ajzenštajn (*1922 in Wien) wuchs im bosnischen Tuzla auf und studierte in Zagreb Pharmazie. 1941 flüchtete die Familie in die italienische Besatzungszone, wurde im italienischen Lager Kraljevica, 1943 auf Kampor (Insel Rab) interniert. Nach der Auflösung dieses Lagers schloss sich die Familie den Partisanen an; Mila wurde Leiterin der Zentralapotheke des Landesrates der Volksbefreiung Jugoslawiens (ZAVNOH). Dazu HR-HDA-287, Ministarstvoi narodnog zdravlja Narodne Republike Hrvatske [Ministerium für Volksgesundheit der Volksrepublik Kroatien], MNZ NRH, Fasz. 4, Zl. 1509, 5. Juni 1945 und 1519 vom 7. Juni 1945 – Ernennungsurkunde. Nach dem Krieg arbeitete sie in den Laboratorien von Pharmazieunternehmen. Selbst im kroatischen Unabhängigkeitskrieg (1991–1995) engagierte sie sich, obwohl sie seit 1985 in Pension war, ˂http://zbl.lzmk.hr/?p=2002˃, 10.8.2019.

Das Zentralkomitee der KP Kroatiens monierte die „Privilegierung diverser Serben und Juden, die den ganzen Krieg über in der Emigration zugebracht haben, und denen nun ohne weiteres ihre Wohnungen, Geschäfte und Werkstätten zurückgegeben werden, ohne zu prüfen, wie sie sich im Krieg verhalten haben“. Diese Juden und Serben hätten „typisch“ Bekannte und Verbindungen, so dass ihre Anliegen beschleunigt würden, während Aufgaben von allgemeinem Interesse deshalb unerledigt liegen blieben.70HR HDA-1220, Centralni komitet Komunističke partije Hrvatske [Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Kroatiens [CK KPH], Fasz. 5, 1945/IX, Zl. 1898 vom 4.9.1945.

Unmittelbar nach der Machtübernahme der Partisanen vergaben die neuen Behörden die verfügbaren Wohnungen chaotisch, willkürlich, ohne nachvollziehbare Kriterien. Aber am 24. Mai 1945 wurde der Umgang mit den von Geflüchteten hinterlassenen Immobilien und beweglichem Gut vom Gesetz über den Umgang mit Vermögen, das ihre Eigentümer unter dem Druck der Besatzer aufgeben mussten, geregelt. Es fußte auf Artikel 2 der AVNOJ-Bestimmung von 21. November 1944 über die unverzügliche Rückgabe solchen Vermögens an die Ersteigentümer. Aber es enthielt zusätzliche Bedingungen: Eigentümer, die nach dem 6. April 1941 solches Eigentum hinterlassen mussten, hatten für die unverzügliche Rückerstattung nachzuweisen, dass sie zwischen dem 6. April 1941 und dem 8. Mai 1945 nicht mit den Besatzern kollaboriert hatten.71Amtsblatt SL DFJ, Nr. 2 vom 6.2.1945, S. 13f; Anić: Normativni okvir, S. 35. Diese Bedingung wurde auch auf gesetzliche Erben ausgedehnt.72Amtsblatt SL DFJ, Nr. 36/1945, mit Änderungen und Ergänzungen Nr. 68/1945, Nr. 4/1946, Nr. 105/1946, Nr. 88/1947, Nr. 99/1948; N. Mihal Brandl: Jews between Two Totalitarian Regimes. In: Židovski identitet/i u Hrvatskoj nakon Drugog svjetskog rata, S. 181.

Aber die Gesetzespraxis führte zu gegensätzlichen Folgerungen: Unter Anwendung des Ermessensrechtes, von dem die Behörden reichlich Gebrauch machten, konnten sie Jüdinnen und Juden, die von der Ustascha als „unabkömmliche“ Fachkräfte in ihren ehemaligen, aber von Ustascha-Kommissaren geführten Unternehmen weiterbeschäftigt wurden, „Zusammenarbeit mit dem Besatzungsregime und seinen Kollaborateuren“ unterstellen.73Tomislav Anić belegt diese Konsequenz anhand mehrerer Beispiele, siehe Anić: Normativni okvir, S. 25–62 bzw. ˂https://hrcak.srce.hr/16176˃; ders.: Podržavljenje stranog kapitala u Hrvatskoj/Jugoslaviji [Verstaatlichung von Auslandskapital in Kroatien/Jugoslawien 1945–1946]. In ČSP 40 (2008) H. 3, Zagreb 2008, S. 819–832, hier: S. 832, ˂https://hrcak.srce.hr/39776˃; ders.: Povijest poduzeća „La Dalmatienne“ – imovinsko-pravne mijene [Geschichte des Unternehmens „La Dalmatienne“ – Änderung des Rechtsstatus]. In: Radovi Zavoda za hrvatsku povijest [Arbeiten des Institutes für kroatische Geschichte], Bd. 48. Zagreb 2016, S. 405–426. Angelo Adam, Jude aus Rijeka, Spanienkämpfer in den Internationalen Brigaden, Mitglied der französischen Resistance und KZ-Häftling in Dachau, konnte bis zur Kapitulation Italiens und dem Abzug der Italiener aus dem Küstenland sein Geschäft in Rijeka (it. Fiume) führen. Aus genau diesem Grund wurden 1945 er, seine Frau und schließlich seine Tochter, die sich nach dem Verschwinden der Eltern auf die Suche gemacht hatte, ermordet.74Raoul Pupo: Fiume cittá di passione [Fiume, Stadt der Leidenschaft]. Napoli 2018, S. 241f.

Wenn die „illegalen Wohnungsbesetzer“ die Wohnungen nicht freiwillig räumten und die Ersteigentümer ihr Recht mit Unterstützung der Volksbefreiungskomitees und Polizeieinsatz durchzusetzen versuchten, wurden zwar die „Illegalen“ als „Übernehmer“ fremden Eigentums als Kriegsverbrecher verurteilt und mit Konfiszierung, Zwangsarbeit und Verlust der bürgerlichen Rechte auf mehrere Jahre bestraft. Aber der frühere Wohnungseigentümer musste in solchen Fällen in der Regel seinen Anspruch bei Gericht anmelden, sein Eigentumsrecht nachweisen und den Abschluss des Verfahrens abwarten. Es war ein Weg mit vielen Hürden. Da Wohnungseigentümer 1941/42 Knall auf Fall aus ihren Wohnungen vertrieben wurden, konnten sie nicht in jedem Fall die entsprechenden Dokumente vorlegen.75Ljubomir Mayer: Tragom jedne skoro izgubljene priče. Prilog … [Einer fast vergessenen Geschichte auf der Spur. Beitrag … ]. In: Domaš (Red.): Glasovi, S. 251–262.

Während der laufenden Konfiszierungsverfahren durfte der zum Rückerhalt Berechtigte aus seiner (ehemaligen) Wohnung (bzw. seinem ehemaligen Haus) Inventar „leihweise“ in seine neue Unterkunft mitnehmen; aber er haftete strafrechtlich und materiell für eventuelle Beschädigungen und eventuelle Wertminderung, was seine Verfügungsgewalt über sein ehemaliges Eigentum mehr oder weniger einschränkte.76HR HDA-313, Zemaljska uprava narodnih dobara [Landesverwaltung von Volkseigentum], ZUND, Fasz. 11, Zl. 775/31.5.1945. i Zl. 726/45 vom 31.5.1945. Ein Beispiel: Silvija Freiberger, die mit ihrer Mutter Fany Molnar 1943 in ein „Nazilager“ deportiert wurde, wo ihre Mutter ums Leben kam, kehrte am 21. Mai 1945 nach Zagreb zurück. In die ehemalige Wohnung konnte sie nicht mehr einziehen, da der neue Besitzer (seit 1941) die Wohnung vermietet hatte. Die Vermögensverwaltung (ZUND) gestattete Silvija, nach Unterzeichnung einer Haftungserklärung, aus ihrer ehemaligen Wohnung Mobiliar, elektrische Haushaltsgeräte, etwas Wäsche, Kleidung und Schuhe, Geschirr und Lebensmittel in die Ersatzwohnung mitzunehmen. Ebenso Dedijer Abraham, vor dem Krieg ein Mitglied der Kultusgemeinde und dann Partisan, sowie sein Neffe Josip Abraham.

Rückerhalt beweglichen Eigentums

Am 8. Mai 1945 begann die Finanzsektion des Landesrates der Volksverteidigung Kroatiens mit der Übernahme der Banken des Unabhängigen Staates Kroatien. In der Kroatischen Staatsbank (Hrvatska državna banka, die als Nationalbank des „Unabhängigen Staates Kroatien“ fungierte) fanden die neuen Beamten 178 Colli Preziosen – Wertsachen, die das Ustascha-Regime vor dem fluchtartigen Verlassen Zagrebs am 6. Mai 1945 dort zurückgelassen hatte. Der wertvolle Inhalt stammte aus der „Kontribution von Juden für den Bedarf des Staates“, die die kroatischen Juden bis 31. Oktober 1941 an die Ustascha-Polizei abliefern mussten: Bargeld und Wertbriefe, Diamanten, Perlen, Bruch- und Zahngold77HR HDA-1520, Odbor za podavanja Židova za potrebe Države [Komitee für jüdische Kontributionen zum staatlichen Bedarf], Fasz. 2, Liste „Iskaz“, Blätter 1–6. im Gesamtwert von 53.266.964 RM).78HR HDA-283 Ministarstvo financija Narodne Republike Hrvatske [Finanzministerium der Volksrepublik Kroatien], Fasz. 2, Abschlussbericht der Kommission mit Aufstellung der Eingänge. Nur eine einzige kommerzielle Bank des Unabhängigen Staates Kroatien zahlte ihren jüdischen Kunden die Einlagen aus, bevor der Staat 1941 sich dieser Einlagen bemächtigte und ihre Bankkonten und Safes beschlagnahmte.79Jere Jareb: Zlato i novac NDH izneseni u inozemstvo. Dokumentarni prikaz [Gold und Geld des Unabhängigen Staates Kroatien, das ins Ausland geschafft wurde. Eine Dokumentation]. Zagreb 1997, S. 263f. Die Dokumentation beruht auf den Unterlagen des Militärgerichts, das den Ministerpräsidenten Dr. Nikola Mandic und Außenminister Mile Budak zum Tode verurteilte und hinrichten ließ. – Zur Beschlagnahmung von jüdischem Vermögen: Nada Kisić Kolanović: Podržavljanje imovine Židova u NDH [Verstaatlichung des jüdischen Vermögens im Unabhängigen Staat Kroatien]. In: ČSP 30 (1998) H. 3, S. 450f.; siehe auch Susanne Rolinek: Raub und Restitution jüdischen Kulturgutes (= Handbuch Jüdische Kulturgeschichte, Kap. C. VIII. 5), ˂http://hbjk.sbg.ac.at/kapitel/raub-und-restitution-juedischen-kulturgutes/˃, 23.2.2021.

In der ehemaligen Kroatischen Nationalbank entdeckten die Beamten des Finanzministeriums des provisorischen Demokratischen Föderativen Jugoslawien (DFJ) „schlafende Konten“ – Konten, deren Besitzer sich nicht innerhalb eines Jahres ab dem Ende der Ustascha-Herrschaft gemeldet hatten.80HR HDA-283, Ministarstvo financija Narodne Republike Hrvatske [Finanzmiisterium der Volksepublik Kroatien], MF NRH, Fasz. 69, Listen von Konten- und Safeinhabern, Zl. 11749 vom 19.5.1947. Diese waren, gemäß Artikel 2 der AVNOJ-Beschlüsse vom 21. November 1944, den Eigentümern auszufolgen. Das Finanzministerium der Volksrepublik Kroatien entschied, in Abstimmung mit dem gesamt-jugoslawischen Finanzministerium, dass erbenloses Vermögen an den Staat zu fallen habe und nicht vererbbar sei. Anträge internationaler jüdischer Organisationen auf herrenloses, ehemals jüdisches Vermögen lehnte Jugoslawien ab.81Mevorah: O radu Saveza [Zur Tätigkeit des Bundes], S.123f. – HR HDA-283, Finanzministerium der Volksrepublik Kroatien [Ministarstvo financija NRH], MF NRH, Fasz. 75, Zl. 18585/47 vom 19.9.1947: Dort findet sich die Weisung des Justizministeriums der Volksrepublik Kroatien [Ministarstvo pravosuđa ‚Narodne Republike Hrvatske]. Erben konnten nur Familienangehörige oder testamentarisch eingesetzte Erbberechtigte, unter der Bedingung, dass sie eine rechtskräftige Todeserklärung des vermissten Safeeigentümers vorlegten, aufgrund derer das Gericht ein Verlassenschaftsverfahren durchführte und die Erbfolge bestätigte. Die Frist für die Erlangung der Todeserklärung betrug ein Jahr vom Datum des Inkrafttretens des Erbgesetzes (17.8.1946).82HR HDA-283, Finanzministerium der Volksrepublik Kroatien [Ministarstvo financija NRH], MF NRH, Fasz.75, Zl. 18585/47 vom 19.9.1947. Der Gesetzgeber musste gewusst haben, dass diese Frist im Hinblick auf die Umstände des Verschwindens oder des Ablebens im Krieg kaum einzuhalten war. Aber dem Staat lag daran, den Übergang möglichst viel herrenlosen Vermögens per Gesetzeskraft in Staatseigentum zu ermöglichen.83Expertise der Rechtsabteilung des Jugoslawischen Finanzministeriums im Akt des Finanzministeriums der Volksrepublik Kroatien [Ministarstvo financija NRH], HR-HDA-283, MF NRH, Fasz. 76, Zl. 24601 vom 29.11.1947. Dies wird durch eine Weisung des Justizministeriums der Volksrepublik Kroatien an die Verlassenschaftsgerichte bestätigt, den Umfang des zu vererbenden Nachlasses möglichst einzuschränken, „zugunsten des Staates, um nicht zu viel Vermögen in private Hand zu geben“.84HR HDA-283, MF NRH, Fasz. 1, br. 18585/47 od 19.9.1947.

Im Jahr 1941 mussten Kunstgegenstände in Privatbesitz, sofern sie nicht bei Razzien weggeschafft wurden, zum „Schutz vor Kriegseinwirkungen“ an das nächstgelegene Museum oder eine Galerie abgeliefert werden. Nichtbefolgung der Meldepflicht wurde mit Gefängnis bis zu fünf Jahren und empfindlichen Geldstrafen geahndet. Diese Pflicht erwies sich als „Zwangsablieferung“. Museen und Galerien verleibten diese „Leihgaben“ ihren Beständen ein und verweigerten nach dem Krieg generell die Rückgabe.85HR HDA-1076, Ponova [„Erneuerung“, Wiederaufbau]: Abteilung im Schatzministerium des Unabhängigen Staates Kroatien – Sektion für Finanzen, Staatsvermögen und Schulden [Ministarstvo državne riznice – Odjel za novčarstvo, državnu imovinu i dugove (Schatzministerium – Abteilung für Finanzen, Staatsermögen und Schulden], Nr. 502042 od 4.1.1944., Fasz. 248.

Die Führung des Unabhängigen Staates Kroatien begann im Herbst 1944 mit der Ausschaffung von Bargeld, Goldreserven und Wertgegenständen zu Schweizer Banken.86Die Führung des Ustaschastaates flüchtete am 6. Mai 1945 Richtung Kärnten, als die Partisanen schon vor Zagreb standen, siehe Fikreta Jelić Butić: Ustaše i Nezavisna Država Hrvatska 1941–1945. [Die Ustascha und der Unabhängige Staat Kroatien 1941–1945]. Zagreb 21978, S. 301–303. Reprint der Philosophischen Fakultät Zagreb: ˂http://darhiv.ffzg.unizg.hr/id/eprint/1874/1/labus.pdf˃. Im Frühjahr 1945 wurden kroatische Politiker und Spitzenbeamte in der britischen Besatzungszone in Kärnten gefangen genommen und an Jugoslawien ausgeliefert. Was mit dem von ihnen mitgeführten Geld und den Preziosen weiter geschah, ist nicht festzustellen.87Jareb: Zlato i novac [Gold und Geld], S. 249–256.

Die Depots in der Schweiz wurden aufgrund der Friedenskonferenz 1947 in Paris auf Diktat der Alliierten von der Schweiz an Jugoslawien zurückverwiesen. Die ehemaligen Eigentümer gingen leer aus. Hinterbliebene von Konten- und Safeinhabern in Schweizer Banken, die nicht damit rechneten, dass ihnen der jugoslawische Staat behilflich sein würde, bemühten sich selbst um Herausgabe des hinterlassenen Vermögens – aber vergeblich.88Sasson: Čovjek u svjetlom odjelu [Der Mann im hellen Anzug]. In: Domaš (Red.): Ako Tebe zaboravim [Wenn ich dich vergesse], S. 87f. Wegen dieser herren- und erbenlosen Konten intervenierte der US-Staatssekretär Stewart Eizenstadt in den Neunzigerjahren auf Betreiben von US-Anwälten geschädigter ehemaliger jüdischer Konten- und Safebesitzer beim Schweizer Bankenverein: Herrenlose Konten in der Schweiz. Auf der Suche nach dem verlorenen Geld. In: Wirtschaftswoche, 26.9.2016, ˂https://www.wiwo.de/politik/europa/herrenlose-konten-in-der-schweiz-auf-der-suche-nach-dem-verlorenen-geld/˃, 8.2.2021.

Fazit: Die Überlebenden des Holocaust und die kommunistische Gesellschaft

Den Neubeginn nach der Heimkehr in die Heimat schafften die Überlebenden des Holocaust, die sich 1948 und 1949 nicht zur Auswanderung nach Israel entschieden, im Wesentlichen aus eigenen Kräften. Die „Beiträge zur Erforschung der Geschichte jüdischer Familien“89Siehe Anm. 13. enthalten durchwegs Geschichten von Überlebenden, die die Erinnerungen an das Erlebte, aber auch die Enttäuschungen mit dem neuen, kommunistischen Staat, ohne Larmoyanz schildern. Alle erlebten die Diskrepanz zwischen propagandistischen Versprechen und tatsächlichen Leistungen, besonders bei der Vermögensrestitution. Sie erkannten, dass ihnen auch die nach dem Krieg reaktivierten Jüdischen Kultusgemeinden nicht umfassend helfen konnten, da das kommunistische Regime ihre Wirkungsmöglichkeiten einschränkte. Die Gemeinden bemühten sich dennoch um eine positive Einstellung zu den staatlichen Behörden, und auch diese kooperierten, obwohl es sich um „Kultusgemeinden“ handelte, deren Duldung durch das kommunistische Regime nicht selbstverständlich war. Naida Mihal Brandl und Emil Kerenji stimmen darin überein, dass die Beziehungen zwischen den Spitzen des Bundes der Jüdischen Gemeinden Jugoslawiens und den staatlichen Stellen, auch der KPJ, „ungetrübt gut“, jene in den Gemeinden gegenüber den kommunistischen Stellen „bemüht gut“ waren. Die „einfachen“ Gemeindemitglieder erlebten direkter und häufiger behördliches Misstrauen und Beschattung sowie Antisemitismus90Naida Mihal Brandl: Židovski identiteti nakon Drugog Svjetskog Rata – kratki pregled [Jüdische Identitäten nach dem Zweiten Weltkrieg – eine Kurzdarstellung], ˂http://www.academia.edu/18764910/%C5%BDidovski_identiteti_nakon_Drugog_svjetskog_rata_-_kratki_pregled_2015˃, 8.2.2021., ja sogar Versuche, missliebige Jüdinnen und Juden nach dem Vorbild der Sowjetunion ins Ausland abzuschieben.91Brandl führt als Beleg jüdische Angeklagte eines großen Wirtschaftsprozesses in Zagreb gegen Angestellte der staatlichen Verkaufsagentur für herrenloses Vermögen (NAMA) an. Einige wurden zum Tod, andere zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Strafe wurde ihnen gegen die Zusicherung der Auswanderung mit der jugoslawischen Alija erlassen: N. Mihal Brandl: Jews between Two Totalitarian Regimes. In: Židovski identitet/i u Hrvatskoj nakon Drugog svjetskog rata, S. 173f.; auch in Review of Croation History, 12 (2016) H. 1, S. 124. Aber nicht jedes behördliche Versagen, jede unterlassene Hilfeleistung muss auf Antisemitismus hindeuten, sondern kann auch mit dem „Verteilungskampf“ um die knappen Ressourcen in der Not der ersten Nachkriegszeit begründet werden.

Bis zum Jahr 1948 kamen Novellen des Nationalisierungsgesetzes vom 6. Dezember 1946 heraus, die die Verstaatlichungen durch das Gesetz über die Nationalisierung privater wirtschaftlicher Unternehmen „abrundeten“: Die kleinen Geschäfte und Handwerksbetriebe, die den Überlebenden als Existenzsicherung 1945 belassen wurden, wurden durch Steuern in die Knie gezwungen und verloren Ende 1946 definitiv ihre Existenz. Die jüdischen Aktionäre der großen Industrien und die Fabrikeigentümer, die ebenfalls 1941 enteignet worden waren, durften bzw. mussten gewusst haben, dass die Machtergreifung der Kommunisten mit der Verstaatlichung der Produktion und Rohstoffe einhergehen würde. Überlebende Großindustrielle kehrten daher aus der Emigration von vornherein nicht zurück. Mittelständische Kaufleute und Gewerbetreibende wurden von der Verstaatlichung im Jahr 1948 getroffen; sie hatten daher Zeit, sich darauf einzustellen und sich in der Heimat als Ersatzlösung in einem verwandten Gewerbe oder Handwerk ausbilden zu lassen.92Ein Beispiel: Der Sohn des Großindustriellen und Eigentümers der Fabrik für Keramikfliesen Armin Schreiner (1941 in Jasenovac ermordet), Paul Schreiner (Zagreb 1928 – Novara, 22.2.2021), wurde von einer Bauernfamilie versteckt und wurde 1945 mit der Tatsache konfrontiert, dass die Fabrik seines Vaters unwiederbringlich verloren war. Er ließ sich zum Konditor ausbilden und beabsichtigte, sich selbständig zu machen. Die Besteuerung kleiner Privatbetriebe kam einem „administrativen Mord“ gleich, so dass Paul Schreiner doch nach Israel auswanderte. Dort wurde er zu einem anerkannten Experten für die Keramikproduktion. 1960 folgte er der Einladung italienischer Fabrikanten und ließ sich in Novara nieder: Paul Schreiner: Spašeni u Zagrebu. Sjećanja troje preživjelih srodnika na hrvatski Holokaust [In Zagreb gerettet. Erinnerungen dreier überlebender Verwandter an den kroatischen Holocaust]. Zagreb 2014, S. 93f. Für jene, die in der Heimat bleiben wollten, war dies eine naheliegende Alternative. Doch weitaus mehr bevorzugten die Emigration. Ihre Angehörigen bildeten nebst den Vertretern freier Berufe das größte Kontingent der jugoslawischen Auswanderung nach Palästina zwischen 1945 und 1948.93Marica Karakaš Obradov: Iseljavanje Židova iz Hrvatske nakon Drugoga svjetskog rata [Emigration der Juden aus Kroatien nach dem Zweiten Weltkrieg]. In: Historijski zbornik [Historischer Almanach], Jg. LXVI (2013) H. 1, S. 391–404, hier: S. 396f.

In zahlreichen Eingaben an die Kommission für Petitionen des Kroatischen Parlamentes (Hrvatski Sabor) baten Opfer der Nationalisierung um Ausnahme von der Enteignung wegen des bereits 1941 erfolgten existenzschädigenden Vermögensentzuges. Schon damals seien sie, „bis dahin wohlhabende und wirtschaftlich-beruflich erfolgreiche Mitbürger, Wohltäter und Mäzene, auf das Niveau von Sozialfällen und Bittstellern um staatliche Hilfe herabgesunken“. Das kroatische Parlament antwortete den Petenten stereotyp: Rückgabe des nationalisierten Vermögens sei nach geltendem Gesetz prinzipiell nicht möglich“. Sollte eine Gesetzesänderung erfolgen, würden die von der Nationalisierung Betroffenen rechtzeitig in Kenntnis gesetzt und zu neuerlicher Antragstellung eingeladen werden.94HR HDA-278, Sabor NRH [Parlament der Volksrepublik Kroatien]: Petenten in Fasz. 1, Zl 40/47, 72/47. Doch das geschah bis zum Zerfall Jugoslawiens 1990 nicht.

Der Wiederaufbau der Existenz erwies sich für die jüdischen Überlebenden des Holocaust somit als schwieriges, ja traumatisches Vorhaben, denn es galt, nicht nur mit den Verlusten von Familienmitgliedern und Vermögen zurechtzukommen, sondern auch mit einem Staat, der die Überlebenden prinzipiell verdächtigte und als „Klassenfeinde“, als ehemalige Bourgeoise und „Ausbeuter“ bestrafte – durch eine neuerliche Enteignung, die sogar im Widerspruch zur Verfassung von 1946 stand. Nicht einmal jene Jüdinnen und Juden, die für Jugoslawien gekämpft hatten, konnten diesen Staat vorbehaltlos bejahen.95S. Goldstein: 1941, S. 426.

Die jüdischen Bürgerinnen und Bürger verhielten sich während der 45 Jahre kommunistischer Herrschaft still, zurückgezogen und loyal. Sie taten das aus Vorsicht, denn sie konnten die Ambivalenz der jugoslawischen Politik und Behörden ihnen gegenüber nicht übersehen. Jene, die ihr Judentum aus Respekt vor seinen Traditionen praktizierten, verloren die Beziehung zum Judentum als Religion, denn religiöses Leben fand bis 1990 nicht statt.96Nach der Jugoslawischen Alija blieb in ganz Jugoslawien nur mehr der Rabbiner von Sarajevo, Menahem Romano, im Amt: Vajs: Jevreji, im Text auf S. 14; siehe zu Romano auch ˂https://www.jta.org/1968/11/14/archive/menahem-romano-dead-at-87-last-surviving-yugoslavian-pre-war-rabbi˃ und ˂http://elmundosefarad.wikidot.com/nezaboravni-voljeni-rabin-nadrabin-menahem-avrama- romano˃. Sie scharten sich um die Gemeinden, die ihnen eine Heimat und einen Ort für ihre Erinnerungen an den Holocaust boten: Dort lernte die Enkelgeneration von ihnen. In der Öffentlichkeit konnten die nach 1945 Geborenen allenfalls von der Verfolgung der Juden in Kroatien selbst – von den Konzentrationslagern Jasenovac, Stara Gradiška, Jadovno, Slano und Metajna auf der Insel Pag, Đakovo und Loborgrad – erfahren, aber nur bruchstückhaft die Geschichte der Zwangsarbeit, Sklavenarbeit und der nationalsozialistischen Vernichtungslager.97Šiljak: Jewish Identities, ˂https://hrcak.srce.hr/7848˃, 26.4.2021. Auch jüdische Historikerinnen und Historiker mieden bis in die 1970er-Jahre Themen im Zusammenhang mit dem Holocaust: Damir Agičić, Magdalena Najbar-Agičić, Hrvatska historiografija o 1941. – polemika bez dijaloga [Die kroatische Geschichtsschreibung zum Jahr 1941 – Polemik ohne Dialog]. In: Sulejman Bosto, Tihomir Cipek, Olivera Milosavljević (Hgg.): Kultura sjećanja 1941. Povijesni lomovi: 1941 u sjećanju nacijā [Erinnerungskultur 1941. Historische Brüche: Das Jahr 1941 in der Erinnerung der Nationen]. Hg. von der Friedrich-Ebert-Stiftung Banja Luka. Zagreb 2008, S. 145–156, hier: S. 147–150, ˂library.fes.de/pdf-files/bueros/sarajevo/06043.pdf˃, 26.4.2021.

Den Behörden war daran gelegen, die Mitglieder der jüdischen Gemeinden als „Repräsentanten eines Jugoslawiens der Brüderlichkeit und Einheit aller jugoslawischen Völker und Völkerschaften“ zu „sozialisieren“. Diese Identität nahmen sie auch an, so dass Jude-Sein und die Mitgliedschaft im Bund der Kommunisten Jugoslawiens (Savez komunista Jugoslavije, SKJ) sowohl für die „Holocaust-Generation“ als auch für deren Kinder und Enkel vereinbar waren.98Šiljak: Jewish Identites, S. 378f., S. 383, S. 386.

Dr. phil. Anna Maria Grünfelder, Studium der Geschichte und Kunstgeschichte an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, Promotion 1974 mit dem Dissertationsthema: Die Zengger Uskoken in ihrer Bedeutung für die habsburgischen Länder. Tätigkeit als Dolmetscherin und Übersetzerin, anschließend bis 2010 im Dienst des österreichischen Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten als Pressereferentin und Dolmetscherin/Übersetzerin. Verfasserin mehrerer Studien zur Geschichte Jugoslawiens im und nach dem Zweiten Weltkrieg mit besonderer Berücksichtigung der jüdischen Gemeinschaft.


[1] Hrvatski Državni arhiv Zagreb (i. F.: HR-HDA; Kroatisches Staatsarchiv Zagreb), Privatarchiv Rudi Supek, Bestands-Nr. 1578, darin finden sich die Nummern 1–20 des Bulletins des Jugoslawischen Lagerkomitees Buchenwald „Naš glas“ („Unsere Stimme“), siehe hier Nr. 7 vom 30.5.1945, Blatt 3. – Rudi Supek (1913–1993) war ein Zagreber Soziologe, der im Jänner 1943 in Paris, wo er als Student in der Resistance mitarbeitete, von der Gestapo gefasst und in das KZ Buchenwald eingeliefert wurde.

[2] Edita Armut (verheiratete Kašiković, *1922 in Banja Luka, † [?] in Zagreb) geriet als Internierte des italienischen Lagers Kampor (Insel Rab) 1944 über Triest nach Auschwitz, siehe Edit Kašiković: Everyone carries their own fate with them – Svako svoju sudbinu nosi sa sobom. In: Aleksandar Gaon (Hg.), Steve Agnew u. a. (Mitarb.): We Survived. Yugoslav Jews on the Holocaust. Hg. vom Savez jevrejskih opština Srbije / Federation of Jewish Communities in Serbia. Beograd 2001, ˂http://www.jevrejskadigitalnabiblioteka.rs/handle/123456789/803/browse?type=author&value=Ka%C5%A1ikovi%C4%87+Armut%2C+Edita˃, 20.1.2021. – Biografische Daten: Ivo Goldstein (Hg.): Židovski biografski leksikon on-line [Jüdisches biographisches Lexikon]. Hrvatski leksikografski zavod „Miroslav Krleža“ [Kroatisches Lexikographisches Institut „Miroslav Krleža“]. Zagreb 2017, ˂https://www.lzmk.hr/˃, 16.3.2021. Bei allen biografischen Daten stütze ich mich auf dieses Lexikon; i. F.: Jüdisches biographisches Lexikon.

[3] So der aus Italien repatriierte Partisan Veljko Auferber aus Osijek; siehe Branka Cimermanović: Moja majka Ljerka Auferber [Meine Mutter Ljerka Auferber]. In: Jasminka Domaš (Red.): Glasovi, sjećanja, život. Prilog istraživanju povijesti židovskih obitelji [Stimmen, Erinnerungen, Leben. Beitrag zur Erforschung der Geschichte jüdischer Familien]. Zagreb 2015, S. 15–28. Veljko Auferber war der Ehemann von Ljerka Auferber, Branka Cimermanović ist deren Tochter.

[4] Anna Grünfelder: „Displaced Persons“ aus Jugoslawien. Repatriierung und Reintegration seit 1945. In: Südost-Forschungen 74. Regensburg 2015, S. 73–110, hier: S. 95.

[5] Alija (Aliyah) bezeichnet im Judentum generell die Rückkehr von Juden in das Land Israel. Zur jugoslawischen Aliyah bet‘: Mladenka Ivanković: Jevreji Jugoslavije 1944–1953 [Die Juden Jugoslawiens 1944–1953]. Beograd 2006, S. 199–206; Melita Švob: Židovi Hrvatske i Izrael. Osvrt [Die Juden Kroatiens und Israel. Eine Reflexion]. In: Migracijske teme [Migrationsthemen], Nr. 13. Zagreb 1997, S. 363–392. – Beispiele: Sonja Makek [auch Sonja Bar-Sela nach ihrem zweiten Ehemann]: Povijest moje obitelji [Geschichte meiner Familie]. In: Domaš (Red.): Glasovi, S. 81–190; Dan Bar-Sela: Sin stijene [Sohn des Felsens]. In: ebenda, S. 199–211. Sonja Makek [Bar Sela], geb. Keršner, *1945 in Zagreb; keine Angaben über ihren zweiten Ehemann Dan (Dragutin) Bar-Sela im Jüdischen biographischen Lexikon, nach persönlicher Information des Genannten *1928 in Zagreb.

[6] Emil Kerenji: Jewish Citizens of Socialist Yugoslavia. Politics of Jewish Identity in a Socialist State, 1944–1974. Diss. University of Michigan, 2008, S. 183.

[7] Solveg Sasson: Čovjek u svjetlom odijelu [Der Mann im hellen Anzug]. In: Domaš (Red.): Ako tebe zaboravim. Prilog istraživanju povijesti židovskih obitelji [Wenn ich dich vergesse. Beitrag zur Erforschung der Geschichte jüdischer Familien]. Zagreb 2018, S. 71–91, hier: S. 89. Die Familie des Fabrikanten Mario Sasson, der in Auschwitz ums Leben kam, erfuhr davon erst aus den Transkripten des Eichmann-Prozesses und den jugoslawischen Medien, die wegen der jugoslawischen Zeugen ausführlich über den Prozess berichteten. Eichmann soll demnach persönlich die Deportation des Unternehmers und Fabrikanten Mario Sasson und seiner ganzen Familie „nach dem Osten“ gefordert haben, weil sich Mario Sasson geweigert haben soll, Kohle aus Jugoslawien statt in die Schweiz ins Deutsche Reich zu liefern.

[8] Vgl. Anm. 4.

[9] Harriet Pass Freidenreich: The Jews of Yugoslavia. A Question for Community. Jewish Pubn Society. Philadelphia 1979, S. 179f.

[10] Marija Vulesica: Die Ermordung der Juden in den jugoslawischen Gebieten 1941–1945. In: Đorđe Tomić, Roland Zschächner, Mara Puškarević u. a. (Hgg.): Mythos Partisan. Münster 12013, S. 90–109.

[11] Ivo Goldstein: Holokaust u Zagrebu [Der Holocaust in Zagreb]. Zagreb 2001, S. 649.

[12] Beispiel: Der Osijeker Großindustrielle Makso Herman, siehe Vilim Herman: Kronika obitelji Herman [Chronik der Familie Herman]. In: Domaš (Red.): Glasovi, S. 119–127, hier: S. 125f. Vilim Herman, *1949 in Osijek. Zu seinem Vorfahren Makso gibt es keine Angaben im Jüdischen biographischen Lexikon.

[13] Beispiele: Makek [Bar-Sela]: Povijest, S. 205; Slavko Goldstein: 1941: Godina koja se vraća [1941: Das Jahr, das sich wiederholt]. Zagreb 22007, S. 497. Weitere Beispiele gibt es auch in den Akten der Repatriierungskommission, vorhanden in: HR-HDA-1522, Faszikel 2. Heimkehrer aus Israel nach Rijeka und Split.

[14] Trilogie Jasminka Domaš (Red.): Glasovi, sježanja, život [Stimmen, Erinnerungen, Leben]. Zagreb 2015 (= 1. Band); Obitelji [Familien]. Zagreb 2016 (= 2. Band); Ako Tebe zaboravim [Wenn ich dich vergesse]. Zagreb 2018 (= 3. Band); Untertitel aller drei Bände: Prilog za istraživanje povijesti židovskih obitelju [Beitrag zur Erforschung der Geschichte jüdischer Familien].

[15] Zemaljska komisija za repatrijaciju [Landesrepatriierungskommission], HR-HDA-1522, ZKRH); Ministarstvo socijalnog staranja [Ministerium für Sozialfürsorge], HR-HDA-296 MSS NRH; HR-HDA-283, Ministarstvo financija Narodne Republike Hrvatske [Finanzministerium der Volksrepublik Kroatien], MF NRH; HR-HDA-313, Zemaljska uprava narodnih dobara [Landesverwaltung von Volksvermögen], ZUND; HR-HDA-306, Zemaljska komisija za utvrđivanje zločina okupatora i njihovih pomagača [Landeskommission zur Ermittlung von Kriegsverbrechen der Besatzer und ihrer Kollaborateure], ZKRZ. Das Archiv der Jüdischen Kultusgemeinde Zagreb aus der Vorkriegs- und Kriegszeit findet sich, soweit es unter den Bedingungen der deutschen Besatzung und des Ustascha-Regimes erhalten werden konnte, in Abschriften im Archiv des Jevrejski Istorijski Muzej (JIM; Jüdisches Historisches Museum) in Belgrad und wird noch geordnet. Es ist derzeit nur eingeschränkt benutzbar.

[16] Branko Polić: Na pragu zrelosti. Autobiografski zapisi [An der Schwelle zur Reife. Autobiografische Notizen]. Zagreb 2010, S. 40; S. Goldstein: 1941, S. 425; Zeev Milo: Im Satellitenstaat Kroatien. Eine Odyssee des Überlebens 1941–1945. Mit ausführlicher Beschreibung der historischen Ereignisse. Klagenfurt 22002, S. 179–191. (Lebensdaten: Branko Polić: 1924–2014; Slavko Goldstein: 1928–2017; Zeev Milo alias Vladimir Miller [auch Müller oder Miler]: Zagreb 1925–[?]).

[17] S. Goldstein: 1941, S. 425. Irritationen zwischen Tito und Stalin, zwischen dem Generalstab der jugoslawischen Volksbefreiungsarmee und der Komintern gab es seit dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion, als die Komintern alle kommunistischen Parteien zur gemeinsamen Hilfe für die UdSSR aufforderte. Jugoslawien verweigerte die Teilnahme, weil es selbst schon besetzt war. Einmischungen der Komintern in die Kriegsführung in Jugoslawien wurden von der Partisanenarmee ignoriert oder zurückgewiesen. Diesen Aspekt der Kriegsführung schilderte der Dolmetscher im Generalstab der Partisanen Vladimir Velebit (Zadar 1907 – Zagreb 2004; nach dem Krieg einer von Titos Spitzendiplomaten, 1951 jugoslawischer Botschafter in Rom, 1952–1956 Botschafter in London, 1960–1970 in UNO-Kommissionen und als Delegierter der Carnegie-Foundation im Israelisch-Palästinensischen Konflikt tätig): Vladimir Velebit: Moj život [Mein Leben]. Zagreb 2015, S. 248, S. 317–320, S. 343 und passim.

[18] Velebit: Moj život, S. 343; S. Goldstein: 1941, S. 425f.

[19] Naida Mihal Brandl: Jews between Two Totalitaran Regimes. In: Židovski identitet/i u Hrvatskoj nakon Drugog svjetskog rata. Pregled [Jüdische Identität/en in Kroatien nach dem Zweiten Weltkrieg. Ein Überblick]. In: Ljiljana Dobrovšak, Ivana Žebec Šilj (Hgg.): Nacionalne manjine u Hrvatskoj i Hrvati kao manjina – europski izazovi [Nationale Minderheiten in Kroatien und Kroaten als Minderheit. Europäische Herausforderungen]. Zagreb 2005, S. 167–194, hier: S. 173f; auch in Review of Croatian history 12 (2016) H. 1, Zagreb 2016, S. 103–127. Ihre Feststellung wurde übernommen von Ari Kerkkänen: Yugoslav Jewry. Beograd 1999, S. 40f, aber widersprochen von Lea Šiljak: Jewish Identities in Croatia – a socijal psychological perspective. In: Migracijske teme 19 (2003) H. 4, S. 363–390, hier: S. 364, ˂https://hrcak.srce.hr/7848˃, 26.4.2021.

[20] HR-HDA-291, Ministarstvo prosvjete Narodne Republike Hrvatske [Erziehungsministerium der VR Kroatien], MP NRH, Fasz.62, 65, 66; HR-HDA-296, Ministarstvo socijalnog staranja Narodne Republike Hrvatske [Sozialministerium der Volksrepublik Kroatien], MSS NRH, Fasz. 65.

[21] Beispiele: Dr. Pavle Vinski wirkte seit der Gründung der Kroatischen Kriegsverbrecherkommission (1944) bis zu deren Einstellung (1947) als ihr Leiter: HR-HDA-306, ZKRZ, Mikrofilm Z-2944, Azl.2235/45; Univ.-Prof. Dr. Mladen Singer (1930–2014) war Jugendstrafrichter und lehrte an der Fakultät für Heilpädagogik in Zagreb, siehe: Ljiljana Mikšaj-Todorović, Irma Kovčo-Vukadin: In memorian prof. dr. sc. Mladen Singer. Nekrolog, Obituarij [In memoriam Prof. Dr. Mladen Singer. Ein Nachruf]. In: Kriminologija & socijalna integracija: časopis za kriminologiju, penologiju i poremećaje u ponašanju [Kriminalwissenschaft und soziale Integration: Zeitschrift für Kriminalwissenschaft, Strafrechtswissenschaft und Sozialintegration], 22 (2014) H. 1, S. 240–242, ˂https://hrcak.srce.hr/134065˃, 24.3.2021. Einen der höchsten militärischen Dienstgrade erreichte die Partisanenärztin Dr. Rosa Papo aus Sarajevo: Jaša Romano: Jevreji Jugoslavije 1941–1945. Žrtve genocida i učesnici Narodnooslobodilačke borbe. [Die Juden Jugoslawiens 1941–1945. Opfer des Genozids und Teilnehmer des Volksbefreiungskampfes]. Beograd 1979, S. 364.

[22] Jüdisches biographisches Lexikon (wie Anm. 2), ˂https://zbl.lzmk.hr/?p=2384˃, 24.3.2021.

[23] Angaben zu Dr. Zora Steiner, geb. Goldschmidt (1902–1985), finden sich im Nachlass des Paares im Kroatischen Staatsarchiv Zagreb, HR-HDA-1889, Ostavština Dr. Stjepan Steiner.

[24] Jüdisches biographisches Lexikon (wie Anm. 2), ˂https://zbl.lzmk.hr/?p=1494˃, 24.3.2021; der Gründungsprozess dauerte bis 1962.

[25] Dragan Golubović: Kako je Emerik Blum stvorio ekonomsko čudo [Wie Emerik Blum das Wirtschaftswunder bewirkte], ˂https://analiziraj.ba/kako-je-emerik-blum-stvorio-ekonomsko-cudo/˃.

[26] Am 24. Mai 1948 beschloss das „Informbiro“ (dt.: Kominform, Kommunistisches Informationsbüro, das Zentrum der kommunistischen Bewegung), den Ausschluss Jugoslawiens als „Abweichler“. Berislav Jandrić: Djelatnost sljedbenika rezolucije informbiroa u Hrvatskoj 1948–1953 [Die Tätigkeit der Anhänger der Resolution des Kominform in Kroatien 1948–1953]. In: Časopis za suvremenu povijest [Zeitschrift für Zeitgeschichte], i. F.: ČSP], 26 (1994) H. 2, S. 317–336, hier: S. 321–324.

[27] S. Goldstein: 1941, S. 425.

[28] Die Verpflichtung zur Rückkehr in das Heimatland widersprach dem alliierten Beschluss bei der Konferenz von Jalta. Die Westalliierten bestanden auf Freiwilligkeit und räumten nur der Sowjetunion eine Ausnahmeregelung ein: W(ilhelm). Jacobmeyer: Vom Zwangsarbeiter zum heimatlosen Ausländer. Die Displaced Persons in Westdeutschland 1945–1951. Göttingen 1985, S. 30.

[29] Službeni list DFJ (i. F.: SL DFJ; Amtsblatt des Demokratischen Föderativen Jugoslawien) Nr. 30 vom 28. April 1945 und SL DF Nr. 64 vom 23. August 1945. Details zur gesetzlichen Lage und Repatriierungsinstitutionen: Grünfelder: „Displaced Persons“, S. 80.

[30] HR-HDA-1512, Zemaljska komisija za repatrijaciju (Landesrepatriierungskommission, ZKRH).

[31] Zum Verlauf der Repatriierung der jugoslawischen Insassen von Buchenwald mit Hilfe der tschechoslowakischen KP siehe: Grünfelder: „Displaced Persons“, S. 90f.

[32] Lazar Weinberger: Dachau. In: Domaš (Red.): Glasovi, S. 151–169, hier: S. 166f.

[33] Die Geheimpolizei OZNA (Odelenje za zaštitu naroda, dt.: Abteilung für Volksschutz) wurde 1943 von AVNOJ gegründet, um die Bevölkerung in den von den Partisanen eroberten oder kontrollierten Territorien auf ihre politische Gesinnung hin zu kontrollieren: William Klinger: Il terrore del popolo. Storia della polizia politica di Tito. Trieste 2012. Kroatische Ausgabe: Teror narodu. Povijest Titove političke policije. Zagreb: Večernji list, 2014.

[34] Der Zagreber Philosoph Rudi Supek machte nach seiner Heimkehr aus dem KZ Buchenwald nach Zagreb die Erfahrung, dass die Staatspolizei OZNA noch während seiner KZ-Internierung (1943–1945) Belastungsmaterial über sein Verhalten als KZ-Insasse gesammelt hatte und ihn der Komplizenschaft mit der SS zum Schaden der Mitinternierten beschuldigte: HR-HDA-1780, Fasz. 29, Chronologie des activités politiques 1939–1940 (dans la Résistance et dans la Déportation à Buchenwald), verfasst am 14.12.1971.

[35] Die Jüdische Kultusgemeinde Zagreb durfte während der Ustascha-Herrschaft weiterbestehen, weil sie von der Verwaltung der Konzentrationslager zur Lieferung von Lebensmittelrationen an die Häftlinge verpflichtet wurde: I. Goldstein: Holokaust, S. 387. Die diesbezügliche Verordnung des Innenministeriums des Unabhängigen Staates Kroatien (Ministarstvo unutrašnjih poslova Nezavisne Države Hrvatske, MUP NDH), HR-HDA-223, Zl.13520-3095/1942, ist nicht datiert.

[36] HR HDA-296, Ministarstvo socijalnog staranja Narodne Republike Hrvatske [Sozialministerium der Volksrepublik Kroatien] MSS NRH, Fasz. 3, Zl. 4362-VII/1945 vom 4.7.1945; HR-HDA-1522, ZKRH, Fasz. 6, Zl. 64/48 und 65/48 vom 29.1.1948.

[37] Die internationale humanitäre Organisaiton UNRRA lieferte monatlich Lebensmittel für Repatriierte, aber die Sendungen durften nur für Zivilisten verwendet werden, nicht für die Armee. Auch Hilfsgüter zum Wiederaufbau wie Baumaterial und Baumaschinen umfasste das Hilfsprogramm: Međunarodni odnosi Jugoslavije: ˂https://hrcak.srce.hr/file/138_72.pdf˃, 20.6.2020. Zum Ausmaß der Hilfe: Vera Kržisnik Bukić: Hrana kao glavni vid UNRRA-ine pomoći Jugsolaviji 1943–1948 [Lebensmittel als wichtigste Hilfsgüter der UNRRA für Jugoslawien 1943–1948]. In: ČSP 20 (1988) H. 3, S. 59–76, hier: S. 60, S. 67f.

[38] HR-HDA, Ministerium für Volksgesundheit [Ministarstvoi narodnog zdravlja], Sig. HR-HDA-287, MNZ, Fasz. 6, Zl. 5508, 5781; Siniša Zrinščak: Zdravstvena politika Hrvatske [Gesundheitspolitik in Kroatien]. In: Revija socijalne politike [Revue für Sozialpolitik], 14 (2007) H. 2, S. 193–220, hier: S. 197.

[39] HR-HDA-287, Ministarstvo narodnog zdravlja Narodne Republike Hrvatske [Ministerium der Volksgesundheit der VR Kroatien), MNZ NRH, Fasz. 6-10 enthält Krankengeschichten. Die Auswertung der Dokumente konnte wegen der Corona-bedingten Einschränkung der Archivbenützung 2020/2021 nicht geleistet werden, wird jedoch aufgenommen, da sie Hinweise auf Patienten mit KZ-Erfahrung geben dürften.

[40] Dragica Kozarić-Kovačić, Zrinka Kovačić, Lea Rukavina (Universitätsklinik für Psychiatrie Zagreb-Dubrava), und Dario Kovač: Što je posttraumatski stresni poremećaj (PTSP) [Was ist die Posttraumatische Belastungsstörung]. In: Klinička psihologija [Klinische Psychologie], Zagreb 2013.

[41] Weinberger: Dachau. In: Domaš (Red.): Glasovi, S. 167.

[42] Natan Langer: Život s vjerom i u vjeri [Leben mit dem Glauben und aus dem Glauben]. In: Domaš (Red.): Glasovi, S. 233–250, hier: S. 246. (Zu Natan Langer sind keine biografischen Daten bekannt).

[43] Mario Braun: Skupljanje krhotina [Splitter zusammensuchen]. In: Domaš (Red.): Ako Tebe zaboravim. Prilog [Wenn ich dich vergesse. Beitrag]. Zagreb 2018, S. 31–59, hier: S. 54–57. (Boris Braun, Marios Vater, *1920 in Djurdjevac – Zagreb 2018).

[44] Lea Kriesbacher Fürth: Na obali Dunava [Am Donauufer]. In: Domaš (Red.): Glasovi, S. 137–140. (Lea Kriesbacher geb. Fürth, 1926–2019).

[45] Mirjana Gross begann vor dem Krieg noch mit dem Medizinstudium. 1941–1943 konnte sie mit ihren Eltern in Verstecken überleben. 1943 wurde sie aufgespürt und deportiert. Sie und ihre Mutter überlebten. Nach der Rückkehr und Heilung fand sie eine Anstellung im Sozialministerium der Volksrepublik Kroatien, sodann im Kultur- und Erziehungsektor des Erziehungsministeriums, ehe sie sich zum Studium der Geschichte und Kunstgeschichte entschloss. Publikationsliste: ˂https://www.enciklopedija.hr/natuknica.aspx?id=23501˃.

[46] Todesurteile für Mitgliedschaft in der Ustascha, mit der die Beteiligung und Mitschuld an Kriegsverbrechen ohne Nachweis einfach vorausgesetzt wurde, finden sich im Bestand Zemaljska komisija za utvrđivanje zločina okupatora … (Landeskommission zur Ermittlung von Kriegsverbrechen der Besatzer …), HR-HDA-306, ZKRZ, Z-2958, ZM 22/25, kutija 28, Urteil Zl. 1573/45 vom 25.7.1945, Z-2953, ZM 22/24, Z-2982, ZM 22/49, Fasz. 60, Zl. 2753/45 und Z-2983, ZM/22/50, Zl. 2754.

[47] Mündliche Auskunft von Darko F. an die Autorin, Jänner 2021. Auf Wunsch des Zeitzeugen wurde der Familienname abgekürzt.

[48] Avram Mevorah: O radu Saveza jevrejskih opština Jugoslavije prvih dana po oslobođenju [Zur Tätigkeit des Bundes der Jüdischen Gemeinden Jugoslawiens in den ersten Tagen nach der Befreiung]. In: Jevrejski Almanah [Jüdischer Almanach], Beograd 1955/1956, hg. v. Žak Konfino, Aleksandar Levi, Zdenko Levntal. Beograd 1956, S. 123–126, hier: S. 123; Kerenji: Jewish Citizens, S. 134f.

[49] Briefwechsel des Präsidenten der Jüdischen Kultusgemeinde Zagreb und des Präsidenten des Bundes der jugoslawischen Kultusgemeinden an JOINT, in: Kerenji: Jewish Citizens, S. 134–136.

[50] Aleksandar Lebl: Prekid diplomatskih odnosa SFRJ i Izraela 1967. godine [Der Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien und Israel im Jahre 1967]. In: Tokovi istorije [Historische Prozesse], 1-4. Beograd 2001, S. 39–75, hier: S. 41f, ˂http://jevrejskadigitalnabiblioteka.rs/bitstream/id/4363/LeblPrekidDiplomatskihOdnosaOCR.pdf˃, 21.3.2021. Diese Vereinigung wurde noch vor dem Zweiten Weltkrieg gegründet, um den Flüchtlingen, die über Jugoslawien nach Palästina einwanderten, zu helfen; A. Lebl: ebenda, S. 42.

[51] Kerenji: Jewish Citizens, S. 136, S. 138f.

[52] Ebenda, S. 138; die Quellen dazu fand der Autor im Archiv des Jüdischen Museums (Jevrejski Istorijski arhiv, JIM) in Belgrad. Die Verteilung der Unterstützungsgelder bezieht sich, Kerenjis Ausführungen zufolge, auf jüdische Gemeinden in Serbien und der Woiwodina.

[53] Albert Vajs: Jevreji u novoj Jugoslaviji [Die Juden im neuen Jugoslawien]. In: Jevrejski Almanah [Jüdisches Jahrbuch], Beograd 1954, S. 125–144, ˂http://www.jevrejskadigitalnabiblioteka.rs/handle/123456789/255˃; Mladenka Ivanković: Jevreji Jugoslavije 1944–1953 [Die Juden Jugoslawiens 1944–1953]. Beograd 2006, S. 65. – Univ.-Prof. Dr. Albert Vajs (*1905 in Zemun/Semlin – gest. 1964 in Belgrad); 1941 wurde er als Angehöriger der Königlich-Jugoslawischen Armee von den Deutschen als Kriegsgefangener in mehreren Kriegsgefangenenlagern interniert und kehrte 1945 nach Jugoslawien zurück. Er leitetete die Staatskommission zur Ermittlung der Kriegsverbrechen der Besatzer und ihrer Kollaborateure; als Strafrechtsexperte mit internationalem Ruf vertrat er die Klagen jugoslawischer Opfer vor dem Nürnberger Tribunal und dem Eichmann-Prozess in Jerusalem, siehe: Jüdisches biographisches Lexikon (wie Anm. 2), ˂https://zbl.lzmk.hr/?p=2650˃.

[54] Bis 1946 nahmen in ganz Jugoslawien 35 von den 117 vor dem Krieg bestehenden Gemeinden ihre Tätigkeit auf: Mevorah: O radu Saveza, S. 23. Kerenji: Jewish Citizens, S. 165.

[55] Kerenji: Jewish Citizens, S. 163.

[56] HR-HDA-207, Zemaljsko antifašističko vijeće narodnog oslobođenja Hrvatske [Antifaschistischer Landesrat der Volksverteidigung Kroatiens], ZAVNOH, Fasz. 131, Zl. 13348-2355; Amtsblatt „Službeni list DFJ“ Nr. 3 vom 9. Februar 1945.

[57] Amtsblatt des Demokratischen Föderativen Jugoslawien: „Službeni list DFJ“ Nr. 2 vom 6. Februar 1945, S. 13f.

[58] HR-HDA-1115, Savjet za narodno zdravlje i socijalu [Rat für Volksgesundheit und soziale Angelegenheiten], Fasz. 21, Nr. 3978-IV-Rad-1952 vom 19.5.1952.

[59] HR HDA-207, ZAVNOH Fasz. 132, Zl. 13.483-2670; 352/45, 353/45 I 354/55, alle vom 12.3.1945. Roma wurden in den Dokumenten der Frühzeit der kommunistischen Verwaltung nicht genannt, obwohl auch sie zu den zur Ausrottung bestimmten Personengruppen gehörten und auch dem Massenmord in Jasenovac zum Opfer fielen. Siehe dazu: Narcisa Lengel-Križman: Prilog proučavanju terora u tzv. NDH: Sudbina Roma 1941–1945. [Ein Beitrag zur Erforschung des Terrors im USK (im Unabhängigen Staat Kroatien): Das Schicksal der Roma 1941–1945]. In: ČSP 18 (1986) H. 1, S. 29–42.

[60] Zakon o postupanju s imovinom koju su vlasnici morali napustiti u toku okupacije i imovinom koja im je oduzeta od strane okupatora i njihovih pomagača [Gesetz über die Behandlung von Vermögen, das die Eigentümer unter dem Druck der Besatzer und ihrer Kollaborateure hinterlassen mussten]: Amtsblatt „Službeni list DNRJ“, Nr. 36 vom 24. Mai 1945.

[61] Die „Koordination“ entsprach in etwa einer „Dachvereinigung“, hatte in der Praxis aber weniger Einfluss auf die einzelnen Gemeinden, als es dem Verständnis von „Dachverbänden“ entspricht.

[62] Am 10. September 1952 schloss die Bundesrepublik Deutschland mit Israel und der Jewish Claims Conference das Luxemburger Abkommen. Die Bundesrepublik verpflichtete sich zur Zahlung von drei Milliarden DM an den Staat Israel sowie 450 Millionen DM an die Jewish Claims Conference zur Unterstützung, Rehabilitierung und Wiederansiedlung jüdischer NS-Opfer.

[63] Židovska općina Zagreb (Jüdische Gemeinde Zagreb), www.zoz.hr: Die für Kroatien zuständige Stelle des Claims-Fonds ist der Central & Eastern European Fund – Claims Conference, ˂http://www.claimscon.org/regions/eastern-europe/croatia/˃, 26.4.2021.

[64] Der AVNOJ-Beschluss findet sich veröffentlicht im Amtsblatt SL DFJ, Nr. 2, vom 6.2.1945, S. 13f. Dazu Tomislav Anić: Normativni okvir podržavljenja imovine u Jugoslavij/Hrvatskoj 1944–1946 [Normativer Rahmen für die Verstaatlichung von Vermögen in Jugoslawien/Kroatien 1944–1946]. In: ČSP 39 (2007) H. 1, S. 25–62, ˂https://hrcak.srce.hr/16176˃, 8.2.2021. Das Gesetz über die Behandlung von Vermögen, das die Eigentümer unter dem Druck der Besatzer und ihrer Kollaborateure hinterlassen mussten, findet sich im Amtsblatt des Demokratischen Föderativen Jugoslawien, „Službeni list DFJ“, Nr. 36 vom 24. Mai 1945 (siehe Anm. 60).

[65] Moše Pijade (Beograd 1890 – Paris 1957), Studium der Malerei in München und Paris, Kunsterzieher und Journalist, seit 1920 Mitglied der in Jugoslawien verbotenen KPJ im Untergrund, wurde verhaftet und verbrachte insgesamt 14 Jahre im Gefängnis. Wegen der unmenschlichen Haftbedingungen in den berüchtigten Gefängnissen des Königreiches Jugoslawien streikte er mit seinen Mitgefangenen, Kommunisten wie er selbst. In der Haft verfasste er theoretische Schriften zum „Kommunistischen Manifest“. Nach dem deutschen Angriff auf Jugoslawien konnte er aus der Haft entkommen und ging im Auftrag der Partei nach Montenegro, um dort den Aufstand gegen die Besatzer vorzubereiten. Im Dezember 1941 wurde er in den Generalstab der Partisanenarmee (NO-POJ) aufgenommen. Seit 1943 wirkte er als Vizepräsident des Präsidiums von AVNOJ und als Koautor der neuen jugoslawischen Verfassung vom 31. Jänner 1946. In der Nachkriegszeit gehörte er zu den prominentesten Juden in der politischen Führungsspitze Jugoslawiens, vertrat sein Land bei der Friedenskonferenz in Paris. 1957 starb er in Paris, auf der Rückkehr aus London, wohin er eine jugoslawische Parlamentarierdelegation geführt hatte; siehe Hrvatska enciklopedija, mrežno izdanje [Kroatische Enzyklopädie. Elektronische Ausgabe]. Leksikografski zavod Miroslav Krleža [Lexikographisches Institut Miroslav Krleža], Zagreb 2021: ˂www.enciklopedija.hr/Natuknica.aspx?ID=48186˃.

[66] Marijan Maticka: Zakonski propisi o vlasničkim odnosima u Jugoslaviji 1944–1948. godine, [Eigentümerrechtliche Gesetzesbestimmungen in Jugoslawien 1944–1948]. In: Radovi-Zavod za hrvatsku povijest [Arbeiten des Institutes für kroatische Geschichte], 24 (1992) H. 3, S. 123–148, hier: S. 135, ˂www/hrcak.srce.hr/file/34247˃, 8.2.2021.

[67] Zeev Milo (alias Vladimir Müller): Im Satellitenstaat Kroatien, S. 272f.

[68] Mila Ajzenštajn: Od mjesta do mjesta [Von Ort zu Ort]. In: Domaš (Red.): Glasovi, S. 87–94.

[69] Mila Ajzenštajn (*1922 in Wien) wuchs im bosnischen Tuzla auf und studierte in Zagreb Pharmazie. 1941 flüchtete die Familie in die italienische Besatzungszone, wurde im italienischen Lager Kraljevica, 1943 auf Kampor (Insel Rab) interniert. Nach der Auflösung dieses Lagers schloss sich die Familie den Partisanen an; Mila wurde Leiterin der Zentralapotheke des Landesrates der Volksbefreiung Jugoslawiens (ZAVNOH). Dazu HR-HDA-287, Ministarstvoi narodnog zdravlja Narodne Republike Hrvatske [Ministerium für Volksgesundheit der Volksrepublik Kroatien], MNZ NRH, Fasz. 4, Zl. 1509, 5. Juni 1945 und 1519 vom 7. Juni 1945 – Ernennungsurkunde. Nach dem Krieg arbeitete sie in den Laboratorien von Pharmazieunternehmen. Selbst im kroatischen Unabhängigkeitskrieg (1991–1995) engagierte sie sich, obwohl sie seit 1985 in Pension war, ˂http://zbl.lzmk.hr/?p=2002˃, 10.8.2019.

[70] HR HDA-1220, Centralni komitet Komunističke partije Hrvatske [Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Kroatiens [CK KPH], Fasz. 5, 1945/IX, Zl. 1898 vom 4.9.1945.

[71] Amtsblatt SL DFJ, Nr. 2 vom 6.2.1945, S. 13f; Anić: Normativni okvir, S. 35.

[72] Amtsblatt SL DFJ, Nr. 36/1945, mit Änderungen und Ergänzungen Nr. 68/1945, Nr. 4/1946, Nr. 105/1946, Nr. 88/1947, Nr. 99/1948; N. Mihal Brandl: Jews between Two Totalitarian Regimes. In: Židovski identitet/i u Hrvatskoj nakon Drugog svjetskog rata, S. 181.

[73] Tomislav Anić belegt diese Konsequenz anhand mehrerer Beispiele, siehe Anić: Normativni okvir, S. 25–62 bzw. ˂https://hrcak.srce.hr/16176˃; ders.: Podržavljenje stranog kapitala u Hrvatskoj/Jugoslaviji [Verstaatlichung von Auslandskapital in Kroatien/Jugoslawien 1945–1946]. In ČSP 40 (2008) H. 3, Zagreb 2008, S. 819–832, hier: S. 832, ˂https://hrcak.srce.hr/39776˃; ders.: Povijest poduzeća „La Dalmatienne“ – imovinsko-pravne mijene [Geschichte des Unternehmens „La Dalmatienne“ – Änderung des Rechtsstatus]. In: Radovi Zavoda za hrvatsku povijest [Arbeiten des Institutes für kroatische Geschichte], Bd. 48. Zagreb 2016, S. 405–426.

[74] Raoul Pupo: Fiume cittá di passione [Fiume, Stadt der Leidenschaft]. Napoli 2018, S. 241f.

[75] Ljubomir Mayer: Tragom jedne skoro izgubljene priče. Prilog … [Einer fast vergessenen Geschichte auf der Spur. Beitrag … ]. In: Domaš (Red.): Glasovi, S. 251–262.

[76] HR HDA-313, Zemaljska uprava narodnih dobara [Landesverwaltung von Volkseigentum], ZUND, Fasz. 11, Zl. 775/31.5.1945. i Zl. 726/45 vom 31.5.1945. Ein Beispiel: Silvija Freiberger, die mit ihrer Mutter Fany Molnar 1943 in ein „Nazilager“ deportiert wurde, wo ihre Mutter ums Leben kam, kehrte am 21. Mai 1945 nach Zagreb zurück. In die ehemalige Wohnung konnte sie nicht mehr einziehen, da der neue Besitzer (seit 1941) die Wohnung vermietet hatte. Die Vermögensverwaltung (ZUND) gestattete Silvija, nach Unterzeichnung einer Haftungserklärung, aus ihrer ehemaligen Wohnung Mobiliar, elektrische Haushaltsgeräte, etwas Wäsche, Kleidung und Schuhe, Geschirr und Lebensmittel in die Ersatzwohnung mitzunehmen. Ebenso Dedijer Abraham, vor dem Krieg ein Mitglied der Kultusgemeinde und dann Partisan, sowie sein Neffe Josip Abraham.

[77] HR HDA-1520, Odbor za podavanja Židova za potrebe Države [Komitee für jüdische Kontributionen zum staatlichen Bedarf], Fasz. 2, Liste „Iskaz“, Blätter 1–6.

[78] HR HDA-283 Ministarstvo financija Narodne Republike Hrvatske [Finanzministerium der Volksrepublik Kroatien], Fasz. 2, Abschlussbericht der Kommission mit Aufstellung der Eingänge.

[79] Jere Jareb: Zlato i novac NDH izneseni u inozemstvo. Dokumentarni prikaz [Gold und Geld des Unabhängigen Staates Kroatien, das ins Ausland geschafft wurde. Eine Dokumentation]. Zagreb 1997, S. 263f. Die Dokumentation beruht auf den Unterlagen des Militärgerichts, das den Ministerpräsidenten Dr. Nikola Mandic und Außenminister Mile Budak zum Tode verurteilte und hinrichten ließ. – Zur Beschlagnahmung von jüdischem Vermögen: Nada Kisić Kolanović: Podržavljanje imovine Židova u NDH [Verstaatlichung des jüdischen Vermögens im Unabhängigen Staat Kroatien]. In: ČSP 30 (1998) H. 3, S. 450f.; siehe auch Susanne Rolinek: Raub und Restitution jüdischen Kulturgutes (= Handbuch Jüdische Kulturgeschichte, Kap. C. VIII. 5), ˂http://hbjk.sbg.ac.at/kapitel/raub-und-restitution-juedischen-kulturgutes/˃, 23.2.2021.

[80] HR HDA-283, Ministarstvo financija Narodne Republike Hrvatske [Finanzmiisterium der Volksepublik Kroatien], MF NRH, Fasz. 69, Listen von Konten- und Safeinhabern, Zl. 11749 vom 19.5.1947.

[81] Mevorah: O radu Saveza [Zur Tätigkeit des Bundes], S.123f. – HR HDA-283, Finanzministerium der Volksrepublik Kroatien [Ministarstvo financija NRH], MF NRH, Fasz. 75, Zl. 18585/47 vom 19.9.1947: Dort findet sich die Weisung des Justizministeriums der Volksrepublik Kroatien [Ministarstvo pravosuđa ‚Narodne Republike Hrvatske].

[82] HR HDA-283, Finanzministerium der Volksrepublik Kroatien [Ministarstvo financija NRH], MF NRH, Fasz.75, Zl. 18585/47 vom 19.9.1947.

[83] Expertise der Rechtsabteilung des Jugoslawischen Finanzministeriums im Akt des Finanzministeriums der Volksrepublik Kroatien [Ministarstvo financija NRH], HR-HDA-283, MF NRH, Fasz. 76, Zl. 24601 vom 29.11.1947.

[84] HR HDA-283, MF NRH, Fasz. 1, br. 18585/47 od 19.9.1947.

[85] HR HDA-1076, Ponova [„Erneuerung“, Wiederaufbau]: Abteilung im Schatzministerium des Unabhängigen Staates Kroatien – Sektion für Finanzen, Staatsvermögen und Schulden [Ministarstvo državne riznice – Odjel za novčarstvo, državnu imovinu i dugove (Schatzministerium – Abteilung für Finanzen, Staatsermögen und Schulden], Nr. 502042 od 4.1.1944., Fasz. 248.

[86] Die Führung des Ustaschastaates flüchtete am 6. Mai 1945 Richtung Kärnten, als die Partisanen schon vor Zagreb standen, siehe Fikreta Jelić Butić: Ustaše i Nezavisna Država Hrvatska 1941–1945. [Die Ustascha und der Unabhängige Staat Kroatien 1941–1945]. Zagreb 21978, S. 301–303. Reprint der Philosophischen Fakultät Zagreb: ˂http://darhiv.ffzg.unizg.hr/id/eprint/1874/1/labus.pdf˃.

[87] Jareb: Zlato i novac [Gold und Geld], S. 249–256.

[88] Sasson: Čovjek u svjetlom odjelu [Der Mann im hellen Anzug]. In: Domaš (Red.): Ako Tebe zaboravim [Wenn ich dich vergesse], S. 87f. Wegen dieser herren- und erbenlosen Konten intervenierte der US-Staatssekretär Stewart Eizenstadt in den Neunzigerjahren auf Betreiben von US-Anwälten geschädigter ehemaliger jüdischer Konten- und Safebesitzer beim Schweizer Bankenverein: Herrenlose Konten in der Schweiz. Auf der Suche nach dem verlorenen Geld. In: Wirtschaftswoche, 26.9.2016, ˂https://www.wiwo.de/politik/europa/herrenlose-konten-in-der-schweiz-auf-der-suche-nach-dem-verlorenen-geld/˃, 8.2.2021.

[89] Siehe Anm. 13.

[90] Naida Mihal Brandl: Židovski identiteti nakon Drugog Svjetskog Rata – kratki pregled [Jüdische Identitäten nach dem Zweiten Weltkrieg – eine Kurzdarstellung], ˂http://www.academia.edu/18764910/%C5%BDidovski_identiteti_nakon_Drugog_svjetskog_rata_-_kratki_pregled_2015˃, 8.2.2021.

[91] Brandl führt als Beleg jüdische Angeklagte eines großen Wirtschaftsprozesses in Zagreb gegen Angestellte der staatlichen Verkaufsagentur für herrenloses Vermögen (NAMA) an. Einige wurden zum Tod, andere zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Strafe wurde ihnen gegen die Zusicherung der Auswanderung mit der jugoslawischen Alija erlassen: N. Mihal Brandl: Jews between Two Totalitarian Regimes. In: Židovski identitet/i u Hrvatskoj nakon Drugog svjetskog rata, S. 173f.; auch in Review of Croation History, 12 (2016) H. 1, S. 124.

[92] Ein Beispiel: Der Sohn des Großindustriellen und Eigentümers der Fabrik für Keramikfliesen Armin Schreiner (1941 in Jasenovac ermordet), Paul Schreiner (Zagreb 1928 – Novara, 22.2.2021), wurde von einer Bauernfamilie versteckt und wurde 1945 mit der Tatsache konfrontiert, dass die Fabrik seines Vaters unwiederbringlich verloren war. Er ließ sich zum Konditor ausbilden und beabsichtigte, sich selbständig zu machen. Die Besteuerung kleiner Privatbetriebe kam einem „administrativen Mord“ gleich, so dass Paul Schreiner doch nach Israel auswanderte. Dort wurde er zu einem anerkannten Experten für die Keramikproduktion. 1960 folgte er der Einladung italienischer Fabrikanten und ließ sich in Novara nieder: Paul Schreiner: Spašeni u Zagrebu. Sjećanja troje preživjelih srodnika na hrvatski Holokaust [In Zagreb gerettet. Erinnerungen dreier überlebender Verwandter an den kroatischen Holocaust]. Zagreb 2014, S. 93f.

[93] Marica Karakaš Obradov: Iseljavanje Židova iz Hrvatske nakon Drugoga svjetskog rata [Emigration der Juden aus Kroatien nach dem Zweiten Weltkrieg]. In: Historijski zbornik [Historischer Almanach], Jg. LXVI (2013) H. 1, S. 391–404, hier: S. 396f.

[94] HR HDA-278, Sabor NRH [Parlament der Volksrepublik Kroatien]: Petenten in Fasz. 1, Zl 40/47, 72/47.

[95] S. Goldstein: 1941, S. 426.

[96] Nach der Jugoslawischen Alija blieb in ganz Jugoslawien nur mehr der Rabbiner von Sarajevo, Menahem Romano, im Amt: Vajs: Jevreji, im Text auf S. 14; siehe zu Romano auch ˂https://www.jta.org/1968/11/14/archive/menahem-romano-dead-at-87-last-surviving-yugoslavian-pre-war-rabbi˃ und ˂http://elmundosefarad.wikidot.com/nezaboravni-voljeni-rabin-nadrabin-menahem-avrama- romano˃.

[97] Šiljak: Jewish Identities, ˂https://hrcak.srce.hr/7848˃, 26.4.2021. Auch jüdische Historikerinnen und Historiker mieden bis in die 1970er-Jahre Themen im Zusammenhang mit dem Holocaust: Damir Agičić, Magdalena Najbar-Agičić, Hrvatska historiografija o 1941. – polemika bez dijaloga [Die kroatische Geschichtsschreibung zum Jahr 1941 – Polemik ohne Dialog]. In: Sulejman Bosto, Tihomir Cipek, Olivera Milosavljević (Hgg.): Kultura sjećanja 1941. Povijesni lomovi: 1941 u sjećanju nacijā [Erinnerungskultur 1941. Historische Brüche: Das Jahr 1941 in der Erinnerung der Nationen]. Hg. von der Friedrich-Ebert-Stiftung Banja Luka. Zagreb 2008, S. 145–156, hier: S. 147–150, ˂library.fes.de/pdf-files/bueros/sarajevo/06043.pdf˃, 26.4.2021.

[98] Šiljak: Jewish Identites, S. 378f., S. 383, S. 386.

Teilen: