Deutsche Kriegsgefangene als Arbeitskräfte in der jugoslawischen Wirtschaft zwischen 1945 und 1949

Saša S. Ilić, Archiv der Nationalbank Serbiens, Belgrad

Der Artikel beruht auf der Promotionsschrift des Autors: Saša S. Ilić: Strani radnici i stručnjaci u privredi Jugoslavije 1945–1950. godine [Ausländische Arbeitskräfte und Experten in der Wirtschaft Jugoslawiens 1945–1950]. Belgrad, Univ. Belgrad, Diss., 2017.

Das Ende des Zweiten Weltkriegs erlebten Millionen deutscher Soldaten in Kriegsgefangenschaft, wobei ihre genaue Zahl kontrovers diskutiert wird, insbesondere die der Kriegsgefangenen im Osten.1Vgl. die Beiträge des Sammelbandes von Erich Maschke, Kurt W. Böhme (Hgg.): Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges. Die deutschen Kriegsgefangenen in Jugoslawien 1949–1953. Bielefeld 1964; sowie Arbeiten von Arthur L. Smith Jr., Stefan Karner, Vadim Erlichman (Вадим Эрлихман), Modest Kolerov (Модест Колеров), Wolfgang Benz und anderen. So ist auch die Zahl der Kriegsgefangenen der jugoslawischen Armee umstritten: Die amtliche Statistik spricht von 221.287 Soldaten, unter denen 84.453 Deutsche, 57.150 Italiener, 27.398 Österreicher, 26.611 Russen und 25.675 Angehörige anderer Nationalitäten waren.2Deutsche Quellen und Forschungsliteratur erwähnen zwischen 150.000 und 240.000 deutsche und österreichische Kriegsgefangene; vgl. Kurt W. Böhme (Hg.): Die Deutschen Kriegsgefangenen in Jugoslawien 1941–1949. Band I. München 1962, S. 42; Josef Beer (Bearb.): Leidensweg der Deutschen im kommunistischen Jugoslawien. Band II. München, Sindelfingen 31997, S. 977.

Ungeachtet der Meinungsverschiedenheiten unter den Autoren bezüglich der Anzahl der gefangenen deutschen Soldaten ist unumstritten, dass die Tage ihrer Gefangenschaft anfangs von Angst, Folter und gelegentlich unkontrollierter Bestrafung gekennzeichnet waren. Nach dem ersten Zusammentreffen mit den Befreiern, die nicht selten zu Rache oder ideologisch motivierter Revanche bereit waren, mussten die Kriegsgefangenen Müdigkeit, Hunger, Durst und mehrwöchige Sühnemärsche von den nordwestlichen Landesgrenzen bis zu den Lagern im Inneren Jugoslawiens aushalten.

Bis zum Jahre 1949 existierten zwischen 50 und 89 Lager. Sie befanden sich in allen Teilrepubliken Jugoslawiens, und ihre Größe variierte von 300 Gefangenen in Šid bis zu 5.000 Gefangenen im Lager Nr. 4 in Belgrad (srb. Београд/Beograd). Wenigstens am Anfang waren die Lebensbedingungen in den Lagern nahezu unerträglich. Für die Unterbringung wurden verschiedene Objekte genutzt, und dort, wo entsprechende Objekte nicht vorhanden waren, sanierten die Gefangenen selbst beschädigte Gebäude oder errichteten Baracken auf leeren Parzellen und richteten die Infrastruktur der Lager ein.3Vgl. Andrej Rodinis: Velika praznina. Njemački ratni zarobljenici na radu u Bosni i Hercegovini [Große Leere. Deutsche Kriegsgefangene bei der Arbeit in Bosnien und Herzegowina]. Tuzla 2017, S. 15; Böhme: Die deutschen Kriegsgefangenen, S. 137f.; Archive von Jugoslawien (AJ), Eisenbahnverwaltung (191)-1, Kriegsgefangene (Ратни заробљеници), Dok. Nr. 4384, 20.6.1945; Historisches Archiv von Belgrad (IAB), 504, Autohändler Miloš Stratimirović, 1946, Dok. vom 29.4.1946 und 3.5.1946.

Von einfacher manueller Arbeit bis zur Facharbeit

Üblicherweise wurden Kriegsgefangene massenhaft zu manuellen Arbeiten eingesetzt, was auch auf die deutschen Gefangenen in Jugoslawien zutraf. Doch entwickelte sich dieser Arbeitskräfteeinsatz als Folge des Fachkräftemangels und der zu ambitionierten Industrialisierungspläne des neuen Staates Jugoslawien. Ein Teil der in Gefangenschaft lebenden Experten waren an einem Phänomen beteiligt, das die russische Geschichtsschreibung des späten 20. Jahrhunderts als „Ökonomie der Zwangsarbeit“4Zur Lagerökonomie vgl. die Beiträge von Vladimir Pyankevich (Владимир Л. Пянкевич), Khokhlov Valentinovich (Хохлов А. Валентинович) und Nikita Belykh (Никита Белых). charakterisiert hat. Sie erhielten entsprechend ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse Arbeitsaufträge, und im Laufe der Zeit wurden mehr als 5.000 von ihnen als freie Menschen voll in das Wirtschaftsleben integriert, was ein besonderes jugoslawisches Phänomen war. Während des Krieges waren die gefangenen Soldaten ohne erkennbare Systematik für Arbeiten in der Landwirtschaft, zu Räumarbeiten, zum Anlegen von Kanälen oder zum Aufschütten von Dämmen eingesetzt worden, was auch in der Nachkriegszeit5Einige Forderungen der Unternehmen in: AJ-(191)-1, Kriegsgefangene (Ратни заробљеници); AJ, Ministerium für Elektrizitätswirtschaft (11)-1-9; AJ Ministerium für Industrie (17)-131-132. fortgesetzt wurde. Doch schon im März 1945 organisierte man einen Teil der Gefangenenarbeit systematischer. Das jugoslawische Ministerium für Industrie forderte von der Kommandostelle des Lagers in Belgrad die Bereitstellung von Kriegsgefangenen-Fachkräften6Vgl. AJ-11-1-9, Ergebnisse der Sitzung vom 31.3.1945. und am 16. Mai 1945 erließ der Provisorische Regierungspräsident Josip Broz Tito den Befehl zur Verteilung der Gefangenen nach Ministerien, der Facharbeiterquoten enthielt.7Die Gefangenen waren folgenden Ministerien zugeteilt: den Ministerien für Verkehr und Landwirtschaft je 20 Prozent, dem Ministerium für Bauwesen, Industrie und Verteidigung je 15 Prozent, dem Ministerium für Erze 10 Prozent und dem Ministerium für Forstwirtschaft 5 Prozent. AJ, Rat für Land- und Forstwirtschaft (4)-19-200, Befehl Nr. 204,16.5.1945. Die Abteilung für Elektrifizierung des Ministeriums für Industrie benannte am 22. Mai 1945 ihren Bedarf an Gefangenenfachkräften und forderte 12 Prozent der Quote dieses Ministeriums ein.8Laut Rahmeneinteilungsplan der Fachgefangenen nach Teilrepubliken: Slowenien – bis 36 Prozent, Kroatien – bis 30 Prozent, Serbien (und Vojvodina) – bis 24 Prozent (zehn Prozent), Bosnien und Herzegowina – bis zwölf Prozent, Mazedonien – bis sechs Prozent und Montenegro – bis zwei Prozent. Vgl. AJ-11-6-20. Am 19. Juni führten Vertreter der Ministerien und des Generalstabs Gespräche über den rationalen Einsatz der Gefangenen. Der wirkungsvolle Einsatz von Gefangenenfachkräften konnte jedoch ohne klare Kriterien und Prioritäten – in Anbetracht von Unverständnis oder Unkenntnis der Unternehmensleiter und schlechter Koordination – nicht gewährleistet werden.9Zu den größeren Problemen zählen auch unbekannte Angaben zur Zahl der eingesetzten Gefangenen – die Schätzungen bewegten sich von 115.000 bis 165.000 – und große Verspätungen der eingeteilten Gefangenen an ihren Bestimmungsorten. Vgl. AJ-4-19-200, vertrauliche Akten Or. Nr. 294, 19.6.1945; Nr. 11, 12.6.1945 und Nr. 97, 21.7.1945; AJ-17-97-97, Akte ohne Nr., 19.7.1945.

Das Verfahren zur gesetzlichen Regelung der Arbeit von Personen, die ihrer Freiheit beraubt waren (nicht nur Soldaten), leitete der Wirtschaftsrat, die staatliche Körperschaft für die Koordination der wirtschaftlichen Aktivitäten,10Vgl. AJ, Regierungspräsidentschaft (50)-33-65, K. Nr. 285, 9.6.1945. schon am 21. Mai 1945 ein. Bald befahl Tito in einem Dokument, mit dem er die Überwachung der Gefangenen von der Polizei auf die Armee (Militär) übertrug, ihren „rationellsten und nützlichsten Einsatz für Arbeiten von allgemeiner Bedeutung“,11Ohne Rücksicht auf den Befehl lehnte es das Militär in einzelnen Regionen, etwa der Vojvodina, ab, die Lager zu übernehmen, was es mit dem Schulungsbedarf rechtfertigte, während andererseits eine kleine Zahl von Polizeikräften dafür zuständig war. Mit Rücksicht darauf, dass in diesen Gegenden auch Volksdeutsche „eingelagert“, das heißt in Lagern untergebracht werden sollten, war der Mangel an Bewachungskräften so groß, dass Fluchten bis zum Herbst 1945 üblich waren und zu einer Massenerscheinung zu werden drohten. Vgl. AJ-50-119-241. und im Verteidigungsministerium wurde eine Richtlinie für die Angelegenheiten der Kriegsgefangenen erlassen, mit der folgende Fragen geregelt wurden: Zusammensetzung der Abteilung für Kriegsgefangene, Erfassung persönlicher Daten, Einteilung nach Ressorts, Ernährung, Versorgung, Arbeitszeit, Finanzierung, Befriedigung hygienischer, gesundheitlicher, intellektueller, sportlicher und religiöser Bedürfnisse sowie Disziplinar- und Strafmaßnahmen.12Die Lager mussten folgende Ausstattung haben: Rasierstube, Schneiderei, Schuhmacherei, Wäscherei, Bad, Desinfektionsmittel, Krankenhaus mit Abteilungen für Chirurgie, übertragbare Krankheiten und für Rekonvaleszenz, Bibliothek und Gefängnis. Ermöglicht wurde die Eröffnung von Kantinen (mit Nahrungsmitteln, Tabakwaren und hygienischen Produkten, Kleinigkeiten für den Wohnbedarf, mit Kleidung und Schuhen, aber ohne alkoholische Getränke). Den Gefangenen ihre Kleidung, Schuhe, persönlichen Dinge und Geld wegzunehmen, war streng verboten. Es galt die Sechs-Tage-Woche, und der Werktag entsprach dem der einheimischen Arbeitskräfte. Folgendes war möglich: intellektuelle Unterhaltung und „Unterrichtsunterhaltung“, Körperkultur und Sport, Ausübung des religiösen Bekenntnisses, Postsendungen. Folgendes war festgelegt: Disziplinar- und Strafmaßnahmen sowie die Frage des Nachlassgebens, Ort und Art und Weise der Bestattung von Verstorbenen: Auf dem nächsten Friedhof sollte eine Parzelle gepachtet und nach Nationalitäten aufgeteilt werden. Vgl. AJ-4-18-177, Nr. 80, 22.7.1945. Von da an bearbeiteten verschiedene Behörden diese Problematik nach Bedarf,13Ein Beispiel ist die Auswahl von 30 Gefangenen, die Facharbeiten in der Torpedofabrik in Rijeka verrichten sollten. Vgl. Sara Vukušić: Standard života njemačkih ratnih zarobljenika korištenih u društveno korisnom radu u Rijeci u drugoj polovici 1945 [Der Lebensstandard der deutschen Kriegsgefangenen, die in Rijeka in der zweiten Hälfte des Jahres 1945 für Arbeiten zugunsten der Gesellschaft verwendet wurden]. In: Klepsidra, Udruge studenata Malleus 3–4 (2008–2009), S. 1–19, hier: S. 9–10, <http://malleus.ffri.uniri.hr/index.php/klepsidra-2008-2009/clanci>, 1.8.2018. Anleitung zum Einsatz der Arbeitskraft der Kriegsgefangenen in der Sektion für den Wiederaufbau der Eisenbahnstrecke Kraljevo–Raška. Vgl. AJ-191-4, 1945–1946. indem sie der Logik einer rationalen Nutzung der Gefangenenarbeit folgten und sich auf die Informationen verließen, nach denen sich manche Gefangene als hervorragende Spezialisten erklärten. Doch von der Absicht einer rationalen Nutzung des Gefangenenpotenzials bis zu ihrer (nicht vollständigen) Realisierung verging viel Zeit.14Noch um die Jahresmitte 1947 teilte das Ministerium für Inneres mit, eine gewisse Zahl von Gefangenen-Experten, die nicht regelmäßig eingesetzt seien, zur Verfügung zu haben. Vgl. AJ-17-97-97, Gegenstand VIII Nr. 1797/47.

Noch im Herbst 1945 gab es viele Anmerkungen zur Art und Weise der Verwaltung der kriegsgefangenen Arbeitskräfte. Notiert wurden Unbekümmertheit hinsichtlich der Qualität der Arbeit, Langsamkeit, Sabotagefälle, unentschuldigtes Fernbleiben, nicht fachmännische Einmischung in die Arbeit und pauschale Festlegung der Gefangenenzahl für die Arbeit. Dokumentierte Beispiele dafür sind: Die Gefangenen kamen infolge ihres späten Aufbruchs und der langsamen Bewegung ihrer Kolonne zu spät zur Arbeit („Sie gehen beleidigend lässig und langsam zur Arbeit, wie zu einer Beerdigung.“). Die besten Gefangenen (Antifaschisten und Fachmänner) wurden nicht zum Korporal ernannt. Die Schonung nach der Sonntags- oder Nachtarbeit wurde nicht beachtet. Bei der Entsendung zur Arbeit unter schlechten Wetterbedingungen wurden Fehler begangen. Auf die Ernährung wurde nicht geachtet und Nahrung, die für Gefangene bestimmt war, gestohlen. Auch der Gesundheitszustand wurde ignoriert, indem Kranke zur Arbeit getrieben wurden, während Gesunde in Pflegeeinrichtungen blieben. Die Wachmannschaften waren undiszipliniert; sie mischten sich in die fachliche Arbeit ein und beaufsichtigten die Gefangenen schlecht, was diesen die Flucht ermöglichte. Einen Teil der Verantwortung trugen auch die leitenden Ingenieure, die weder die Werkzeuge noch die Einhaltung von Normen und Erholungszeiten ausreichend sicherten. Sie verteilten die Gefangenen schlecht, verlangten in übertriebenem Umfang Mehrarbeit und entlohnten die Gefangenen nicht entsprechend ihrer Leistung. Deswegen befahl das Verteidigungsministerium, diese nachteiligen Tatsachen und Erscheinungen möglichst rasch aus der Welt zu schaffen.15Vgl. AJ-17-2-2, Nr. 327, 13.10.1945.

Von Anfang an aber bestand seitens der Wirtschaft ein Bedarf an Fachkräften. Bereits ab April 1945 wurde eine verstärkte Nachfrage nach bestimmten Fachprofilen, ja sogar nach konkreten Gefangenen, verzeichnet.16Vgl. AJ-11-1-9, Promemoria, April 1945; AJ-11-6-20, Akte IV, Nr. 943, 22.5.1945; AJ-50-11-241, Nr. 144, 25.4.1945. Einzelne Gefangene wurden auch in den folgenden Jahren gesucht: Vgl. AJ-11-24-64, Nr. 7910, 12.5.1947 und Nr. 8708, 23.5.1947; AJ-4-62-439, Nr. 3135, 28.10.1947. Die Abteilung für Industrie des Ministeriums für Industrie und Bergwerk von Bosnien und Herzegowina verlangte Anfang Juni mehr als 230 Fachmänner für die Arbeit in elektrotechnischen Anlagen – Elektroingenieure, Techniker, Monteure, Hochspannungs- und Niederspannungselektriker, qualifizierte Arbeitskräfte für Transformatoren, Maschinisten, sodann Fachmänner für die Arbeit in Bergwerken, Kraftwerken, Raffinerien, Gaswerken, Fabriken sowie für den Bau eines neuen Wasserkraftwerkes bei Sarajevo die Fachleute, die zuvor in den Fabriken J. M. Voith, Brown Boveri und Škoda17Vgl. AJ-11-10-35, Akte II, Nr. 194, 3.6.1945. gearbeitet hatten. In ähnlicher Form wurden in den Folgejahren Forderungen nach qualifizierten Gefangenen verschiedener Profile für viele Wirtschaftsbereiche in Jugoslawien18Einige Beispiele: AJ-4-28-262; AJ-11-6-20; AJ-11-8-33; AJ-11-10-39; AJ-17-97-97; AJ-17-129-130; AJ-17-160-161; AJ, Ausschuss für den Schutz der nationalen Gesundheit (31)-66-95; AJ-31-67-95. vorgelegt. Neben Wirtschaftsunternehmen kamen solche Anfragen auch seitens verschiedener Gesundheitsanstalten.19Beschäftigt wurden Musiker, Balletttänzer, Dekorateure, Graphiker, Maler, Architekten und andere für den Bedarf der Theater in Belgrad, Zagreb, Ljubljana, Sarajevo, Novi Sad, Pančevo, Niš, Osijek, Rijeka, des Rundfunks in Belgrad und Ljubljana, der Verlagshäuser, Unterrichts-, Kunst- und Wissenschaftsorganisationen und Institute sowie auch medizinisches Personal. Vgl. AJ, Komitee für Kultur und Kunst (314)-9-34; AJ-31-67-95, Nr. 1048, 8.4.1947. Das künstlerische Engagement deutscher Gefangener war auch Thema in der Literatur (siehe das Drama von Aleksandar Popović, Kus petlić [Kurzschwanziges Hähnchen]).

Die Arbeitssituation der Gefangenen war im Allgemeinen problematisch, insbesondere dort, wo die Inhaftierten massenhaft eingesetzt wurden.20Die größte Zahl arbeitete im Verkehr (etwa 19.200 Personen im Januar 1946), in der Land- und Forstwirtschaft (allein in den Wäldern von Kroatien im Juli 1945 mehr als 2.800 Gefangene, bei einem darüber hinaus angemeldeten Bedarf von 5.000–7.000), aber auch im Bergwesen und in der Industrie. Beispiele in: AJ-4-18-177; AJ-17-97-97; AJ-17-129-130; AJ-50-119-241; AJ, Generaldirektion der Schwarzen Metallurgie (106)-3-9; AJ-191-4, 1945–1946. Für viele bewegte sie sich an der Grenze des Erträglichen. Besonders schlecht waren die Umstände beim Wiederaufbau der Eisenbahnstrecke Kraljevo–Kosovska Mitrovica. Dort waren die deutschen Gefangenen (194), die Brücken in der Flussschlucht des Ibar bauten, bis November 1945 „formal nackt und barfuß“.21AJ-4-19-200, Nr. 139, 14.9.1945. Obwohl sie für den Wiederaufbau der Eisenbahnstrecke auch während des Winters notwendig waren, erhörte die Eisenbahnverwaltung zahlreiche Bitten um „ein wenig Schuhwerk und Bekleidung“ nicht, so dass zwanzig Gefangene innerhalb von nur fünf Tagen im November ins Krankenhaus zur Behandlung eingeliefert werden mussten.22Dias Militär empfahl den Zivilressorts, in denen die Gefangenen noch ab September 1945 arbeiteten, dass sie sich rechtzeitig mit Unterkünften und Ernährung auf den Winter vorbereiten sollten. Die Eisenbahnverwaltung rechtfertigte sich in dieser Zeit damit, dass sie keine Kleidung, keine Schuhe und keinen Kredit für die Anschaffung habe. Vgl. AJ-4-19-200, Nr. 139, 14.9.1945; AJ-191-4, 1945–1946.

Für den Wiederaufbau derselben Eisenbahnstrecke wurde im darauffolgenden Jahr eine noch größere Zahl deutscher Gefangener eingesetzt, die sich auf neun Bausektionen verteilte – und zwar während der Erneuerung im Zeitraum von Juli bis Oktober 1946 620–670 Personen monatlich, im November 300 Personen, danach 90 Personen, wobei ihre Zahl im Laufe des Winters auf circa 20 Personen gesenkt wurde. Im Hinblick auf die Ausweitung der Gefangenenarbeit, die Bestimmung der täglichen Arbeitszeit und die Höhe des Lohns, der nicht ausbezahlt, sondern in einen besonderen Fonds für den Wiederaufbau des Landes angelegt wurde, die Versorgung mit Produkten, die über den notwendigen Lebensbedarf (Zigaretten) hinausgingen, sowie die Anwesenheit derjenigen, die sich „besonders bei den schweren Arbeiten ausgezeichnet“ haben, lässt sich eine allmähliche, leichte Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen konstatieren.23Eine Arbeitsstunde der Gefangenen wurde mit 45 Dinar verrechnet, eine Überstunde mit zusätzlichen acht Dinar. Die Zahl der Arbeitstage im Monat variierte zwischen 22 und 27. Besonders engagierte Gefangene waren nicht selten. Im August 1946 wird für sechs von 25 Gefangenen in der Sektion bei Leposavić hervorgehoben, dass sie sich „auf der Arbeit besonders hervorgehoben haben“. Die Gefangenen wurden mit Zigaretten der Marke Bosna(20 Stück wöchentlich) zum Preis vom neun Dinar versorgt. Vgl. AJ-191-4, 1945–1946; AJ-191, Bücher 11 und 12, Arbeitsbuch für Kriegsgefangene (Radna knjiga za ratne zarobljenike), Lohnliste VII–VIII 1946 und IX 1946 – I 1947.

Die Gefangenengruppe, die auf der Eisenbahnstrecke arbeitete, war in Bezug auf ihre Qualifikation gemischt. Auf der Strecke bei Raška arbeiteten im März 1946 20 Landwirte, 41 Handwerker (Bäcker, Schuhmacher, Kaffeesieder, Goldschmiede, Fleischer, Friseure, Schlosser, Schmiede und andere), neun Beamte, je acht Arbeitnehmer und Kaufleute sowie je ein oder zwei Fahrer, Mechaniker, Eisenbahner, Lehrer, Priester, Zahnärzte, Rechtsanwälte (insgesamt 102),24Vgl. AJ-191-4, 1945–1946. was für die grobe Wiederaufbauarbeit nicht ausschlaggebend war.

Je spezifischer jedoch die Arbeiten ausfielen, desto konkreter waren die Anforderungen an die Gefangenenarbeit. Die oben genannte Abteilung für Elektrifizierung, die früh festgestellt hatte, dass der große Mangel an Fachkräften ihr Funktionieren beeinträchtigte, wählte schon im Mai 1945 Gefangene für die Arbeit nach Teilrepubliken aus: Elektroingenieure, Techniker und Monteure, Hoch- und Niederspannungselektriker, qualifizierte Arbeitskräfte für Transformatoren, Maschinisten für Stromkraftwerke, Technologen, Ingenieure und Facharbeiter für Gaswerke, Raffinerien und Kokswerke. Doch war von einem soliden Plan bis zur schlechten Umsetzung nur ein kleiner Schritt. Die so spezifizierten Gefangenen wurden den Ministerien für Industrie und Bergbau in den Teilrepubliken angeboten, die ihre Bedürfnisse anmelden sollten. Sie sollten auch mitteilen, auf welche Weise sie sie zu beschäftigen beabsichtigen. Die Ministerien forderten aber entweder eine zu große Zahl an Gefangenen an oder Berufe, die nicht zur Verfügung standen.25AJ-11-1-9; AJ-11-3-15, Akten von Mai bis Juli 1945.

Obschon in den Dokumenten seit Herbst 1945 Nachweise über eine geregelte, zweckmäßige und zum beiderseitigen Nutzen organisierte Arbeit mancher Kriegsgefangener aufscheinen,26Die Grundlage für den besseren Einsatz war der Bescheid des Wirtschaftsrates vom 15.9.1945, mit dem die Entlohnung der Gefangenen in der Höhe der persönlichen Versorgungsbedürfnisse ermöglicht wurde; der Rest des Verdienstes wurde im „Fonds für den Wiederaufbau des Landes“ angelegt. So wurden zum Beispiel für den Feinmechaniker Josef Jene, der Anfang November 1946 aus dem Lager in Smederevska Palanka in den Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Industrie in Belgrad überging, 2.500 Dinar festgelegt, die Ernährung in der Kantine und eine Wohnung im Gebäude des Ministeriums wurden gesichert. Von dem Betrag wurden auch die Kosten für Ernährung und Wohnung ausbezahlt sowie auch ein „Kredit“ für Schuhe und den Arbeitsanzug. Obwohl ein Gefangener kein Geld „auf die Hand“ bekommen konnte, sollten die gesicherte Versorgung, alle erforderlichen Werkzeuge und die Arbeitsausrüstung ermöglichen, dass er „die Arbeit mit mehr Wille und Fleiß“ erledige. Vgl. AJ-17, Personal, f. 6 Bescheide Nr. 10709, 22.11.1945 und Nr. 3324, 4.6.1946. wurden sie erst 1946, als das Bewusstsein für ihr Fachpotenzial stärker ausgeprägt war,27In der Akte des Ministeriums für Industrie ist notiert: „Wir haben hier Weltkapazitäten. Sie sollen maximal eingesetzt werden. Ihnen sollen alle Arbeitsmöglichkeiten gegeben werden. Mit ihnen soll wie mit den Fachleuten (Experten) umgegangen werden. Sie sollen Gehälter und Preise bekommen, falls sie gute Arbeiter sind. Unter diesen Männern befinden sich hochqualifizierte Fachleute, die zu jedem Preis im Land behalten werden sollen und deswegen ist dafür ein gutes Verfahren erforderlich.“ AJ-11-4-17, Protokoll über das Treffen vom 19.11.1946. intensiver zu berufsspezifischen Arbeiten eingesetzt. Das Offizierslager in Werschetz (srb. Vršac) wurde zu einer Fördereinrichtung von Kadern in verschiedenen Industriezweigen, in der Stromwirtschaft und im Bergwesen.28Nach einer Erhebung des Ministeriums für Inneres vom Mai 1946 waren im Lager 611 Offiziere – Fachmänner für einzelne Gebiete der Industrie (255 verschiedene Berufe, 26 für die Ernährungsindustrie, 23 für die chemische Industrie, 44 für die Elektroindustrie, 37 für die holzverarbeitende Industrie, 26 für die Textilindustrie, 92 für die Metallindustrie, 20 für die Mechanik und 88 für das Bauwesen). Solche Verzeichnisse der Fachleute wurden den Industriezweigen zu Zwecken der Auswahl zugestellt. Im Laufe des Jahres wurden die Anforderungen an das Ressort nach Fachmännern aus Vrsac noch konkreter, und sporadisch wurden präzise Erhebungen geführt. Vgl. AJ-11-1-5; AJ-11-6-22; AJ-11-30-81. Gleichzeitig wurde die Zuständigkeit für die Kriegsgefangenen, die vom 15. März 1946 durch das Ministerium des Inneren betreut wurden, erneut geändert.29Bis zu diesem Zeitpunkt kümmerte sich die Abteilung für Kriegsgefangene des Verteidigungsministeriums um die Fragen der Kriegsgefangenen. Vgl. AJ-50-119-241, Bescheid vom 12.2.1946; AJ-191-4, 1945–1946, Nr. 105, 12.1.1946. Ab Juni desselben Jahres, als der Wirtschaftsrat eine „Kommission für die Nutzung des deutschen geistigen Eigentums auf dem Feld der Elektrifizierung und der Elektroindustrie“ bildete, wurde ein Plan zum voll funktionalen Einsatz von gefangenen Fachleuten erarbeitet und dadurch eine Verbesserung ihrer Lage ermöglicht. Die Kommission schlug vor, diejenigen, die „in Bezug auf ihre Berufsausbildung erstklassige Experten“ waren „und die es aufgrund ihrer bisherigen Arbeit und ihres Verhaltens verdienen“, in die Position zu versetzen, die für die aus Deutschland kommenden Experten vorgesehen ist“.30Die Einbindung der gefangenen Fachleute sollte einen höheren Arbeitselan ermöglichen mit der Perspektive, dass sie sich zur Arbeit in Jugoslawien auch nach der Entlassung aus der Gefangenschaft verpflichteten. Vgl. AJ-11-9-34, Nr. 4435, 16.5.1946 und Nr.1546, 30.5.1946; AJ-54-46-109, Protokoll vom 5.6.1946. Nach einem Parteidokument erfasste das Ministerium für Inneres bis Ende 1946 6.185 Fachleute in 44 Berufen, von denen ca. 58 Prozent zur Arbeit eingesetzt wurden. Vgl. AJ, Bund der Kommunisten Jugoslawiens (507)-IX, 86/III-10, Verzeichnis, 30.12.1946. Dennoch gab es noch im März 1947 9.300 bis 9.500 Personen, „deren Qualifikation nicht völlig ausgenutzt wird“.31AJ, Arbeitsministerium (25)-87-219; AJ-31-66-95; AJ-17-97-97.

Bis Mitte 1947 prägte sich das Verständnis für die Bedeutung des Gefangenenpotenzials weiter aus. Ab diesem Zeitraum wurde die Gefangenenarbeit mit den Zielen verknüpft, die sich die Regierungspartei im Fünfjahresplan zur Aufgabe machte. Das Ministerium für Inneres gab die Anweisung, dass die Kriegsgefangenen „gemäß ihrer richtigen Qualifikation verteilt“ werden sollten. Es hatte festgestellt, dass der Plan ohne Fachleute nicht umgesetzt werden könne und verlangte deren detaillierte Erfassung (vorgeschrieben waren die Berufsunterlagen für ungefähr 130 Sparten). Vorrangig wurde betont, dass die Gefangenen in ihrem jeweiligen Beruf eingesetzt werden sollten und dass ein Gefangener mit Fachkenntnissen keine Stunde lang eine gewöhnliche Arbeit verrichten dürfe. Die Kontrolleure waren angehalten, sofort jede Unregelmäßigkeit zu melden, und die Krankenhäuser sollten Kranke „mit besonderer Achtung und Pflege behandeln“, damit sie „möglichst schnell gesund“ würden und „zu ihrer Facharbeit zurückkehren“ könnten.32Der Kartenmuster wurden in 70.000 Exemplaren gedruckt und wie folgt verteilt: 14.000 in Serbien, 7.000 in der Vojvodina, 10.000 in Kroatien, 12.000 in Slowenien, 9.000 in Bosnien und Herzegowina, 6.000 in Montenegro, 3.000 in Mazedonien, 8.000 auf der Baustelle der Eisenbahnstrecke Šamac–Sarajevo und 1.000 als Reserve (Ersatz). Die Karten sollten für Rechtsanwälte, Beamte, Schüler, Frisöre, Kellner, Schaffner, Buchhalter, Köche, Offiziere ohne Fachkenntnisse im Bereich der Wirtschaft, Bäcker, Richter, Priester, Hausierer, Kaufleute (Händler) und nicht qualifizierte Arbeiter nicht ausgefüllt werden. Vgl. AJ-17-97-97, (streng vertraulich) Nr. 138, 7.6.1947.

Die Stellungnahme zur Bedeutung des geregelten Einsatzes der Gefangenen resultierte aus der Erkenntnis der geringen eigenen Ressourcen. Obwohl es Fälle der falschen, nicht ihrem Profil gemäßen Verteilung von Fachleuten gab, überwog in der Regel die Zahl des Fachpersonals. In den Direktionen für feuerfestes Material, Elektroindustrie, Motorherstellung sowie Aluminium und Kupfer des Ministeriums für Schwerindustrie kam auf 100 Ingenieure, Techniker und qualifizierte Arbeitnehmer kein einziger unqualifizierter Arbeitnehmer, und in der Metallindustrie waren von 1.066 beschäftigten Gefangenen nur 168 unqualifizierte Arbeitnehmer. In einzelnen Unternehmen wie dem Lignitbergwerk in Kreka beeinträchtigte die Reduzierung der Gefangenenzahl von 700 im Laufe des Jahres 1947 auf 466 im Mai 1948 die Planerfüllung. Der Zufluss von einheimischen Arbeitskräften reichte nicht aus, und nach den Dokumenten des Ministeriums für Schwerindustrie waren solche Arbeitnehmer deutlich schlechtere Arbeiter als die Gefangenen.33Vgl. AJ, Ministerium für Schwerindustrie (16)-23-28, Akten aus dem Jahre 1948.

Dennoch blieb die qualifizierte Arbeit im Kontext der gesamten Gefangenenarbeit hinter der unqualifizierten zurück, indem die meisten Gefangenen bis zum Ende ihres Aufenthalts in Jugoslawien manuelle Arbeiten verrichteten. In der Industrie wurden Gefangene aufgrund des allgemeinen Arbeitskräftemangels in den ersten Nachkriegsmonaten massenhaft eingesetzt. Doch wurden etwa ein Jahr später viele Gefangenen-Arbeitsbataillone in den Fabriken überflüssig, da immer mehr Arbeitskräfte vom Lande zugeführt wurden. Laut einem Schreiben der Lokalbehörde in Esseg (kr. Osijek) vom 9. April 1946 konnten einheimische, nicht-fachmännische Arbeitskräfte aufgrund der Gefangenenarbeit nur schwer in der Industrie beschäftigt werden. Das Vorgehen derjenigen Unternehmen, die „Einheimische“ wegen bereits beschäftigter Gefangener ablehnten, wurde als „unangemessen“ eingeschätzt, so dass das Ministerium für Industrie forderte, dass nur Fachleute unter den Gefangenen mit der Arbeit fortfahren, die restlichen Arbeiter aber durch Einheimische ersetzt werden.34Vgl. AJ-17-129-130, Gegenstand Nr. 2070/46.

Dennoch blieb bis Ende der 1940er-Jahre beziehungsweise bis zur Repatriierung der meisten Gefangenen zu Jahresbeginn 1949, wobei jene etwa 5.000 Personen nicht mitgerechnet sind, die per Vertragsunterzeichnung zur Arbeit in Jugoslawien verpflichtet waren, das Gefangenenpotenzial sehr groß, unabhängig vom qualifikationsgemäßen Einsatz.

Als Maßnahmen zum Austausch der Gefangenenarbeit gegen die Arbeit einheimischer Arbeitskräfte eingeleitet wurden, stellte man fest, dass mit der „Abreise der Gefangenenarbeitskräfte ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften entstanden“ sei. Besonders davon betroffen war der Bau des Wasserkraftwerks Glava Zete; Probleme entstanden aber auch bei der Erledigung einzelner manueller Arbeiten, etwa beim Ausladen der Kohle für das Kraftwerk Zagreb.35Vgl. AJ-25-152-404; AJ-11-43-148; AJ-11-83-272; AJ-31-67-95.

Während ihrer Arbeit in den Unternehmen und Einrichtungen Jugoslawiens erlebten die Kriegsgefangenen unterschiedliche Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie Verfahren. Es gab Fälle, in denen angemessene Wohnbedingungen garantiert wurden. Demgegenüber mussten sich im Dezember 1946 Gefangene in Piperi in Montenegro in Zelten aufhalten. Auch die Ernährung und die Nahrungsmittelvorräte wurden von den Unternehmen nicht in jedem Fall für die Wintermonate gesichert. Einige Unternehmen begriffen nicht, dass sie die Versorgung der Kriegsgefangenen zu gewährleisten hatten, das heißt, dass sie Wohnbaracken, Ambulanzen und Küchen bereitstellen sollten.

Es kam auch vor, dass Gefangene zu unbekannten Zielen und zu unbekanntem Zweck zur Arbeit geführt oder sie zu Überstunden angetrieben wurden, für die sie keinen Lohn erhielten. Missbrauch gab es auch bei der Verteilung von Kleidung, Schuhen und Nahrung, indem zum Beispiel nur ein Brei aus Weizenmehl und Brot geboten wurde.36Einige Unternehmen verlangten beharrlich, ein Werktag solle zehn Stunden dauern (anstelle von acht Stunden, wie im Juli 1946 festgelegt). Vgl. AJ-50-119-241; AJ-191-4, 1945–1946.

Es gab jedoch auch Versäumnisse, denen nicht Verantwortungslosigkeit oder böse Absicht zugrunde lag, sondern vielmehr Unachtsamkeit, fehlendes Verständnis und Sprachbarrieren.37So wurde einmal ein Glaser für eine Arbeit gesucht, in das Unternehmen aber ein Glashändler entsandt. Vgl. AJ-17-97-97, 17.3.1947.

Untypisches Engagement

Es kam vor, dass den eingesetzten Kriegsgefangenen Arbeitsaufträge erteilt wurden, die in Bezug auf ihre Position zu vertraulich waren. So war etwa Eugen Bank, der in der Generaldirektion der jugoslawischen Elektrowirtschaft in Zagreb beschäftigt war, die einzige Person, die für das Kopieren von Entwürfen für die Direktion zuständig war. Die meisten dieser Entwürfe waren vertraulich.38Vgl. AJ-11-7-32, Schreiben vom 3.7.1947. Es war kein seltenes Phänomen, dass sich Kriegsgefangene frei bewegen konnten, obwohl die Vorschriften das Gegenteil vorsahen. Ende 1945 bemerkte das Ministerium für Inneres ein „allgemeines Phänomen“ in Esseg: Gefangene wurden nicht nur ohne Bewachung auf den Straßen gesehen, „sondern sie gingen auch in Gaststätten, was Unzufriedenheit bei den Bürgern hervorrief.“ Es gab Fälle, in denen Deutsche „in Zivilkleidung bei Bürgern lebten“, und die Gesellschaft für kulturelle Zusammenarbeit mit der UdSSR brachte die Korrespondenz von der Kanzlei mit Hilfe deutscher Gefangener auf den Postweg.39Das Beispiel von Osijek war kein Einzelfall, sondern ein solches Verfahren wurde als „verbreitet“ eingeschätzt. AJ-50-119-241, Gegenstand K Nr. 1565, 25.12.1945. Später wurde es üblich, dass Gruppen deutscher Gefangener längere Zeit am selben Ort Arbeiten verrichteten und man ihnen vorläufige Bewegungsfreiheit gewährte. So erhielten beispielsweise Walter Schmitt und noch drei Gefangene die Bewegungsfreiheit vom Lager 3 in Belgrad bis zum Garten des Regierungspräsidiums, den sie bearbeiteten. Vgl. AJ-50-119-241, Nr. 6979, 17.8.1948.

Am bemerkenswertesten war womöglich der Einsatz des Gefangenen Franz Neuhausen, während des Zweiten Weltkriegs Generalbeauftragter für die serbische Wirtschaft und Wehrmachtsverwaltungschef im okkupierten Serbien, der sowohl von einer NS-Behörde im Jahre 1944 wegen Korruption als auch von einem jugoslawischen Gericht im Jahre 1947 zu 20 Jahren Haft belangt worden war. Obwohl „Franz der Dicke“ zu einer schweren Strafe verurteilt worden war, verbüßte er seine Strafe nicht nur im Zuchthaus in Sremska Mitrovica, sondern wurde auch jeden Mittwoch in der Kneipe „Tri šešira“ [Drei Hüte], in der Belgrader Boheme-Straße Skadarlija, gesehen, wo er Bier trank und Skat spielte. Samstags wechselte er in das Hotel Majestic über. Der Herr über die Kriegswirtschaft des Zentralbalkans, der umstrittene und korrupte Neuhausen, erwarb offensichtlich Freunde unter den Kommunisten. Man erzählte, dass er manchen von ihnen mit dem Motto begegnete: „Wer Kommunist ist, bestimme ich!“ Er kam bei der Gerichtsverhandlung nicht nur ungeschoren davon, sondern begann nach zwei Jahren Haft, die Industrialisierung Jugoslawiens zu planen. Seine Erfahrung war bei der Verwaltung der Kupfergruben sowie der Blei- und Zinkwerke von Treptscha (srb. Trepča) und bei der Sicherung des Investitionskapitals durch Anleihen bei der Weltbank willkommen und erforderlich, so dass sich Tage des Kerkers mit Tagen der Arbeit und Entspannung in Belgrad abwechselten. Seine Strafe wurde verkürzt und im Jahr 1953 ausgesetzt.40Vgl. Neuhausen behielt seinen Kopf. In: Der Spiegel, 17.11.1949, S. 19–20 (ohne Autor); Jozo Tomasevich: War and Revolution in Yugoslavia 1941–1945. Stanford 2001, S. 76, S. 653.

Schließlich gab es Kriegsgefangene, die den Arbeitsanforderungen nicht genügten, weil sie nicht fachkundig genug waren und entweder falsche Erklärungen zu ihrer Qualifikation abgegeben hatten oder über ungenügende Kenntnisse moderner technologischer Verfahren verfügten. Andere wollten sich nicht im erforderlichen Umfang engagieren und verrichteten ihre Arbeit langsam und unproduktiv. Solche Arbeiter wurden von den Fabriken entlassen und mussten ins Lager zurückkehren.41So wurde der landwirtschaftliche Experte Eugen Fischer am 24.1.1947 der Imkerei in Vrbas zugeordnet und nach eineinhalb Monaten in das Lager zurückgesandt, da er sich „weder als Fachmann für Landwirtschaft erwies noch ein wenig Arbeitswilligkeit zeigte“. AJ-4-28-262, Pers. Nr. 321.

Die Entlassung

Die frühe Repatriierungsphase deutscher Gefangener ab 1946 umfasste nur Kommunisten und wenige Sozialdemokraten.42Siehe die Listen der deutschen Linken und Antifaschisten in: AJ-507-IX, 86/III-10; AJ-507-IX, 86/II-14. Wie die Länder des Westens und die Tschechoslowakei – und anders als die UdSSR und Polen – respektierte Jugoslawien den Beschluss des Ministerrates der Siegermächte über den Abschluss der Repatriierung der Kriegsgefangenen bis Ende 1948, der im April 1947 in Moskau gefasst wurde, obwohl die festgesetzte Frist um einige Wochen überschritten wurde.43Jugoslawien hatte bis August 1948 noch keinen Repatriierungsplan. Auf Anregung Frankreichs wurde damals beschlossen, dass die Repatriierung im Zeitraum zwischen dem 1.11.1948 und dem 18.1.1949 erfolgen solle, und zwar in 24 Transporten (53.190 Deutsche und 8.282 Österreicher). Den Wirtschaftsbehörden wurde befohlen, den Rückzug der repatriierten Personen von der Arbeit in die Heimat nicht zu behindern. Da auch „Volksdeutsche“ befreit wurden, konnten sie die Arbeit fortsetzen, aber als fremde Staatsangehörige. Vgl. AJ-50-35-73, Nr. 511650, 1.8.1947; AJ-50-119-241, Nr. 17, 4.9.1947 und Nr. 3101, 19.10.1948; AJ-16-23-28, (streng vertraulich) Nr. 643/47; Wolfgang Benz: Kriegsgefangenschaft in NS-Lagern – Kriegsgefangenschaft in alliierten Gefangenenlagern. In: Angelika Arenz-Morch, Uwe Bader, Martina Ruppert-Kelly (Red.): Kriegsgefangenenlager 1939–1950. Kriegsgefangenschaft als Thema der Gedenkarbeit. Mainz/Osthofen: Herausgegeben von der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz 2012, S. 12–21, hier: S. 14; zur Repatriierung im Kontext der Transportbegleiter siehe: AJ-507-IX, 86/III-22, Sign. 11745 und 11744. Nach dem 18. Januar 1949 kehrten insgesamt 209.499 Gefangene, davon 74.354 nach Deutschland und 26.126 nach Österreich, nach Hause zurück. Offiziell wurden 1.348 Personen zurückgehalten, die als verdächtig galten, angeklagt oder wegen Straftaten verurteilt waren. Durch die Repatriierung wurden diejenigen nicht erfasst, die den Arbeitsvertrag schon früher geschlossen hatten und die entsprechend ihren Vertragsbestimmungen nach Hause entlassen wurden.44Vgl. Rozita Levi (Hg.): Dokumenti o spoljnoj politici SFRJ: 1949 [Akten zur Auswärtigen Politik der SFRJ: 1949]. Beograd 1991, S. 12. Berücksichtigt man diese Rückkehrer nicht, so bleibt bisher unklar, wie viele Gefangene in den Lagern zurückblieben, wobei einige von ihnen erst 1950 mit dem Erhalt ihres Arbeitsvertrags befreit wurden.45Der Ingenieur Erich But wurde am 20. Februar 1950 nach seiner Beschäftigung in der Schamottenfabrik in Aranđelovac befreit. Vgl. AJ, Die Hauptrichtung der Bundesindustrie von feuerfesten Materialien (133)-15-25, Nr. 445, 7.3.1950.

Die bis Anfang 1949 nicht entlassenen Soldaten wurden zum Gegenstand eines mehrjährigen Streits zwischen Bonn und Belgrad. Die Bundesrepublik Deutschland bestand auf einer bedingungslosen Freilassung, wobei die Handelsannährung beider Staaten in Frage gestellt wurde. Bundeskanzler Konrad Adenauer intervenierte mehrmals im Laufe des Jahres 1950 in der Öffentlichkeit und bei jugoslawischen Vertretern. Dabei war er der Meinung, dass die Prozesse gegen deutsche Soldaten rechtlich mangelhaft gewesen und unverhältnismäßig hohe Strafen auferlegt worden seien. Solche Bemerkungen bekräftigte der jugoslawische Polizeichef Aleksandar Ranković, der auf dem Parteikongress des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens im Juni 1951 erklärte, dass die Gefangenen nicht selten nur aufgrund einer Erklärung des Ermittlungsverfahrens ohne objektive Beweisführung verurteilt worden seien.

In der Bundesrepublik Deutschland wurden seit 1953 gegen solche ehemalige Kriegsgefangene Gerichtsverfahren geführt, die in den Lagern ihre Mithäftlinge zugunsten besserer Lebensbedingungen (Geldzahlungen, Nahrungsmittelrationen, Gewährung von Bewegungsfreiheit) denunziert oder sie gequält hatten. Die Aktivitäten Jugoslawiens bei der Repatriierung der Gefangenen wurden stellenweise gelobt, wie dies etwa im Dank des Bundestagspräsidenten Hermann Ehlers vom 26. Oktober 1950 zum Ausdruck kam. Bis Ende 1953 kamen auch die verbliebenen Kriegsgefangenen frei, als diejenigen Deutschen und Österreicher amnestiert wurden, die wegen der Kriegsverbrechen verurteilt worden waren.46Rainer A. Blasius (Hg.): Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland 1949/50, München 1997, S. 110–113, S. 475f.; Mitteilung. In: Borba[Der Kampf], Nr. 33, 8.2.1949, S. 1; AJ, Union der Studenten von Jugoslawien (145)-48-181, Schreiben des Vereins Deutscher Studenten, 2.–5.6.1951; Verschobene Sühne. In: Der Spiegel, Nr. 46, 10.11.1954, S. 11–13; Benz: Kriegsgefangenschaft in NS-Lagern, S. 14–15; Branko Petranović, Čedomir Štrbac: Istorija socijalističke Jugoslavije. Knjiga prva [Geschichte des sozialistischen Jugoslawiens. Erstes Buch]. Beograd 1977, S. 120. Archivunterlagen und Forschungsarbeiten haben bestätigt, dass viele deutsche Soldaten, die von den jugoslawischen Behörden in Kriegsgefangenschaft gehalten wurden, nach kurzzeitiger manueller Zwangsarbeit zunächst Arbeitsaufträge erhielten, die ihren Kenntnissen und Erfahrungen entsprachen. Daraufhin wurden sowohl den besten Fachleuten als auch denjenigen, die für die Wirtschaft unabkömmlich waren, ein langjähriger Arbeitsvertrag im Gegenzug zur Erlangung der Freiheit angeboten. Ein solches Angebot wurde von mehr als 5.000 gefangenen Soldaten angenommen, wodurch ihre Lebensbedingungen trotz diverser Anomalien, die in der Praxis vorkamen, wesentlich verbessert wurden.

Saša S. Ilić (Саша C. Илић) studierte Geschichte an der Philosophischen Fakultät der Universität Belgrad, wo er mit einer Untersuchung zu den Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern in Jugoslawien nach dem Zweiten Weltkrieg promoviert wurde. Er hat von 1996 bis 2005 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Archiv der Nationalbank Serbiens (Arhiv Narodne banke Srbije) in Belgrad gearbeitet, das er seit 2005 leitet. Von ihm stammen mehrere Studien zur jugoslawischen und serbischen Zeitgeschichte nach 1945.


[1] Vgl. die Beiträge des Sammelbandes von Erich Maschke, Kurt W. Böhme (Hgg.): Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges. Die deutschen Kriegsgefangenen in Jugoslawien 1949–1953. Bielefeld 1964; sowie Arbeiten von Arthur L. Smith Jr., Stefan Karner, Vadim Erlichman (Вадим Эрлихман), Modest Kolerov (Модест Колеров), Wolfgang Benz und anderen.

[2] Deutsche Quellen und Forschungsliteratur erwähnen zwischen 150.000 und 240.000 deutsche und österreichische Kriegsgefangene; vgl. Kurt W. Böhme (Hg.): Die Deutschen Kriegsgefangenen in Jugoslawien 1941–1949. Band I. München 1962, S. 42; Josef Beer (Bearb.): Leidensweg der Deutschen im kommunistischen Jugoslawien. Band II. München, Sindelfingen 31997, S. 977.

[3] Vgl. Andrej Rodinis: Velika praznina. Njemački ratni zarobljenici na radu u Bosni i Hercegovini [Große Leere. Deutsche Kriegsgefangene bei der Arbeit in Bosnien und Herzegowina]. Tuzla 2017, S. 15; Böhme: Die deutschen Kriegsgefangenen, S. 137f.; Archive von Jugoslawien (AJ), Eisenbahnverwaltung (191)-1, Kriegsgefangene (Ратни заробљеници), Dok. Nr. 4384, 20.6.1945; Historisches Archiv von Belgrad (IAB), 504, Autohändler Miloš Stratimirović, 1946, Dok. vom 29.4.1946 und 3.5.1946.

[4] Zur Lagerökonomie vgl. die Beiträge von Vladimir Pyankevich (Владимир Л. Пянкевич), Khokhlov Valentinovich (Хохлов А. Валентинович) und Nikita Belykh (Никита Белых).

[5] Einige Forderungen der Unternehmen in: AJ-(191)-1, Kriegsgefangene (Ратни заробљеници); AJ, Ministerium für Elektrizitätswirtschaft (11)-1-9; AJ Ministerium für Industrie (17)-131-132.

[6] Vgl. AJ-11-1-9, Ergebnisse der Sitzung vom 31.3.1945.

[7] Die Gefangenen waren folgenden Ministerien zugeteilt: den Ministerien für Verkehr und Landwirtschaft je 20 Prozent, dem Ministerium für Bauwesen, Industrie und Verteidigung je 15 Prozent, dem Ministerium für Erze 10 Prozent und dem Ministerium für Forstwirtschaft 5 Prozent. AJ, Rat für Land- und Forstwirtschaft (4)-19-200, Befehl Nr. 204,16.5.1945.

[8] Laut Rahmeneinteilungsplan der Fachgefangenen nach Teilrepubliken: Slowenien – bis 36 Prozent, Kroatien – bis 30 Prozent, Serbien (und Vojvodina) – bis 24 Prozent (zehn Prozent), Bosnien und Herzegowina – bis zwölf Prozent, Mazedonien – bis sechs Prozent und Montenegro – bis zwei Prozent. Vgl. AJ-11-6-20.

[9] Zu den größeren Problemen zählen auch unbekannte Angaben zur Zahl der eingesetzten Gefangenen – die Schätzungen bewegten sich von 115.000 bis 165.000 – und große Verspätungen der eingeteilten Gefangenen an ihren Bestimmungsorten. Vgl. AJ-4-19-200, vertrauliche Akten Or. Nr. 294, 19.6.1945; Nr. 11, 12.6.1945 und Nr. 97, 21.7.1945; AJ-17-97-97, Akte ohne Nr., 19.7.1945.

[10] Vgl. AJ, Regierungspräsidentschaft (50)-33-65, K. Nr. 285, 9.6.1945.

[11] Ohne Rücksicht auf den Befehl lehnte es das Militär in einzelnen Regionen, etwa der Vojvodina, ab, die Lager zu übernehmen, was es mit dem Schulungsbedarf rechtfertigte, während andererseits eine kleine Zahl von Polizeikräften dafür zuständig war. Mit Rücksicht darauf, dass in diesen Gegenden auch Volksdeutsche „eingelagert“, das heißt in Lagern untergebracht werden sollten, war der Mangel an Bewachungskräften so groß, dass Fluchten bis zum Herbst 1945 üblich waren und zu einer Massenerscheinung zu werden drohten. Vgl. AJ-50-119-241.

[12] Die Lager mussten folgende Ausstattung haben: Rasierstube, Schneiderei, Schuhmacherei, Wäscherei, Bad, Desinfektionsmittel, Krankenhaus mit Abteilungen für Chirurgie, übertragbare Krankheiten und für Rekonvaleszenz, Bibliothek und Gefängnis. Ermöglicht wurde die Eröffnung von Kantinen (mit Nahrungsmitteln, Tabakwaren und hygienischen Produkten, Kleinigkeiten für den Wohnbedarf, mit Kleidung und Schuhen, aber ohne alkoholische Getränke). Den Gefangenen ihre Kleidung, Schuhe, persönlichen Dinge und Geld wegzunehmen, war streng verboten. Es galt die Sechs-Tage-Woche, und der Werktag entsprach dem der einheimischen Arbeitskräfte. Folgendes war möglich: intellektuelle Unterhaltung und „Unterrichtsunterhaltung“, Körperkultur und Sport, Ausübung des religiösen Bekenntnisses, Postsendungen. Folgendes war festgelegt: Disziplinar- und Strafmaßnahmen sowie die Frage des Nachlassgebens, Ort und Art und Weise der Bestattung von Verstorbenen: Auf dem nächsten Friedhof sollte eine Parzelle gepachtet und nach Nationalitäten aufgeteilt werden. Vgl. AJ-4-18-177, Nr. 80, 22.7.1945.

[13] Ein Beispiel ist die Auswahl von 30 Gefangenen, die Facharbeiten in der Torpedofabrik in Rijeka verrichten sollten. Vgl. Sara Vukušić: Standard života njemačkih ratnih zarobljenika korištenih u društveno korisnom radu u Rijeci u drugoj polovici 1945 [Der Lebensstandard der deutschen Kriegsgefangenen, die in Rijeka in der zweiten Hälfte des Jahres 1945 für Arbeiten zugunsten der Gesellschaft verwendet wurden]. In: Klepsidra, Udruge studenata Malleus 3–4 (2008–2009), S. 1–19, hier: S. 9–10, <http://malleus.ffri.uniri.hr/index.php/klepsidra-2008-2009/clanci>, 1.8.2018. Anleitung zum Einsatz der Arbeitskraft der Kriegsgefangenen in der Sektion für den Wiederaufbau der Eisenbahnstrecke Kraljevo–Raška. Vgl. AJ-191-4, 1945–1946.

[14] Noch um die Jahresmitte 1947 teilte das Ministerium für Inneres mit, eine gewisse Zahl von Gefangenen-Experten, die nicht regelmäßig eingesetzt seien, zur Verfügung zu haben. Vgl. AJ-17-97-97, Gegenstand VIII Nr. 1797/47.

[15] Vgl. AJ-17-2-2, Nr. 327, 13.10.1945.

[16] Vgl. AJ-11-1-9, Promemoria, April 1945; AJ-11-6-20, Akte IV, Nr. 943, 22.5.1945; AJ-50-11-241, Nr. 144, 25.4.1945. Einzelne Gefangene wurden auch in den folgenden Jahren gesucht: Vgl. AJ-11-24-64, Nr. 7910, 12.5.1947 und Nr. 8708, 23.5.1947; AJ-4-62-439, Nr. 3135, 28.10.1947.

[17] Vgl. AJ-11-10-35, Akte II, Nr. 194, 3.6.1945.

[18] Einige Beispiele: AJ-4-28-262; AJ-11-6-20; AJ-11-8-33; AJ-11-10-39; AJ-17-97-97; AJ-17-129-130; AJ-17-160-161; AJ, Ausschuss für den Schutz der nationalen Gesundheit (31)-66-95; AJ-31-67-95.

[19] Beschäftigt wurden Musiker, Balletttänzer, Dekorateure, Graphiker, Maler, Architekten und andere für den Bedarf der Theater in Belgrad, Zagreb, Ljubljana, Sarajevo, Novi Sad, Pančevo, Niš, Osijek, Rijeka, des Rundfunks in Belgrad und Ljubljana, der Verlagshäuser, Unterrichts-, Kunst- und Wissenschaftsorganisationen und Institute sowie auch medizinisches Personal. Vgl. AJ, Komitee für Kultur und Kunst (314)-9-34; AJ-31-67-95, Nr. 1048, 8.4.1947. Das künstlerische Engagement deutscher Gefangener war auch Thema in der Literatur (siehe das Drama von Aleksandar Popović, Kus petlić [Kurzschwanziges Hähnchen]).

[20] Die größte Zahl arbeitete im Verkehr (etwa 19.200 Personen im Januar 1946), in der Land- und Forstwirtschaft (allein in den Wäldern von Kroatien im Juli 1945 mehr als 2.800 Gefangene, bei einem darüber hinaus angemeldeten Bedarf von 5.000–7.000), aber auch im Bergwesen und in der Industrie. Beispiele in: AJ-4-18-177; AJ-17-97-97; AJ-17-129-130; AJ-50-119-241; AJ, Generaldirektion der Schwarzen Metallurgie (106)-3-9; AJ-191-4, 1945–1946.

[21] AJ-4-19-200, Nr. 139, 14.9.1945.

[22] Dias Militär empfahl den Zivilressorts, in denen die Gefangenen noch ab September 1945 arbeiteten, dass sie sich rechtzeitig mit Unterkünften und Ernährung auf den Winter vorbereiten sollten. Die Eisenbahnverwaltung rechtfertigte sich in dieser Zeit damit, dass sie keine Kleidung, keine Schuhe und keinen Kredit für die Anschaffung habe. Vgl. AJ-4-19-200, Nr. 139, 14.9.1945; AJ-191-4, 1945–1946.

[23] Eine Arbeitsstunde der Gefangenen wurde mit 45 Dinar verrechnet, eine Überstunde mit zusätzlichen acht Dinar. Die Zahl der Arbeitstage im Monat variierte zwischen 22 und 27. Besonders engagierte Gefangene waren nicht selten. Im August 1946 wird für sechs von 25 Gefangenen in der Sektion bei Leposavić hervorgehoben, dass sie sich „auf der Arbeit besonders hervorgehoben haben“. Die Gefangenen wurden mit Zigaretten der Marke Bosna(20 Stück wöchentlich) zum Preis vom neun Dinar versorgt. Vgl. AJ-191-4, 1945–1946; AJ-191, Bücher 11 und 12, Arbeitsbuch für Kriegsgefangene (Radna knjiga za ratne zarobljenike), Lohnliste VII–VIII 1946 und IX 1946 – I 1947.

[24] Vgl. AJ-191-4, 1945–1946.

[25] AJ-11-1-9; AJ-11-3-15, Akten von Mai bis Juli 1945.

[26] Die Grundlage für den besseren Einsatz war der Bescheid des Wirtschaftsrates vom 15.9.1945, mit dem die Entlohnung der Gefangenen in der Höhe der persönlichen Versorgungsbedürfnisse ermöglicht wurde; der Rest des Verdienstes wurde im „Fonds für den Wiederaufbau des Landes“ angelegt. So wurden zum Beispiel für den Feinmechaniker Josef Jene, der Anfang November 1946 aus dem Lager in Smederevska Palanka in den Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Industrie in Belgrad überging, 2.500 Dinar festgelegt, die Ernährung in der Kantine und eine Wohnung im Gebäude des Ministeriums wurden gesichert. Von dem Betrag wurden auch die Kosten für Ernährung und Wohnung ausbezahlt sowie auch ein „Kredit“ für Schuhe und den Arbeitsanzug. Obwohl ein Gefangener kein Geld „auf die Hand“ bekommen konnte, sollten die gesicherte Versorgung, alle erforderlichen Werkzeuge und die Arbeitsausrüstung ermöglichen, dass er „die Arbeit mit mehr Wille und Fleiß“ erledige. Vgl. AJ-17, Personal, f. 6 Bescheide Nr. 10709, 22.11.1945 und Nr. 3324, 4.6.1946.

[27] In der Akte des Ministeriums für Industrie ist notiert: „Wir haben hier Weltkapazitäten. Sie sollen maximal eingesetzt werden. Ihnen sollen alle Arbeitsmöglichkeiten gegeben werden. Mit ihnen soll wie mit den Fachleuten (Experten) umgegangen werden. Sie sollen Gehälter und Preise bekommen, falls sie gute Arbeiter sind. Unter diesen Männern befinden sich hochqualifizierte Fachleute, die zu jedem Preis im Land behalten werden sollen und deswegen ist dafür ein gutes Verfahren erforderlich.“ AJ-11-4-17, Protokoll über das Treffen vom 19.11.1946.

[28] Nach einer Erhebung des Ministeriums für Inneres vom Mai 1946 waren im Lager 611 Offiziere – Fachmänner für einzelne Gebiete der Industrie (255 verschiedene Berufe, 26 für die Ernährungsindustrie, 23 für die chemische Industrie, 44 für die Elektroindustrie, 37 für die holzverarbeitende Industrie, 26 für die Textilindustrie, 92 für die Metallindustrie, 20 für die Mechanik und 88 für das Bauwesen). Solche Verzeichnisse der Fachleute wurden den Industriezweigen zu Zwecken der Auswahl zugestellt. Im Laufe des Jahres wurden die Anforderungen an das Ressort nach Fachmännern aus Vrsac noch konkreter, und sporadisch wurden präzise Erhebungen geführt. Vgl. AJ-11-1-5; AJ-11-6-22; AJ-11-30-81.

[29] Bis zu diesem Zeitpunkt kümmerte sich die Abteilung für Kriegsgefangene des Verteidigungsministeriums um die Fragen der Kriegsgefangenen. Vgl. AJ-50-119-241, Bescheid vom 12.2.1946; AJ-191-4, 1945–1946, Nr. 105, 12.1.1946.

[30] Die Einbindung der gefangenen Fachleute sollte einen höheren Arbeitselan ermöglichen mit der Perspektive, dass sie sich zur Arbeit in Jugoslawien auch nach der Entlassung aus der Gefangenschaft verpflichteten. Vgl. AJ-11-9-34, Nr. 4435, 16.5.1946 und Nr.1546, 30.5.1946; AJ-54-46-109, Protokoll vom 5.6.1946. Nach einem Parteidokument erfasste das Ministerium für Inneres bis Ende 1946 6.185 Fachleute in 44 Berufen, von denen ca. 58 Prozent zur Arbeit eingesetzt wurden. Vgl. AJ, Bund der Kommunisten Jugoslawiens (507)-IX, 86/III-10, Verzeichnis, 30.12.1946.

[31] AJ, Arbeitsministerium (25)-87-219; AJ-31-66-95; AJ-17-97-97.

[32] Der Kartenmuster wurden in 70.000 Exemplaren gedruckt und wie folgt verteilt: 14.000 in Serbien, 7.000 in der Vojvodina, 10.000 in Kroatien, 12.000 in Slowenien, 9.000 in Bosnien und Herzegowina, 6.000 in Montenegro, 3.000 in Mazedonien, 8.000 auf der Baustelle der Eisenbahnstrecke Šamac–Sarajevo und 1.000 als Reserve (Ersatz). Die Karten sollten für Rechtsanwälte, Beamte, Schüler, Frisöre, Kellner, Schaffner, Buchhalter, Köche, Offiziere ohne Fachkenntnisse im Bereich der Wirtschaft, Bäcker, Richter, Priester, Hausierer, Kaufleute (Händler) und nicht qualifizierte Arbeiter nicht ausgefüllt werden. Vgl. AJ-17-97-97, (streng vertraulich) Nr. 138, 7.6.1947.

[33] Vgl. AJ, Ministerium für Schwerindustrie (16)-23-28, Akten aus dem Jahre 1948.

[34] Vgl. AJ-17-129-130, Gegenstand Nr. 2070/46.

[35] Vgl. AJ-25-152-404; AJ-11-43-148; AJ-11-83-272; AJ-31-67-95.

[36] Einige Unternehmen verlangten beharrlich, ein Werktag solle zehn Stunden dauern (anstelle von acht Stunden, wie im Juli 1946 festgelegt). Vgl. AJ-50-119-241; AJ-191-4, 1945–1946.

[37] So wurde einmal ein Glaser für eine Arbeit gesucht, in das Unternehmen aber ein Glashändler entsandt. Vgl. AJ-17-97-97, 17.3.1947.

[38] Vgl. AJ-11-7-32, Schreiben vom 3.7.1947.

[39] Das Beispiel von Osijek war kein Einzelfall, sondern ein solches Verfahren wurde als „verbreitet“ eingeschätzt. AJ-50-119-241, Gegenstand K Nr. 1565, 25.12.1945. Später wurde es üblich, dass Gruppen deutscher Gefangener längere Zeit am selben Ort Arbeiten verrichteten und man ihnen vorläufige Bewegungsfreiheit gewährte. So erhielten beispielsweise Walter Schmitt und noch drei Gefangene die Bewegungsfreiheit vom Lager 3 in Belgrad bis zum Garten des Regierungspräsidiums, den sie bearbeiteten. Vgl. AJ-50-119-241, Nr. 6979, 17.8.1948.

[40] Vgl. Neuhausen behielt seinen Kopf. In: Der Spiegel, 17.11.1949, S. 19–20 (ohne Autor); Jozo Tomasevich: War and Revolution in Yugoslavia 1941–1945. Stanford 2001, S. 76, S. 653.

[41] So wurde der landwirtschaftliche Experte Eugen Fischer am 24.1.1947 der Imkerei in Vrbas zugeordnet und nach eineinhalb Monaten in das Lager zurückgesandt, da er sich „weder als Fachmann für Landwirtschaft erwies noch ein wenig Arbeitswilligkeit zeigte“. AJ-4-28-262, Pers. Nr. 321.

[42] Siehe die Listen der deutschen Linken und Antifaschisten in: AJ-507-IX, 86/III-10; AJ-507-IX, 86/II-14.

[43] Jugoslawien hatte bis August 1948 noch keinen Repatriierungsplan. Auf Anregung Frankreichs wurde damals beschlossen, dass die Repatriierung im Zeitraum zwischen dem 1.11.1948 und dem 18.1.1949 erfolgen solle, und zwar in 24 Transporten (53.190 Deutsche und 8.282 Österreicher). Den Wirtschaftsbehörden wurde befohlen, den Rückzug der repatriierten Personen von der Arbeit in die Heimat nicht zu behindern. Da auch „Volksdeutsche“ befreit wurden, konnten sie die Arbeit fortsetzen, aber als fremde Staatsangehörige. Vgl. AJ-50-35-73, Nr. 511650, 1.8.1947; AJ-50-119-241, Nr. 17, 4.9.1947 und Nr. 3101, 19.10.1948; AJ-16-23-28, (streng vertraulich) Nr. 643/47; Wolfgang Benz: Kriegsgefangenschaft in NS-Lagern – Kriegsgefangenschaft in alliierten Gefangenenlagern. In: Angelika Arenz-Morch, Uwe Bader, Martina Ruppert-Kelly (Red.): Kriegsgefangenenlager 1939–1950. Kriegsgefangenschaft als Thema der Gedenkarbeit. Mainz/Osthofen: Herausgegeben von der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz 2012, S. 12–21, hier: S. 14; zur Repatriierung im Kontext der Transportbegleiter siehe: AJ-507-IX, 86/III-22, Sign. 11745 und 11744.

[44] Vgl. Rozita Levi (Hg.): Dokumenti o spoljnoj politici SFRJ: 1949 [Akten zur Auswärtigen Politik der SFRJ: 1949]. Beograd 1991, S. 12.

[45] Der Ingenieur Erich But wurde am 20. Februar 1950 nach seiner Beschäftigung in der Schamottenfabrik in Aranđelovac befreit. Vgl. AJ, Die Hauptrichtung der Bundesindustrie von feuerfesten Materialien (133)-15-25, Nr. 445, 7.3.1950.

[46] Rainer A. Blasius (Hg.): Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland 1949/50, München 1997, S. 110–113, S. 475f.; Mitteilung. In: Borba[Der Kampf], Nr. 33, 8.2.1949, S. 1; AJ, Union der Studenten von Jugoslawien (145)-48-181, Schreiben des Vereins Deutscher Studenten, 2.–5.6.1951; Verschobene Sühne. In: Der Spiegel, Nr. 46, 10.11.1954, S. 11–13; Benz: Kriegsgefangenschaft in NS-Lagern, S. 14–15; Branko Petranović, Čedomir Štrbac: Istorija socijalističke Jugoslavije. Knjiga prva [Geschichte des sozialistischen Jugoslawiens. Erstes Buch]. Beograd 1977, S. 120.

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